Weitere Einnahmen Polizist Wendt kassierte auch 150.000 Euro von AXA-Versicherung

Erstveröffentlicht: 
07.03.2017

Die Affäre um den Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) und fragwürdige Zahlungen aus Steuermitteln weitet sich aus: Nach Recherchen unserer Redaktion hat Rainer Wendt (60) deutlich höhere Einkünfte bezogen als eingeräumt. Es geht um bislang unbekannte Zahlungen eines Kölner Versicherungskonzerns in Höhe von über 150.000 Euro.

 

Der Satz, der Wendt nun in ein neues weiteres Zwielicht setzt, geht so: „In der Summe übersteigen meine Einkünfte das Gehalt eines Hauptkommissars nicht.“  Selbst die ihm gemäß A12-Besoldung zustehenden 4400 Euro Brutto erhalte er also nicht mal, war die Botschaft.


Mittlerweile ermittelt der Staatsanwalt


Das hatte Rainer Wendt zu seiner Verteidigung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) behauptet und damit auf Berichte reagiert, nach denen er vom Land Nordrhein-Westfalen über Jahre hinweg weiter einen Beamtensold erhalten hatte, obwohl er gar keinen Dienst verrichtete , sondern lediglich als Gewerkschaftsfunktionär tätig war.


Von einem „speziellen Beschäftigungsverhältnis“ sprach Wendt, das gar mit persönlicher „Billigung“ von Innenminister Ralf Jäger (55, SPD) bestehe, den er mit seinen anfänglichen Leugnungen der Zahlungen nur  habe „schützen“ wollen. Inzwischen prüft der Staatsanwalt Untreue-Ermittlungen.


Wendts Rechnung beinhaltet die anteilige Besoldung für 28 Wochenstunden als Hauptkommissar (ca. 2600 Euro) plus eine von der DPolG gezahlte Aufwandsentschädigung.  Von Bereicherung oder einer Doppel-Zahlung könne keine Rede sein, so Wendt.


Wendt warb offen für Produkte des Konzerns


Was er allerdings verschwieg:  Seit Spätsommer 2013 erhält er vom Kölner Versicherungskonzern AXA jährlich eine Vergütung von 50.000 Euro. Das bestätigte ein Sprecher des Konzerns auf Anfrage.


Wendt erhält das Geld für seine Tätigkeit im Aufsichtsrat der AXA Lebensversicherung AG, zu dem seit 2013 auch die DBV Deutsche Beamtenversicherung Lebensversicherung gehört.


In Interviews warb Wendt zuletzt ganz offenherzig für DBV-Produkte, sprach mal von einem „überzeugenden Angebot“ („dbb Magazin“) oder pries Mitgliedern „attraktive Sonderkonditionen“ an („Polizeispiegel“).


Der Aufsichtsrat tage zwei bis drei Mal im Jahr, so der AXA-Sprecher.  Wendt sitze als Vertreter des Personals im öffentlichen Dienst in dem Gremium. „Eine wichtige Säule ist das Beamtengeschäft“, begründet der Konzern-Sprecher Wendts Bestellung durch die Hauptversammlung.


Das Geld geht an Wendt, nicht an die Gewerkschaft


Unter anderem sitzt auch der Vize-Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke (49), in dem Kontrollgremium. Werneke betont, dass er die Vergütungen  „selbstverständlich (…) entsprechend der für den DGB und ver.di geltenden Abführungsrichtlinien“  weitergebe und nicht selbst behalte.


Das hieße, nachdem ver.di jüngst den Sockelbetrag auf 5.000 Euro angehoben hat:  Alles was darüber liegt, wird zu 90 Prozent an die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung bzw. die gemeinnützige ver.di-GmbH „Gewerkschaftspolitische Bildung“ (GPB) abgeführt.


„Wir haben keine solche Regelung“, sagt hingegen Frank Zitka, Sprecher des Deutschen Beamtenbundes DBB unter dessen Dach auch Wendts DPolG beheimatet ist. Zudem ist Wendt Bundesvorstandsmitglied.


Grundsätzlich fließe das Geld laut Zitka den Personen selbst zu.  Andere Abführungsregelungen könne es natürlich noch bei den Mitgliedsgewerkschaften geben.


DBB widerspricht Wendt


Mit den Recherchen konfrontiert, sagt Rainer Wendt:  „Diese Gelder haben gar nichts mit der DPolG zu tun. Das läuft alles über den DBB.“ Deshalb habe er diese auch nicht angeben müssen in seinen Stellungnahmen.


DBB-Sprecher Zitka widerspricht allerdings: „Für den DBB sitzt Rainer Wendt da nicht drin.“   Und auch in den AXA-Geschäftsberichten steht von Anfang an offiziell: „Rainer Wendt, Bundesvorsitzender Deutsche Polizeigewerkschaft, München.“ München ist Wendts privater Wohnsitz.


Offen legen möchte Wendt seine Einkünfte nicht. Auch zu den AXA-Bezügen und zu der Frage, ob überhaupt und, wenn ja, in welcher Höhe, er etwas davon abgeführt hat, will er sich nicht weiter äußern. „Das läuft dann auf eine Neiddebatte raus“, meint er.


Probleme auch für Innenminister Jäger


Problematisch könnte die Angelegenheit auch noch zusätzlich für Minister Jäger geben. Beamte müssen nach dem NRW-Beamtengesetz Nebentätigkeiten anmelden bzw.  im Falle von Aufsichtsratsmandaten gar genehmigen lassen.


Wendts Dienstelle, dem Jäger unmittelbar unterstellten Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) verweigerte gestern Antworten auf Fragen dazu.