Merkel will Abschiebungen deutlich beschleunigen

Erstveröffentlicht: 
08.02.2017

Kanzlerin Merkel will die Zahl der Abschiebungen erhöhen. Ein 16-Punkte-Plan sieht nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen "Bundesausreisezentren" vor, in denen abgelehnte Asylbewerber untergebracht werden.

 

Vor wenigen Wochen verriet die Kanzlerin Parteifreunden, was sie für eine der größten Herausforderungen in der Migrationspolitik hält. "Für die nächsten Monate ist das Wichtigste Rückführung, Rückführung und nochmals Rückführung", sagte sie im Unionsfraktionsvorstand.

 

Am Donnerstag will Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten einen 16-Punkte-Plan verabschieden, der genau das erreichen soll: die Zahl der Abschiebungen deutlich zu erhöhen. So steht es in einem Beschlussvorschlag für das Bund-Länder-Treffen, der SPIEGEL ONLINE vorliegt.

 

In den kommenden Monaten werde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) "fortlaufend eine hohe Zahl von Asylanträgen von Personen ablehnen, die keines Schutzes in Deutschland bedürfen", heißt es in dem Papier. "Die Zahl der Ausreisepflichtigen wird dadurch 2017 weiter steigen. Es bedarf deshalb einer nationalen Kraftanstrengung, um zusätzliche Verbesserungen in der Rückkehrpolitik zu erreichen."

 

Geplant ist unter anderem:

  • Ein "Gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr", das in den nächsten drei Monaten unter Leitung des Bundesinnenministeriums in Berlin eingerichtet wird. Von dort aus sollen Sammelabschiebungen koordiniert werden, das Zentrum soll zudem "in allen Problemfällen die nötigen Dokumente für Personen beschaffen, die Deutschland wieder verlassen müssen".
  • In einem zweiten Schritt könnten "Bundesausreisezentren" geschaffen werden, in denen abgelehnte Asylbewerber in den "letzten Tagen oder Wochen" vor ihrer Abschiebung zentral untergebracht werden.
  • Als Reaktion auf den Anschlag in Berlin soll die Abschiebehaft für Ausländer erleichtert werden, "von denen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben" ausgeht. Das Bamf soll zudem in Zukunft auch die Handys und Sim-Karten von Flüchtlingen auswerten dürfen, um ihre Identität überprüfen zu können.
  • Das Prozedere, mit dem Ärzte die "Reisefähigkeit" vor einer Abschiebung feststellen, soll "mit dem Ziel einer Beschleunigung verbessert werden".
  • Die Anreize für abgelehnte Asylbewerber, freiwillig in ihre Heimat zurückzukehren, werden erhöht. 90 Millionen Euro will der Bund 2017 für Rückkehr- und Reintegrationsprogramme ausgeben. "Die Förderung wird höher ausfallen, je früher sich ein Betroffener zur freiwilligen Rückkehr entscheidet."

Ob Merkels 16-Punkte-Plan in dieser Form von allen Bundesländern mitgetragen wird, ist allerdings fraglich. Zuletzt hatten bereits mehrere rot-grüne oder rot-rot-grüne Regierungen die Abschiebepolitik des Bundes im Falle Afghanistans angezweifelt. Wegen der Sicherheitslage wollen fünf Bundesländer Abschiebungen an den Hindukusch vorerst aussetzen.