Die Schließung des Akw Fessenheim ist näher gerückt: Der Stromkonzern EDF hat ein Abkommen zur Schließung gebilligt. Eine Entschädigung von 450 Millionen Euro steht im Raum.
Der Verwaltungsrat des französischen Stromkonzerns EDF billigte am
Dienstag eine Entschädigungsvereinbarung mit dem französischen Staat,
wie aus informierten Kreisen verlautete. Damit ist der Weg frei für
einen Entzug der Betriebserlaubnis von Frankreichs ältesten
Atomreaktoren. Der französische Staat will EDF für die Schließung der
Anlage mit mindestens 446 Millionen Euro entschädigen.
Im Verwaltungsrat gab es aber nur eine äußerst knappe Mehrheit für eine
Zustimmung zu dieser Entschädigungsvereinbarung, wie es aus den
informierten Kreisen hieß. Den Ausschlag gab letztlich die Stimme von
Konzernchef Jean-Bernard Lévy. Die Gewerkschaften sind strikt gegen eine
Schließung von Fessenheim. Sie fürchten den Wegfall von hunderten
Arbeitsplätzen (Hintergrund).
Die beiden Reaktoren in Fessenheim wurden 1977 an das Stromnetz
angeschlossen und sind damit die ältesten betriebenen Atommeiler des
Landes. In dem Atomkraftwerk kommt es immer wieder zu Pannen und
Zwischenfällen. Kritiker verweisen zudem auf das Erdbebenrisiko in der
Region und die Gefahr einer Überschwemmung bei einem Bruch des Dammes,
der das Akw vom Rheinkanal trennt.
Nicht nur Umweltschützer in Frankreich, Deutschland und der Schweiz
fordern seit langem eine Schließung von Fessenheim. Auch die
Bundesregierung sowie Vertreter von Bundesländern und Kommunen haben
wiederholt auf eine Abschaltung der beiden Reaktoren gedrungen.
Frankreichs Staatschef François Hollande hatte eigentlich versprochen,
Fessenheim schon bis Ende 2016 vom Netz zu nehmen. Der Sozialist konnte
dieses Versprechen aber nicht einhalten.
Die Verzögerung erklärt sich insbesondere mit den massiven
Schwierigkeiten beim Bau eines neuen Reaktors im nordfranzösischen
Flamanville. Der neue Druckwasserreaktor soll Fessenheim gewissermaßen
ersetzen. Er sollte eigentlich schon 2012 in Betrieb genommen werden -
inzwischen peilt EDF nach mehrfacher Verzögerung Ende 2018 an.
Spätestens dann müsste Fessenheim vom Netz: Ein 2015 verabschiedetes
Energiewende-Gesetz schreibt eine Kapazitätsobergrenze für die Atomkraft
auf dem heutigen Stand vor.
Frankreichs konservative Opposition hält die Atomenergie für sicher,
klimafreundlich und unverzichtbar, um die Stromversorgung des Landes zu
garantieren. Tatsächlich ist Frankreich vom Atomstrom so abhängig wie
kein anderes Land der Welt: Die insgesamt 58 Reaktoren decken rund 75
Prozent des Strombedarfs des Landes. Das 2015 verabschiedete
Energiewende-Gesetz sieht vor, dass dieser Anteil bis 2025 auf 50
Prozent gesenkt werden soll, unter anderem durch einen Ausbau
erneuerbarer Energien.
Der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon, großer
Favorit bei der Wahl im April und Mai, hält aber nichts von diesem Ziel -
und will Fessenheim bei einem Wahlsieg nicht stilllegen. Unklar ist
aber, ob er eine eingeleitete Schließung des Atomkraftwerks rückgängig
machen könnte.
Widerstand gegen eine Stilllegung des Atomkraftwerks kommt auch von den
Gewerkschaften. Sie fürchten um hunderte Jobs: In Fessenheim arbeiten
rund 850 EDF-Mitarbeiter und 250 Mitarbeiter von Subunternehmen.
Der EDF-Verwaltungsrat stimmte am Dienstag einer im vergangenen Sommer
gefundenen Vereinbarung mit dem französischen Staat zu. Diese spricht
dem Staatskonzern für die vorzeitige Schließung von Fessenheim eine
Entschädigung von mindestens 446 Millionen Euro zu. Eine erste Tranche
von hundert Millionen Euro soll es direkt nach dem Abschalten von
Fessenheim geben.
Nun muss EDF zunächst einen formellen Antrag auf Entzug der
Betriebserlaubnis stellen. Eine Abstimmung darüber im Verwaltungsrat
wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Anschließend wird die
französische Regierung die Stilllegung von Fessenheim in einem Dekret
anordnen.