Am 7. und 8. Juli 2017 wird in Hamburg der G20-Gipfel unter deutscher Präsidentschaft stattfinden. Die Hansestadt erwartet ein Belagerungszustand, ganz Hamburg wird eine Sicherheitszone. Tausende schwer bewaffnete Bullen, die Sperrung diverser Straßen, die Ausrufung von „Gefahrengebieten“ erwarten die Anwohner_innen. Die Sicherheitsvorkehrungen dienen der Absicherung des Zusammentreffens der Staats- und Regierungschefs der 19 größten kapitalistischen Nationen sowie der Europäischen Union.
Ebenfalls mit dabei sind Vertreter_innen transnationaler Finanzinstitutionen wie der Weltbank und der Europäischen Zentralbank (EZB). Ungestört sollen zentrale Akteure einer Welt der Ausbeutung, der Unterdrückung und des Krieges ihre Abmachungen treffen können, die unter anderem – nach Bekunden von Kanzlerin Merkel – den weiteren Ausbau der Abschottungsregime gegen Geflüchtete betreffen. Wir werden den reibungslosen Ablauf dieses Treffens nicht hinnehmen. Zusammen mit anderen Gefährt_innen und Genoss_innen aus zahlreichen Gruppen werden wir nach Hamburg fahren und dafür sorgen, dass der Gipfel ein Gipfel der Wut wird. Unser Aufschrei gegen ihre Welt, die wir aus tiefstem Herzen hassen, wird bis in die Konferenzräume hörbar sein. Und damit der Aufschrei einer Welt der Gegenmacht globaler Kämpfe von unten, die wir ebenso leidenschaftlich lieben.
Gegen eine Welt des Krieges und der Armut
Wofür stehen die Herrscher jener Nationen, die in Hamburg ihre globalen Strategien abgleichen wollen? Sie stehen für Krieg. Sie stehen für die gnadenlose Verfolgung Oppositioneller. Sie stehen für korrupte und mörderische Polizei-Todesschwadrone. Sie stehen für die systematische Durchsetzung bevölkerungsfeindlicher „Austeritätsprogramme“. Sie stehen für die Verursachung von massenhafter Flucht und gleichzeitig den Aufbau mörderischer Grenzsicherungen gegen Geflüchtete. Sie stehen für die Unterdrückung von Frauen und LGBTIQ-Communities. Die Liste der Anwesenden liest sich wie ein Who is Who des Grauens. Mit den Vereinigten Staaten, China und Russland sind die derzeitigen Hauptkonkurrenten um weltweiten geopolitischen und wirtschaftlichen Einfluss vertreten. Mit Deutschland, die selbsternannte „Führungsnation“ der EU, die die Menschen Europas mit Verelendungsmaßnahmen überzog. Mit Saudi-Arabien, einer reaktionären Golfdiktatur, deren Grundpfeiler Sklavenarbeit und Unterdrückung im Inneren sind, die ihr Nachbarland Jemen mit einem mörderischen Angriffskrieg überzieht und jede fortschrittliche Bewegung in der Region niederschlagen lässt. Die Türkei steht ebenfalls für die Ausschaltung jedweder Opposition sowie die Zerstörung einer ganzen Region im „eigenen Land“, der kurdischen Gebiete im Südosten, unter dem Deckmantel einer „Anti-Terror-Operation“ gegen die kurdische Befreiungsbewegung rund um die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Zugleich unterstützt die Türkei islamistische Gruppen in Syrien und befeuert damit dort den Krieg. In ihrer Gesamtheit repräsentieren die auf dem G20 konferierenden Staaten eine Welt der kapitalistischen Akkumulation, in der die Anhäufung von Profit auf der einen Seite die Armut großer Teile der Weltbevölkerung auf der anderen Seite bedeutet. Während eine Milliarde Menschen von unter 1,25 US-Dollar am Tag leben, wächst das Vermögen der Reichsten der Reichen permanent an. Ein Bericht der britischen NGO Oxfam stellte 2013 fest, dass die 92 vermögendsten Milliardäre genauso viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. 64 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht. An den Gründen für deren Vertreibung haben die G20-Nationen erheblichen Anteil: Sie forcieren bewaffnete Auseinandersetzungen wie in Libyen oder Syrien, sie schaffen Abhängigkeiten auf dem Weltmarkt, die zur Verelendung ganzer Regionen beitragen, sie tragen zu Umweltzerstörung bei und sind die Hauptakteure des weltweiten Waffenhandels.
