Ermittlungen: 90-Jährige aus dem Landkreis Lörrach soll im KZ Stutthof gearbeitet haben

Erstveröffentlicht: 
26.02.2017

Beihilfe zur Tötung: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Ermittlungen gegen eine 90-Jährige aus dem Raum Lörrach aufgenommen. Ihr wird vorgeworfen, im KZ Stutthof gearbeitet zu haben.

 

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat Ermittlungen aufgenommen gegen eine 90 Jahre alte Frau aus dem Landkreis Lörrach wegen des Verdachts der Beihilfe zur Tötung in einer noch unbestimmten Zahl von Fällen. Die Frau soll im Konzentrationslager Stutthof unweit von Danzig als Telefonistin tätig gewesen sein.

Für den Vorwurf der Beteiligung an der Tötung reiche es aus


Die Ermittlungen gehen zurück auf die Arbeit der Zentralen Stelle der Justizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistisches Verbrechen in Ludwigsburg. Nach dem Urteil des Landgerichts Lüneburg im Fall Oskar Gröning im Jahr 2015 und der Bestätigung des Richterspruchs durch den Bundesgerichtshof wurden in Ludwigsburg noch einmal die Akten überprüft. Gröning war im KZ Auschwitz tätig und wurde verurteilt, obgleich er nicht unmittelbar an der massenhaften Tötung von Juden beteiligt war. Für den Vorwurf der Beteiligung an der Tötung reiche es aus, einen Beitrag dazu geleistet zu haben, dass das Mordsystem funktionierte.

Die Zentralstelle in Ludwigsburg hat in der Folge auch das KZ Stutthof geprüft und stieß auf zunächst neun Personen, fünf Wachmänner und vier Frauen, die in unterschiedlicher Funktion in der Lagerkommandantur tätig waren. Eines der Verfahren wurde inzwischen eingestellt. Zwei der Personen leben in Baden-Württemberg, zuständig ist die Staatsanwaltschaft in Stuttgart.

 

Im Fall der Frau aus dem Kreis Lörrach spielt eine Rolle, dass sie als Mitarbeiterin in der Telefonzentrale über alles informiert war, was in dem Lager passierte. "Die Wachmänner sind natürlich näher dran am eigentlichen Verbrechen", sagt der Leiter der Zentralstelle, Jens Rommel der Badischen Zeitung. "Aber die Telefonistinnen wussten sehr viel, sie haben viele Informationen weitergegeben." Zwar räumt auch Rommel ein, dass der Vorwurf der Beteiligung in diesem Fall weit ausgelegt ist, "aber wir halten das für strafbar". Daher habe man die Akten an die Staatsanwaltschaft weitergereicht.

Bislang gibt es einen Anfangsverdacht


Jan Holzner, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, nennt das Verfahren "einen spannenden Fall". Denn es stelle sich die Frage, welche Rolle eine Telefonistin für den reibungslosen Betrieb dieser Mordmaschine gespielt habe und wie weit zurechenbar der Begriff der Beteiligung an einem Tatgeschehen ist. Dazu müsse man zum Beispiel mehr über den genauen Aufgabenbereich wissen. Bisher gebe es lediglich einen "Anfangsverdacht", ob sich daraus ein "hinreichender Tatverdacht" ergibt, müsse sich zeigen. Detail könne er nicht nennen.

Die Zentralstelle in Ludwigsburg prüft derzeit parallel eine Liste mit mehr als 3000 Namen von Personen, die im Konzentrationslager Auschwitz tätig waren. Die Namensliste wurde der Behörde Ende Januar von Polen übergeben.