In Zeiten von Terroranschlägen häufen sich Vorschläge, wie Gefahren begegnet werden kann. Dabei wird regelmäßig auch vor Schnellschüssen gewarnt. Selbst in der Koalition sind nicht alle immer einer Meinung.
Dresden. Für das vom sächsischen Innenministerium geplante Abwehrzentrum für Terrorismus und Extremismus gibt es nicht nur Zustimmung. Vertreter der Opposition im Landtag hinterfragten am Donnerstag das am Vortag vorgestellte Projekt kritisch. Valentin Lippmann, Innenpolitiker der Grünen, warnte vor Parallelstrukturen: „Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus darf nicht zu Lasten des Kampfs gegen Rechtsextremismus und andere politisch motivierte Kriminalität gehen.“ Gleichwohl werde man den Vorschlag von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf Herz und Nieren prüfen.
Die Linken monierten, dass es für das Terrorabwehrzentrum keine zusätzlichen Stellen gibt. Das stelle Fragen nach personellen Umschichtungen innerhalb der Polizei, die sich längst bereits in einer „personellen Krise durch Unterbesetzung“ befinde, sagte Linke-Politiker Enrico Stange. Die SPD findet den Ansatz von Ulbig „grundsätzlich richtig“. Es komme jetzt sehr auf die detaillierte Untersetzung an, erklärte SPD-Innenexperte Albrecht Pallas. Besonderes Augenmerk müsse auf die personelle Ausstattung gerichtet werden, sie dürfe nicht zu Lasten anderer Bereiche der Polizei gehen.
CDU-Politiker Sören Voigt begrüßte das Abwehrzentrum. Dies sei der richtige Weg, „um gezielt entsprechende Lagen analysieren und entsprechend richtig reagieren zu können“. Mit dem Aufbau eines solchen Zentrums würden die Kompetenzen des Landeskriminalamtes und des Operativen Abwehrzentrums (OAZ) gebündelt: „Erfolgreiche Bekämpfung von politisch motivierter Gewalt kann nur dann erfolgreich sein, wenn mit internen und externen Partnern eng, vertrauensvoll und konstruktiv zusammengearbeitet wird.“
Als Konsequenz aus der Pannenserie im Terrorfall „Al-Bakr“ hatte Ulbig am Mittwoch im Landtag das neue Abwehrzentrums angekündigt. Es soll bis Herbst in Dresden seine Arbeit aufnehmen. OAZ-Chef Bernd Merbitz sieht nicht die Gefahr, dass damit Prioritäten in Richtung Islamismus verschoben werden. „Es wird keine Aufweichung des OAZ geben“, sagte er dem MDR. Die „Hauptanstrengungen“ richteten sich weiter auf den Kampf gegen Extremisten von rechts und links.
Die Gewerkschaft der Polizei äußerte sich skeptisch. „Wir dachten, dass wir mit dem OAZ ein Gebilde haben, das ausreichend ist - nur dass die Anbindung nicht ausreichend war“, sagte Gewerkschaftschef Hagen Husgen dem MDR. Er bemängelte, dass es für das neue Zentrum kein zusätzliches Personal geben soll: „Also, ich kann mir gut vorstellen, dass dann andere Organisationseinheiten bluten und Personal abgeben müssen.“
Noch kontroverser sind die Ansichten zur elektronischen Fußfessel als Mittel zur Terrorabwehr. „Wir brauchen eine strenge Überwachung von Gefährdern. Die Fußfessel ist dafür ein geeignetes Instrument“, sagte Ulbig der Deutschen Presse-Agentur in seiner Eigenschaft als Chef der Innenministerkonferenz. Deshalb unterstütze er den Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Er hatte die Länder aufgefordert, einheitliche rechtliche Voraussetzungen zu schaffen.
„Die elektronische Fußfessel ist nicht geeignet, Terroranschläge zu verhindern. Sie ist aber auch verfassungsrechtlich bedenklich, wenn sie sich allein auf die Vermutung stützt, eine Person könne womöglich in Zukunft eine schwere Straftat verüben“, argumentierte Stange. Auch Lippmann lehnte die elektronische Überwachung von Menschen, die keine strafbare Handlung begangen haben, ab. Das widerspreche verfassungsrechtlichen Grundsätzen und den Menschenrechten.
„Elektronische Fußfesseln werden uns bei akuten Gefährdungslagen nicht helfen. Ich warne daher davor, sie als Allheilmittel zu sehen“, sagte Pallas. Sie könne höchstens ein Element „innerhalb eines umfassenden Überwachungskonzepts von Gefährdern“ sein. Laut Voigt kann sie Ermittlern im Ernstfall wertvolle Zeitvorteile liefern: „Da eine Fußfessel nur Auskunft darüber gibt, wohin sich jemand bewegt, aber nicht, mit wem er sich zum Beispiel trifft, ist eine ergänzende Überwachung der Kommunikation sehr wichtig.“