Bus-Barrikaden ab Februar neben der Frauenkirche - Aleppo am Dresdner Neumarkt

Erstveröffentlicht: 
21.12.2016

Aleppo, selbst wenn es noch nicht gänzlich erobert wurde, ist gefallen. Eines dieser Sinnbilder sind die hochkant aufgestellten Busse in einer Straße der Stadt. Manaf Halbouni, in Dresdner lebender Künstler mit syrischen Wurzeln, will dieses Bild der aufrecht stehenden Busse hier neu auferstehen lassen.

 

Dresden. Aleppo, selbst wenn es noch nicht gänzlich erobert wurde, ist gefallen. Die belagerte Stadt im Norden Syriens, einstige Millionen-Metropole, hat sich, nach all dem Bildmaterial, das im Internet zu finden ist, zu urteilen, größtenteils in ein Trümmerfeld verwandelt. Dafür verantwortlich ist der seit Jahren tobende Bürgerkrieg im Land und die Rücksichtslosigkeit, mit der er von den beteiligten Kriegsparteien geführt wird. Aleppo, das vor zehn Jahren als erster Ort nach Mekka den Beinamen „Hauptstadt der islamischen Kultur“ bekam, hat zahllose Zerstörungen und Tote zu beklagen. Ob und wie sich die Stadt von diesem Trauma je erholen wird, steht in den Sternen.

 

Aleppo ist, wie viele andere kriegsgebeutelte Orte, aber nicht nur eine Trümmerwüste, sondern auch ein Sinnbild. Genauer gesagt, erhalten viele Abbildungen, die aus der nordsyrischen Region stammen, eine symbolische Komponente – wie jüngst die brennenden Busse in der Provinz Idlib, westlich von Aleppo. In den Bussen sollten Verletzte abtransportiert werden, berichteten syrische Medien.

 

Ein anderes dieser Sinnbilder ist schon etwas älter, hat aber, vor allem durch die jüngsten dramatischen Entwicklungen in Aleppo, eher noch an Stärke und Aussagekraft gewonnen. Es sind die hochkant aufgestellten Busse in einer Straße der Stadt. Die metallenen Leiber bildeten eine Sichtbarriere und damit ein Schutzschild für die Bevölkerung vor Scharfschützen.

 

Manaf Halbouni, in Dresdner lebender Künstler mit syrischen Wurzeln, will dieses Bild der aufrecht stehenden Busse hier neu auferstehen lassen (DNN berichteten). Schon seit etwa einem Jahr existiert dieser Plan, und zwischendrin sah es so aus, als würde das ganze Projekt nicht zustandekommen. Doch mittlerweile fügen sich die Puzzleteile zusammen.

 

Seine Arbeit sei nun noch aktueller und symbolischer, sagt Halbouni. „Aleppo ist jetzt dramatischer“, fügt er an. Auch er will sehen, wie sich dort alles weiterentwickelt, falls es so etwas wie einen Waffenstillstand oder eine andauernde Kriegspause gibt.

 

Mit den Bussen wird jedenfalls ein kleiner Teil Aleppos nach Dresden kommen, und mit ihm das Gefühl des Kampfes gegen eine Form des Ausgeliefertseins in Zeiten regelloser Bürgerkriege. Die drei Busse, die Halbouni in ihrer Barrikadenform auf dem Neumarkt an der Frauenkirche wirken lassen will, sind mittlerweile gekauft. „In Bayreuth, dort sind sie auch noch“, erzählt der Künstler. Im Januar sollen sie nach Sachsen transportiert werden, in eine Schlosserei nach Freital, wo sie für ihr Aufrechtstehen in Dresden vorbereitet werden. Außerdem sind ein Architektur- und ein Statikbüro mit den Vorarbeiten betraut.

 

Die Eröffnung dieser ungewöhnlichen Installation im öffentlichen Stadtraum ist für den 7. Februar 2017 geplant. Zwei Monate lang sollen die Busse ihr Domizil gleich bei der Frauenkirche einnehmen. Die entsprechenden Anträge seien abgesegnet worden, sagt Halbouni.

 

Er bezeichnet sein Projekt auch als „riesige logistische Nummer“. Schließlich bedarf es für den Transport der ausrangierten Busse Tieflader, für den Aufbau am Ausstellungsort einen Kran. Via Militärhistorisches Museum ist in dieser Hinsicht auch eine Kooperation mit der Bundeswehr avisiert. „Es gibt viele Leute, die mich unterstützen und denen ich danke“, lässt Halbouni wissen.

 

Finanzielle Unterstützung für das Ganze kommt vor allem vom Kunsthaus Dresden sowie von der Stiftung Kunst und Musik für Dresden. Eine fünfstellige Summe wird für das Projekt bereitgestellt. Wobei Halbouni, kürzlich erst mit dem Marion-Ermer-Preis ausgezeichnet, klarstellt, dass er für selbst keine Kosten geltend macht. „Ich mache das für die Stadt, ohne dafür Geld zu bekommen.“ Die Unterstützung der Kommune hat er jedenfalls. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) soll im Februar die Installation der nachgebauten Aleppo-Busse auf dem Neumarkt eröffnen.

Von Torsten Klaus