Von unserer Korrespondentin Bärbel Nückles
ENSISHEIM/COLMAR. Wo vor einer Woche bei Ensisheim im Elsass noch 14 Wohnwagen auf einer Wiese standen, ist nur verbranntes Gras übrig geblieben. Denn Bürgermeister Michel Habig hat einen von Rumänen und Kroaten illegal bewohnten Lagerplatz von Mitarbeitern seiner Gemeinde kurzerhand niederbrennen lassen. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden - doch dem resoluten Rathauschef drohen jetzt bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.
mardi 17 janvier 2006 -->
Michel Habig ist nicht nur Bürgermeister der stattlichen Gemeinde Ensisheim zwischen Mulhouse und Colmar, sondern auch Vizepräsident des Generalrats Haut-Rhin. Er führt für sein Verhalten seine Sorge um die “öffentliche Gesundheit und Sicherheit” an. Das habe erfordert, die slumähnlichen Zustände auf dem Wohnwagengelände in der Nähe einer stillgelegten Mine zu beseitigen : “Ein Abtransport der Fahrzeuge wäre technisch zu aufwändig gewesen.”
Seit sich die Gruppe, die dem “fahrenden Volk” zugerechnet wurde, im Oktober auf dem Gelände niedergelassen hatte, habe es, sagt der Bürgermeister, Beschwerden aus der Bevölkerung gegeben. Zuletzt habe er sich vor Weihnachten mit dem Unterpräfekten über die Zustände unterhalten. Dabei sei vereinbart worden, die Lagerbewohner zu kontrollieren, doch es sei dafür kein Termin festgesetzt worden. Offenbar dauerte Habig nun alles zu lange. Er sei auf ein Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft hin mit 60 mit schusssicheren Westen ausgestatteten Beamten ausgerückt ; angesichts des verwahrlosten Zustandes vor Ort habe er die ihm notwendig erscheinenden Maßnahmen ergriffen.
In Colmar widersprach Oberstaatsanwalt Pascal Schultz am Montag Habigs Darstellung, er habe auf ein Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft gehandelt. Schultz will den Bürgermeister wegen Zerstörung fremden Eigentums anklagen. Der Ensisheimer Bürgermeister hätte eine Genehmigung abwarten müssen, sagte der Anklagevertreter. Habig selbst wurde bislang nicht von der Staatsanwaltschaft gehört. Die Wohnwagenbewohner halten sich jetzt möglicherweise weiter südlich auf. Einer der beiden Geschädigten, der den Vorgang am Wochenende mit einer Strafanzeige publik machte, gab als Adresse einen Standort bei Mulhouse an.