Ralf Özkara gewählt: Richtungsentscheidung in der AfD

Erstveröffentlicht: 
04.03.2017

Die liberal-konservative Alice Weidel muss eine schwere Niederlage einstecken. Die Partei wählt Ralf Özkara zu ihrem Sprecher.

 

Sulz am Neckar - Die AfD-Basis hat entschieden. Der Landesverband Baden-Württemberg bewegt sich in Richtung der national-konservativen Strömung. Der neue starke Mann in der Landespartei heißt Ralf Özkara, er wurde auf dem Parteitag in Sulz mit 224 Stimmen zum neuen Landessprecher gewählt. Seine Gegenkandidatin Alice Weidel (209 Stimmen) hatte sich vor der Wahl sehr deutlich gegen ihren Herausforderer positioniert, umso krachender wirkt nun die Niederlage bei der Stichwahl. Sie gilt als Vertreterin des liberal-konservativen Flügels in der Partei.

 

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Özkara hatte in seiner Bewerbungsrede deutlich gemacht, wie wichtig die Abstimmung an diesem Tag für die AfD sein würde. „Unsere Partei befindet sich an einem Scheideweg. Wir haben heute die Möglichkeit zu entscheiden, wohin es geht“, erklärte der 46-Jährige vor rund 400 Mitgliedern. Mit dem „Scheideweg“ beschrieb Özkara den heftigen Machtkampf zwischen den beiden Strömungen in der AfD und er wurde bei der Beschreibung sehr deutlich. „Wenn ich die Partei in den letzen Wochen sehe, dann kotzt es mich an.“ Er wolle die Partei wieder einen und auf die Sachthemen konzentrieren, bevor sie sich selbst zerfleische.

 

Steinerne Miene bei Alice Weidel

 

Alice Weidel nahm das Ergebnis der Wahl mit steinerner Miene zur Kenntnis. Sie wollte sich als Spitzenkandidatin der Landes-AfD für den Bundestagswahlkampf mit der Wahl zur Landessprecherin die Machtbasis im eigenen Landesverband sichern und galt als große Favoritin gegen den eher unbekannten Özkan. Doch konnte sie mit ihrer hölzernen Rede die Delegierten nicht wirklich erreichen. Auch kreiden es ihr viele AfD-Mitglieder offensichtlich an, dass sie eine der treibenden Kräfte hinter dem Verfahren zum Parteiausschluss von Björn Höcke ist. Der Thüringer AfD-Fraktionschef hatte zuletzt mit seinen Äußerungen um das Holocaust-Mahnmal als „Mahnmal der Schande“ für Empörung gesorgt. Er wird von vielen Parteimitgliedern für die sinken Umfragewerte verantwortlich gemacht.

 

Doch in Sulz wurde der Wille der AfD-Mitglieder deutlich, nicht ständig über die Causa Höcke diskutieren zu wollen. Zudem halten nicht wenige in der Partei das Verfahren gegen den Frontmann des national-konservativen Lagers für ein Manöver der liberal-konservativen Vertreter, die Oberhand in der Partei zu gewinnen.

Spitzenkandidatin Weidel auch im Bundestagswahlkampf beschädigt?

 

Christina Baum, Landtagsabgeordnete und Vertreterin des Höcke-Lagers in Baden-Württemberg, sieht nach der Niederlage die Spitzenkandidatin Weidel auch im Bundestagswahlkampf beschädigt. Sie habe die Spaltung in der Partei mit geheimen Absprachen voran getrieben, sagte die Abgeordnete und wirft ihr „Goldman-Sachs-Methoden“ vor – in Anspielung auf den ehemaligen Arbeitgeber von Alice Weidel. „Der Sieg Özkaras ist ein Sieg für die Einheit der Partei“, erklärte Baum in Sulz unserer Zeitung sichtlich zufrieden.

 

Wie tief die Gräben in der Partei sind, zeigen die Äußerungen des AfD-Landtagsabgeordneten Heinrich Fiechtner. Sein Zorn gilt vor allem seinem Landtagsfraktionschef und Bundesprecher Jörg Meuthen. Der hat sich in Sulz in einer Rede zu Beginn der Veranstaltung für seinen ehemaligen Büroleiter stark gemacht und öffentlich gegen Alice Weidel gestellt hat. Die verbalen Attacken auf offener Bühne quittierten Anhänger von Weidel mit empörten Zwischenrufen. Spätestens seit sich Meuthen gegen den Parteiausschluss Höckes ausgesprochen hat, gilt sie als parteiinterne Konkurrentin des Fraktionschefs. „Es ist eine Schande, dass sich der Bundessprecher in dieser Art und Weise in den Wahlgang der Landespartei einmischt“, empörte sich Fiechtner nach der Wahl Özkaras. „Das ist nicht akzeptabel für eine Rechtsstaatspartei.“

 

Ralf Özkara selbst konnte seinen Erfolg anfangs kaum fassen. Immer wieder versicherte er nach der Wahl, er wolle die Partei nun einen. Doch das dürfte nach dieser Richtungsentscheidung in einer Kampfabstimmung schwerer sein als je zuvor.