Düsseldorfer Attentat Extremismus-Experte bezweifelt Polizeiangaben zu Ralf S.

Erstveröffentlicht: 
02.02.2017

Der Düsseldorfer Extremismus-Forscher Alexander Häusler kritisiert im Interview die Arbeit der Polizei.

 

Herr Häusler, Polizei und Staatsanwaltschaft haben nach dem Attentat gesagt, der Verdächtige S. sei nicht in eine rechtsextreme Szene eingebettet, die es in Düsseldorf zudem nicht gebe. Was halten Sie davon?


Das ist begründet anzuzweifeln. Es gab zu diesem Zeitpunkt die aktive neonazistische Kameradschaft Düsseldorf und es gab auch Kontakte von S. zu Aktivisten dieser Gruppe. Der damalige Kameradschaftsführer der Neonazi-Gruppierung war der Betreiber des „Nationalen Infotelefons Rheinland“ in unmittelbarer Nähe des Anschlagortes, über das rechtsextremistische Inhalte verbreitet wurden.



Auch zu diesem Mann, dessen „Aktionsbüro Mittelrhein“ später politische Gegner ausgespäht hat und offen gewalttätig gegen Angehörige der linken Szene vorgegangen ist, soll S. Kontakt gehabt haben. Dass die Tat von S. jetzt völlig losgelöst von dieser Szene durchgeführt wurde, die damals auch in Düsseldorf eine zunehmend gewalttätige Orientierung gesucht hat, ist kaum zu glauben. Bei einer Durchsuchung des Kellers des Verdächtigen wurde dann auch noch eine Handgranate und rechtsextremes Propagandamaterial gefunden.


Ist bei den Ermittlungen also etwas falsch gelaufen?


Offensichtlich. Zum einen die vorschnelle These eines Einzeltäters, die ich für verkehrt halte. Und dann noch die falsche Behauptung, es gebe keine Hinweise auf eine gewaltorientierte Neonazi-Szene in Düsseldorf. Dabei gab es nicht nur die Drohkulisse rund um das „Nationale Infotelefon“, sondern einige Jahren zuvor im Stadtteil Wersten auch einen Sprengstoffanschlag auf ein Aussiedlerheim. Da ist es merkwürdig, dass der Wehrhahn-Anschlag nicht zumindest als möglicher Ausdruck einer zunehmend gewalttätigen Neonaziszene eingeordnet wurde.


Wie erklären Sie sich das?


Ähnlich wie bei der NSU-Mordserie hat man der Szene derartige Taten offensichtlich nicht zugetraut. Fragwürdig ist aus meiner Sicht, warum das Thema Wehrhahn-Anschlag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum NSU, der jetzt im Düsseldorfer Landtag abgeschlossen wurde, nicht behandelt wurde – obwohl das ursprünglich so geplant war. Angesichts der aktuellen Entwicklung sollten die Parlamentarier das meines Erachtens nachholen, oder für die noch offenen Fragen einen eigenen Untersuchungsausschuss einrichten.


Das Gespräch führte Detlef Schmalenberg