Schließung von Fessenheim rückt nach Abkommen näher

Erstveröffentlicht: 
24.01.2017

Die Schließung des Akw Fessenheim ist näher gerückt: Der Stromkonzern EDF hat ein Abkommen zur Schließung gebilligt. Eine Entschädigung von 450 Millionen Euro steht im Raum.

 

Der Verwaltungsrat des französischen Stromkonzerns EDF billigte am Dienstag eine Entschädigungsvereinbarung mit dem französischen Staat, wie aus informierten Kreisen verlautete. Damit ist der Weg frei für einen Entzug der Betriebserlaubnis von Frankreichs ältesten Atomreaktoren. Der französische Staat will EDF für die Schließung der Anlage mit mindestens 446 Millionen Euro entschädigen.

Im Verwaltungsrat gab es aber nur eine äußerst knappe Mehrheit für eine Zustimmung zu dieser Entschädigungsvereinbarung, wie es aus den informierten Kreisen hieß. Den Ausschlag gab letztlich die Stimme von Konzernchef Jean-Bernard Lévy. Die Gewerkschaften sind strikt gegen eine Schließung von Fessenheim. Sie fürchten den Wegfall von hunderten Arbeitsplätzen (Hintergrund).

Wieso ist Fessenheim so umstritten?


Die beiden Reaktoren in Fessenheim wurden 1977 an das Stromnetz angeschlossen und sind damit die ältesten betriebenen Atommeiler des Landes. In dem Atomkraftwerk kommt es immer wieder zu Pannen und Zwischenfällen. Kritiker verweisen zudem auf das Erdbebenrisiko in der Region und die Gefahr einer Überschwemmung bei einem Bruch des Dammes, der das Akw vom Rheinkanal trennt.

Nicht nur Umweltschützer in Frankreich, Deutschland und der Schweiz fordern seit langem eine Schließung von Fessenheim. Auch die Bundesregierung sowie Vertreter von Bundesländern und Kommunen haben wiederholt auf eine Abschaltung der beiden Reaktoren gedrungen.

 

Eine Stilllegung schon 2016: Ein gebrochenes Wahlversprechen von Hollande


Frankreichs Staatschef François Hollande hatte eigentlich versprochen, Fessenheim schon bis Ende 2016 vom Netz zu nehmen. Der Sozialist konnte dieses Versprechen aber nicht einhalten.

Die Verzögerung erklärt sich insbesondere mit den massiven Schwierigkeiten beim Bau eines neuen Reaktors im nordfranzösischen Flamanville. Der neue Druckwasserreaktor soll Fessenheim gewissermaßen ersetzen. Er sollte eigentlich schon 2012 in Betrieb genommen werden - inzwischen peilt EDF nach mehrfacher Verzögerung Ende 2018 an. Spätestens dann müsste Fessenheim vom Netz: Ein 2015 verabschiedetes Energiewende-Gesetz schreibt eine Kapazitätsobergrenze für die Atomkraft auf dem heutigen Stand vor.

Wie argumentieren die Gegner einer Schließung von Fessenheim?


Frankreichs konservative Opposition hält die Atomenergie für sicher, klimafreundlich und unverzichtbar, um die Stromversorgung des Landes zu garantieren. Tatsächlich ist Frankreich vom Atomstrom so abhängig wie kein anderes Land der Welt: Die insgesamt 58 Reaktoren decken rund 75 Prozent des Strombedarfs des Landes. Das 2015 verabschiedete Energiewende-Gesetz sieht vor, dass dieser Anteil bis 2025 auf 50 Prozent gesenkt werden soll, unter anderem durch einen Ausbau erneuerbarer Energien.

Der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon, großer Favorit bei der Wahl im April und Mai, hält aber nichts von diesem Ziel - und will Fessenheim bei einem Wahlsieg nicht stilllegen. Unklar ist aber, ob er eine eingeleitete Schließung des Atomkraftwerks rückgängig machen könnte.
Widerstand gegen eine Stilllegung des Atomkraftwerks kommt auch von den Gewerkschaften. Sie fürchten um hunderte Jobs: In Fessenheim arbeiten rund 850 EDF-Mitarbeiter und 250 Mitarbeiter von Subunternehmen.

 

Wie geht es bei der geplanten Schließung von Fessenheim weiter?


Der EDF-Verwaltungsrat stimmte am Dienstag einer im vergangenen Sommer gefundenen Vereinbarung mit dem französischen Staat zu. Diese spricht dem Staatskonzern für die vorzeitige Schließung von Fessenheim eine Entschädigung von mindestens 446 Millionen Euro zu. Eine erste Tranche von hundert Millionen Euro soll es direkt nach dem Abschalten von Fessenheim geben.

Nun muss EDF zunächst einen formellen Antrag auf Entzug der Betriebserlaubnis stellen. Eine Abstimmung darüber im Verwaltungsrat wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Anschließend wird die französische Regierung die Stilllegung von Fessenheim in einem Dekret anordnen.