Steve Bannon: Der Trump-Flüsterer

Erstveröffentlicht: 
05.02.2017
Steve Bannon, ein Rechter mit teils rassistischen und nationalistischen Ansichten, ist der wichtigste Mann hinter dem neuen US-Präsidenten. Wie konnte er so weit kommen?

Ein Gastbeitrag von Norbert Finzsch

 

Auf dem Campus der angesehenen University of California in Berkeley gab es in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar gewaltsame Proteste, bei denen mindestens sechs Personen verletzt wurden. Der Grund für die Proteste war eine geplante Rede des rechtsextremen Breitbart-Redakteurs Milo Yiannopoulos. Der britische Journalist, der als Katholik offen schwul lebt, zieht seit einigen Jahren von Campus zu Campus und attackiert dort regelmäßig Feministinnen, Umweltschützer, Muslime und antirassistische Gruppen. Die Veranstaltung mit ihm in Berkeley wurde aufgrund der Proteste abgesagt.

 

Die Nachrichten- und Meinungswebsite Breitbart ist seit ihrer Gründung 2007 ein Sprachrohr der teils extremen Rechten in den USA. Nach dem Tode ihres Gründers Andrew Breitbart wurde sie bis August 2016 von Steve Bannon geleitet, der nun Chefberater von Donald Trump ist. Er machte  Breitbart zu einer Plattform der Alt-Right-Bewegung. Unter seiner Ägide erschienen auf der Website Texte, die offen antisemitisch, rassistisch, homophob und misogyn waren.

 

Bannon, auf den mehrere der heftig umstrittenen Präsidentenerlasse zurückgehen sollen, vertritt sehr konservative und teilweise nationalistische Ansichten. Er verachtet wie Trump das bisherige politische Establishment in Washington, kritisiert aber auch die großen Banken und Versicherungen, weil sie in der Finanzkrise mit Geld der Steuerzahler gerettet worden seien, während kleine Anleger wie sein Vater, ein einfacher irischer Arbeiter, für ihre Verluste nicht entschädigt worden seien. Kritiker werfen Bannon vor, antisemitisch zu sein.

 

Der wichtigste Mann an der Seite des mächtigsten Manns der Welt beweist seit 2010 sein Gespür für die subtile Verteilung der Macht in der Republikanischen Partei, die er anfangs als zu anpasserisch und diskreditiert ablehnte, die er dann allerdings umzuwandeln suchte. Bannon zog die Aufmerksamkeit der Ultrakonservativen auf sich, als er seinen Dokumentarfilm Generation Zero vorlegte, der von Citizens United produziert worden war, der Organisation, die es vermochte, die Regeln für die Wahlkampffinanzierung in den USA so umzugestalten, dass Super-Pacs möglich wurden und riesige Wahlkampfspenden mehr oder weniger unkontrolliert in die Kassen vor allem der Republikaner fließen konnten.

 

Der nächste Schritt war ein Dokumentarfilm über Michele Bachmann, der gescheiterten Präsidentschaftsbewerberin der Republikaner aus dem Tea-Party-Flügel der Partei. Dieser Film stellte die konservativen Frauen als politisch aktiv, aber zutiefst "weiblich" dar, eine Kampfansage an den politisch organisierten Feminismus, der von Bannon als männerfeindlich angesehen wird. Es folgte 2011 ein Film über Sarah Palin, die Vizepräsidentschaftsbewerberin aus der Tea-Party-Bewegung von 2008, in dem sie als Heldin dargestellt wird.

 

Bannon steckte etwa 1 Million Dollar seines eigenen Geldes in die Produktion dieser Hagiographie, Geld, das er verlor, weil der Film seine Produktionskosten nicht annähernd einspielte. Dennoch hat sich der Film für ihn gelohnt, denn er brachte ihm die ungeteilte Bewunderung des Palin-Lagers ein. Bald erschien er regelmäßig auf Fox News mit Sean Hannity, der ihn mit Andrew Breitbart bekannt machte. Hannity, ein konservativer Meinungsmacher und Journalist, gehörte zu den ersten Medienpersönlichkeiten, die Donald Trump als Präsidentschaftskandidaten propagierten und ihm Raum in den Medien gaben, um sich darzustellen. 

