Nur ein Bruchteil juristisch geahndet - Mindestes 90 antisemitische Straftaten 2016 in Sachsen

Erstveröffentlicht: 
01.03.2017

Judenfeindliche Hassparolen, Volksverhetzung und die Leugnung des Holocaust: Die Zahl antisemitischer Straftaten in Sachsen bleibt auf einem hohen Niveau. Rund 90 Fälle habe es im Jahr 2016 gegeben.

 

Die Zahl antisemitischer Straftaten in Sachsen bleibt auf einem hohen Niveau. 2016 waren es mindestens 90, teilte Linke-Politikerin Kerstin Köditz am Mittwoch in Dresden mit. Damit liege die Zahl zwar unter dem Wert des Vorjahres, aber immer noch über dem langjährigen Mittel. Von einer Trendwende wollte sie deshalb nicht sprechen.

 

Die Extremismusexpertin ihrer Partei fragt die Zahlen regelmäßig im Parlament nach. In den meisten Fällen gehe es um judenfeindliche Hassparolen, Volksverhetzung und die Leugnung des Holocaust, hieß es. 2012 gab es mit 51 Fällen den niedrigsten Wert seit 2004. Bis 2015 stieg er auf den bisherigen Rekordwert 120 an.

 

In fast allen Fällen müsse von einem „rechten Tathintergrund“ ausgegangen werden, sagte Köditz. Das ergebe ein Detailvergleich der einzelnen Fälle mit der Statistik rechtsmotivierter Straftaten: „Die in den vergangenen Jahren verzeichnete Entwicklung antisemitischer Delikte folgt denn auch der allgemeinen Zunahme des Fallaufkommens von rechts und einer zunehmenden Verlagerung brauner Propaganda in die sozialen Netzwerke.“

 

Köditz bedauerte, dass nur ein Bruchteil der Fälle juristisch geahndet wird. „Die Zahl der Verurteilungen wegen antisemitischer Straftaten bewegte sich in den vergangenen Jahren regelmäßig in einem ausgesprochen niedrigen Bereich: Im Jahr 2014 waren gerade einmal sieben Urteile ergangen, 2015 waren es zehn, 2016 immerhin 20. Dennoch genügt der Verfolgungsdruck offensichtlich nicht“, schlussfolgerte die Landtagsabgeordnete.

 

Laut Köditz zeigt der jüngste „Sachsenmonitor“, dass antisemitische Vorurteile in Sachsen keineswegs irrelevant sind: „Dreizehn Prozent der Befragten stimmen demnach überwiegend oder voll der Aussage zu, dass Jüdinnen und Juden "einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich" hätten und "nicht so recht zu uns" passen würden.“ Bundesweit seien das nur fünf Prozent zu. Außerdem meinte ein Viertel der Befragten, dass Juden versuchten, Vorteil aus ihrer Rolle als Opfer der NS-Zeit zu ziehen.