Für eine Welt der Solidarität und Kollektivität
Jene Welt, deren Ausdruck das G20-Treffen ist, existiert nicht ohne Widerspruch. Weltweit begehren Menschen gegen sie auf, in hunderttausenden größeren und kleineren Kämpfen der subalternen Klassen. Anfang September streikten allein in Indien 150 Millionen Menschen gegen Privatisierungspläne und Niedriglohnpolitik der Regierung. In Kurdistan kämpfen Hunderttausende für den Aufbau kommunaler Rätestrukturen und geschlechtergerechter Selbstverwaltung. In Brasilien widersetzen sich zehntausende dem Putschversuch rechter, pro-amerikanischer Oligarchen. In Mexiko bewaffnen sich kommunale Aktivist*innen selbst, um sich gegen Drogenmafia und korrupte Bullen zu wehren. In den urbanen Zentren der Türkei schaffen revolutionäre Linke Bezirke, auf die die Staatsmacht kaum noch Zugriff hat. Und in den USA gehen tausende – immer öfter auch militant - gegen rassistische Polizeigewalt auf die Straßen. In Europa sehen wir uns Mitten in einem Kampfzyklus, der mit der Finanz- und Wirtschaftskrise begann und sich in den urbanen Zentren zu einem Ringen um Gegenmacht auf vielen verschiedenen Ebenen entwickelte. Von der Aneignung öffentlicher Plätze in Griechenland und Spanien über die Herausbildung von Selbstverwaltung in einigen Betrieben und Stadtteilen bis hin zu defensivem Widerstand gegen Zwangsräumungen und Gentrifizierung. Auch wir als Berliner*innen schlagen wie Millionen andere Kerben in die Wände der kapitalistischen Metropolen. Wir haben Häuser besetzt, wir haben Gefahrengebiete ausgehebelt und uns zusammengeschlossen. Auch wenn die Quantität und Qualität des Widerstandes in Deutschland noch hinter dem anderer Länder zurücksteht, sehen wir uns als Teil des globalen Netzes der Kämpfe aller Unterdrückten, Unzufriedenen und Gedemütigten.
G20 sabotieren!
Was sich in Hamburg abspielen wird, ist das Aufeinanderprallen dieser beiden Welten. Sie, die Beschützer des Bestehenden, wollen Ruhe und ihre Ordnung. Wir, die Kräfte der Gegenmacht, werden ihnen diese Ruhe nehmen. Sie werden eine breite Palette an Aufstandsbekämpfungstaktiken anwenden und versuchen, uns den Raum und die Sichtbarkeit zu nehmen. Und wir werden mit tausend verschiedenen Mitteln, friedlich und militant, Risse in ihre Mauer der Befriedung schlagen. Ob mittels Menschenblockaden an Zentren der Logistik, ob mit wütender Wurfpost adressiert an die Diener*innen des Staates, die Mittel unseres Protestes lassen wir uns nicht diktieren. Unsere Solidarität ist allen Formen des Aufschreis gewiss. Die Schlacht um Hamburg ist für uns eine Chance. Nicht nur auf der Straße, sondern auch bei der Vorbereitung der zwei Gipfeltage. Wir können die Gelegenheit ergreifen und die verschiedenen, noch nicht kommunizierenden Teile des Kampfes enger vernetzen. Wir können die Aufmerksamkeit, die auf dem Thema liegen wird, nutzen, um unsere Vorstellungen einer lebenswerteren Welt zur Debatte stellen. Und wir können versuchen, wo immer es geht, Sand in das Getriebe ihrer Maschinerie zu streuen.
Beteiligt euch an den Vorbereitungen. Werdet aktiv, handelt kreativ und entschlossen.
G20 sabotieren!
Gegenmacht aufbauen – lokal und global!