 

Nach Breitbarts frühem Tod übernahm Bannon bei dessen rechter Website nicht nur die Geschäftsleitung, sondern auch die Chefredaktion. Nach und nach machte er Breitbart zu einer Art Trump-Prawda, da er alle seine Hoffnungen nun auf den Immobilienunternehmer aus New York setzte, dessen Wahlkampfmanager er dann wurde. 

 

Verbindungen zur Neonazibewegung


Mit dem Wahlsieg Trumps ist Bannon seinen politischen Zielen einen großen Schritt näher gekommen. Die Berufung des früheren Breitbart-Chefs zum Chefberater des Präsidenten bedeute, "dass die Anhänger einer weißen Rassenüberlegenheit auf den höchsten Posten im Weißen Haus repräsentiert sein werden", sagte ein Sprecher der Demokraten im Senat.

 

In der Tat gibt es Verbindungen zwischen rassistischen Neonazibewegungen und Bannon. Andrew Anglin, Betreiber der Naziwebsite Daily Stormer, erklärte "Bannon ist unser Mann im Weißen Haus". Auf Stormfront, der bekanntesten Neonaziseite, gab es regelrechte Freudenfeiern, nachdem Trump Bannon nominiert hatte. 

 

Bannon hat sich von diesen politischen Umarmungen nicht distanziert. Im Gegenteil, er macht aus seiner Nähe zur Alt-Right-Bewegung mit ihren zum Teil nationalistischen Auswüchsen kein Geheimnis. "Sind Rassisten involviert in der alternativen Rechten? Absolut", sagte er dem linksliberalen Magazin Mother Jones am Rande des republikanischen Wahlparteitages. "Gibt es weiße Nationalisten, die von einigen der Haltungen in der Alt-Right-Bewegung angezogen werden? Vielleicht. Gibt es Antisemiten, die angezogen werden? Vielleicht. Vielleicht werden auch etliche homophobe Menschen von der Bewegung angezogen, richtig?"

 

Bannons Frau Mary Louise Piccard beschuldigte ihn 2007 in einer eidesstattlichen Erklärung, er sei nicht nur handgreiflich gegen sie geworden, sondern er sei auch Antisemit. Er habe sich dagegen gestellt, ihre beiden Töchter auf eine bestimmte Schule zu schicken, weil dort zu viele Juden seien. 

 

Eine klügere Version von Trump


Bannon gilt als rechthaberisch und unbeherrscht, er neigt angeblich zu Tobsuchtsanfällen. Er ist eine klügere Version Trumps, ein aggressiver Self-Promoter, der es bis ins Zentrum der Macht geschafft hat. Er ist unendlich ehrgeizig und wird auch vor Trump nicht Halt machen, wenn es seinen Ambitionen nützt. Bannon weiß, dass man im Game of Thrones entweder gewinnt oder stirbt. Er hat sicher nicht vor, zu sterben. 

 

Sein neuester Coup: Nun wurde er von Trump auch noch zum Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates ernannt – ein einmaliger Vorgang. Denn ein Gesetz legt fest, wer zu den ständigen Mitgliedern dieses Gremiums gehört: der Präsident, der Vizepräsident, den Außen-, Verteidigungs- und Energieminister sowie Minister und Staatssekretäre, die der Präsident benennt, wobei er dafür die Zustimmung des Senats benötigt. Bannon ist aber kein Minister und auch kein Staatssekretär.

 

Neben ihm berief Trump auch seinen Stabschef Reince Priebus in den Sicherheitsrat. Da beide keine Fachleute für Fragen der nationalen Sicherheit sind, regt sich dagegen auch unter den Republikanern Widerstand. Senator John McCain, einer der schärfsten Kritiker der neuen Präsidenten, äußerte sein Befremden über das beispiellose Vorgehen.

 

Der Senat muss der Ernennung allerdings noch zustimmen. Sollte Bannon dort die Mehrheit bekommen, hätte ein nationalistischer, rassistischer und minderheitenfeindlicher Ex-Journalist, der eng mit Neonazis verbunden ist, Zugang zu den militärischen Geheimnissen der Vereinigten Staaten. Keine beruhigende Nachricht.

 

In einer früheren Fassung stand, dass Sarah Palin 2012 Vizepräsidentschaftskandidatin war. Das war sie aber 2008. Wir haben den Fehler korrigiert.