Die Jüdische Gemeinde in Pinneberg investiert 50.000 Euro in ein neues Sicherheitskonzept.
Pinneberg | Der grüngraue Stabgitterzaun ist 1,80 Meter hoch. An einigen Stellen misst er sogar zwei Meter. Ein elektronisches Tor versperrt den Eingang. In der Jüdischen Gemeinde in Pinneberg am Clara-Bartram-Weg, die 230 Mitglieder zählt, stehen die Zeichen auf Sicherheit. Die Angst vor Anschlägen geht um. Das ganze Gelände, auf dem die Synagoge steht, ist zur Hochsicherheitszone geworden. Auch Überwachungskameras wurden installiert. 50.000 Euro sind in das Sicherheitskonzept investiert worden, zum Teil mit Zuschüssen vom Kulturministerium des Landes Schleswig-Holstein.
Wolfgang Seibert, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Pinneberg, redet Klartext: „Es besteht zwar keine konkrete Gefahr, aber eine abstrakte besteht laut Landeskriminalamt immer.“ Nach mehreren Gesprächen mit dem Zentralrat der Juden, israelischen Stellen und dem Landeskriminalamt habe die Gemeinde den Bau des Zauns und die Installation einer Einbruchmeldeanlage und Alarmanlage beschlossen. Bei der kleinsten Bewegung wird der Sicherheitsdienst informiert, dieser alarmiert die Polizei in Pinneberg an der Elmshorner Straße, die in wenigen Minuten vor Ort ist. Seibert selbst wird per App von einem potenziellen Vorfall in Kenntnis gesetzt.
Das System funktioniert. Einen abendlichen Einsatz gab es schon. „Es war ein Mitglied der Gemeinde, das sich die neue Sicherheitsanlage ansehen wollte“, so Seibert.
Doch die Gefahr eines Anschlags sei weiterhin relativ hoch. „Immer weniger Menschen kommen zum Gottesdienst. Es sind heute zehn bis 20. Früher waren es mehr“, berichtet er. Der gelernte Journalist, der unter anderem für die Frankfurter Rundschau tätig war, beobachtet eine beunruhigende Entwicklung in Deutschland. „Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit sind gesellschaftsfähig geworden“, sagt er. Man könne jetzt alles sagen, was man früher nicht gesagt hat.
Salafisten - die zweite Gefahr
Warum? „Die AfD hat die Fremdenfeindlichkeit salonfähig gemacht“, sagt Seibert. So hatte der AfD-Politiker Höcke jüngst das Holocaust Mahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“ bezeichnet. „Das macht den Menschen Angst“, so Seibert. Den älteren mehr als den jüngeren.
Eine zweite Gefahr kommt von den Salafisten. Pinneberg sei eine Hochburg. „Ich habe verschiedene Hinweise bekommen, wo sie sich treffen.“ Beispielsweise an der Berliner Straße als auch im Quellental würden sie leben. Dumme Sprüche im Vorbeigehen muss sich Seibert des Öfteren anhören wie „Euch kriegen wir auch noch“ oder „Glaubt nicht, dass wir euch in Ruhe leben lassen“. Zu Anzeigen kommt es aber nicht. „Das wäre Aussage gegen Aussage“, sagt er.
Doch Seibert und seine Gemeinde verstecken sich nicht. Sie wollen sich bei der Integration von Flüchtlingen engagieren. „Zusammen mit dem FC St. Pauli planen wir für April eine Sportveranstaltung.“ St. Pauli mache eine hervorragende Arbeit in dieser Beziehung