Kampf gegen den IS Deutschland liefert Abhörtechnologie nach Jordanien
Mit Schützenpanzern rüstet die Bundesregierung Jordanien für den Kampf gegen den IS auf. Was Berlin nicht sagt: Die IS-Jäger bekommen nach SPIEGEL-Informationen auch hochmoderne Spionagetechnik für Lauschattacken.
Deutschland unterstützt Jordanien im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS)
stärker als bisher bekannt. Nach SPIEGEL-Informationen liefert Berlin
dem Partnerland im Nahen Osten bis Ende 2017 neben knapp 50
"Marder"-Schützenpanzern zur besseren Sicherung der jordanisch-syrischen
Grenze Anfang kommenden Jahres auch modernste Spähtechnologie zum
Abhören von Mobiltelefongesprächen, SMS-Nachrichten und
Datenkommunikation.
Vorgesehen ist die Lieferung von drei sogenannten GSM-Interceptor-Einheiten für Anfang 2017, heißt es in einem vertraulichen Vermerk aus dem Bundesverteidigungsministerium.
Mit den hochsensiblen Geräten, die Hunderte Mobilfunkverbindungen gleichzeitig belauschen können, sollen die Jordanier mögliche IS-Zellen im eigenen Land und an der Grenze aufklären. In dem Vermerk aus dem Ministerium heißt es, die Technik sei für die "aktive und passive Gesprächsaufklärung" gedacht. Damit solle Jordaniens Fähigkeit zur nachrichtendienstlichen Analyse von verdächtiger Kommunikation gestärkt werden.
Die Bundesregierung hofft, von den Erkenntnissen der Späh-Aktionen zu profitieren
Für die Lausch-Technik sind in diesem Jahr 6,6 Millionen Euro aus einem 100-Millionen-Budget des Ministeriums von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und dem Außenamt vorgesehen. Durch den Fonds sollen Krisenländer unterstützt werden, um gegen Herausforderungen wie den IS oder gegen Flüchtlingsschlepper vorzugehen. Die Idee dahinter: Wenn Länder in Krisenzonen selbst mit Gefahren umgehen, werden Interventionen nicht mehr nötig.
Die Lieferung der Abhörtechnik nach Jordanien wollte die Regierung offenbar geheim halten. Bisher wurde weder der Bundestag noch die Öffentlichkeit über diesen Teil der sogenannten Ertüchtigungshilfe informiert. Auch auf der Reise der Ministerin, die am Sonntag in Jordanien die ersten "Marder"-Schützenpanzer übergab, spielten die Spionage-Geräte keinerlei Rolle, obwohl sie gut ein Fünftel des Gesamtbudgets für die Unterstützung Jordaniens ausmachen.
Aus Sicht Berlins ist die technische Aufrüstung Jordaniens folgerichtig. Als eines der wenigen stabilen Länder im Nahen Osten und direkt an der Grenze zu Syrien und zum Irak gilt der Wüstenstaat als wichtiger Partner. Die Deutschen hoffen zudem, dass sie von den nachrichtendienstlichen Ergebnissen der Späh-Aktionen profitieren können, besonders wenn es um Daten über IS-Mitglieder geht, die möglicherweise Anschläge in Europa planen könnten.
Bundeswehr denkt über Basis in Jordanien nach
Von der Leyen war am Samstagabend in Amman eingetroffen. Am Sonntag besucht die Ministerin neben der Armee auch noch ein Flüchtlingslager, in dem Zehntausende Syrer seit Jahren leben. Auch ein Treffen mit Königin Rania steht auf dem Programm. Grundsätzlich will von der Leyen den Jordaniern weitere militärische Hilfe zusagen, die Entsendung von Militärberatern zur Ausbildung ist geplant, ein entsprechendes Abkommen ist in Arbeit.
Bei der Lieferung der Panzer ging nicht alles glatt. So hatten es die Verhandler versäumt, für die Schützenpanzer der Waffenschmiede Rheinmetall entsprechende Maschinengewehre, Munition und Wärmebildkameras zu bestellen. Die fehlenden Teile sollen nun nachgeliefert werden. Die Jordanier haben zudem schon signalisiert, dass sie mittelfristig gerne deutsche Kampfpanzer vom Typ "Leopard" hätten. Mit Zusagen hält sich Berlin bisher aber zurück.
Abseits davon hält sich Deutschland die Option offen, die deutschen Überwachungs-Jets für die Anti-IS-Koalition in Jordanien zu stationieren. Ende November war eine Delegation der Bundeswehr vor Ort. Bisher sind die Jets vom Typ "Tornado" auf der türkischen Airbase Incirlik stationiert. Wegen des immer schlechteren Verhältnisses zur Türkei aber bereitet sich die Bundeswehr als Option auf einen Abzug vor.
Jordanien scheint nach der Erkundung als neue Basis durchaus geeignet. In einer internen Bewertung schreiben die Militärs, die Azraq Air Base im Osten des Landes entspreche nahezu allen "operativen Anforderungen für den Einsatz" der Überwachungs-Jets und der Tankflugzeuge. Auf der Basis haben auch die Amerikaner Flugzeuge und Drohnen stationiert, auch andere Nationen der Koalition haben den Standort schon genutzt.
Entschieden aber ist bisher noch nichts. Grundsätzlich sieht die Bundeswehr den "Flugbetrieb aus Incirlik als die beste militärische Alternative". Gerade weil man sich der vielen Schwierigkeiten im Verhältnis zur Türkei bewusst ist, will man Ankara nicht auch noch mit zu viel Gerede über einen provokativen Abzug der deutschen Jets reizen.
h