Katholische Kirche - Tausendfacher Kindesmissbrauch in Australien

Erstveröffentlicht: 
06.02.2017

Sieben Prozent der katholischen Priester haben in den vergangenen 30 Jahren Kinder sexuell missbraucht. So das Ergebnis einer Untersuchungskommission der Regierung in Australien. Das Ausmaß der Taten schockiert.


Von Lena Bodewein, ARD-Studio Singapur

Der Ton ist trocken, nüchtern, fast einschläfernd, wäre nicht das, was Gail Furness erzählt, so grauenvoll: "4444 Menschen sind innerhalb von 30 Jahren sexuell missbraucht worden", berichtet er, "das haben sie ausgesagt, diese Fälle haben sich auf mehr als 1000 verschiedene katholische Einrichtungen in Australien verteilt."

 

Furness spricht für die Royal Commission, die königliche Kommission, die Kindesmissbrauch in religiösen Einrichtungen untersucht. In einem Orden hatte sich fast die Hälfte der Kirchenvertreter an Kindern vergangen. Die Täter seien Priester, katholische Ordensangehörige, sowohl Brüder als auch Schwestern, aber auch Nicht-Geweihte gewesen.

 

Das Ausmaß schockiert

 

Dass es eine ganze Anzahl von sexuellen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche gab, war bekannt, nicht jedoch dieses Ausmaß.

 

Schockierend ist eine weitere Zahl, die Furness mit versteinerter Miene vorträgt: "Das Durchschnittsalter im Falle der Jungen ist elfeinhalb Jahre, für Mädchen zehneinhalb." Sogar Vierjährige wurden missbraucht. Die Geschichten der Opfer, so Furness, ähnelten sich leider auf deprimierende Weise.

 

"Wir neigen unsere Köpfe vor Scham": Francis Sullivan berichtet der Untersuchungskommission zum Kindesmissbrauch der australischen katholischen Kirche.


Die Opfer wollen mehr als Mitgefühl


Schon seit 2013 hört die Kommission Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche an, wie zum Beispiel Peter Blenkiron, der 2015 aussagte. Er war als Kind Opfer geworden. So viele Selbstmorde und vorzeitige Todesfälle habe es gegeben, sagt Blenkiron, und: "Irgendetwas Gutes muss es haben, dass wir hier stehen. Wir wollen nicht nur schöne Worte, wir wollen Taten sehen."

 

Viele Missbrauchsopfer berichten von physischen und psychischen Schäden, viele können keine Beziehung führen oder einen Job lange behalten, viele trinken sich zu Tode.

 

In der Diözese Ballarat, in der Blenkiron seine Tortur erlitt, haben alle Lehrer und der Kaplan einer kirchlichen Schule jahrelang Kinder missbraucht - von unsittlichen Berührungen bis zu wiederholten Vergewaltigungen. Die Selbstmordrate hier sei höher als die der Verkehrsunfälle, erzählt Blenkiron, es sei eine regelrechte Epidemie.

 

Niemand wollte ihnen glauben

 

Das Bedrückende ist, dass den Opfern oft kein Glauben geschenkt wurde, erzählt Furness. Niemand hörte auf sie, meistens wurden sie auch noch bestraft, viele schwiegen, teils jahrzehntelang. "Die Zeit zwischen dem Missbrauch und der Meldung betrug durchschnittlich 33 Jahre."

 

"Wir neigen unsere Köpfe vor Scham", so Francis Sullivan, ein Vertreter der katholischen Kirche. Diese Zahlen zeigten das massive Versagen der Kirche, Kinder zu schützen. In den nächsten Wochen werden viele katholische Würdenträger vor der Kommission aussagen. Für viele der Opfer ist das schon zu spät.