G-20-Gegner trafen sich, um Widerstand gegen den Gipfel im kommenden Juli in Hamburg vorzubereiten. Gespräch mit Emily Laquer
Trotz des Versuches der Hochschulleitung, die Konferenz in letzter Minute zu verhindern, hat an diesem Wochenende in der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften, HAW, die Aktionskonferenz zum G-20-Gipfel im Juli 2017 stattgefunden. Wie ist es gelaufen?
Die Konferenz war ein voller Erfolg. Wir waren 600 Aktivisten, die aus
Hamburg, ganz Deutschland und sogar aus dem europäischen Ausland
gekommen sind, um an zwei Tagen über unsere Planungen zu den
G-20-Protesten zu beraten. Unsere Debatten waren intensiv, aber
sachlich, mit viel Vorfreude auf das, was wir in den nächsten Monaten
gemeinsam anpacken werden. Bundes- und europaweit laufen bereits
Vorbereitungen, um im Sommer 2017 nach Hamburg zu kommen. Die Stadt wird
Mittelpunkt einer globalen Protestbewegung sein.
Aus welchen Gruppen kamen die Teilnehmer?
In 13 Workshops wurden zu verschiedenen Schwerpunkten Aktionsideen
entwickelt. Es hat sich gezeigt, dass G 20 viele Gegner hat: Aktivisten,
die gegen den Klimawandelleugner Donald Trump ebenso angehen werden wie
gegen die Weigerung der Kanzlerin, aus der Kohle auszusteigen,
Feministinnen, die laut werden, wenn die Sexisten Erdogan, Trump, Putin
und Co. nach Deutschland kommen, und viele Hamburger, die sich ihr Recht
auf Stadt im Juli nicht nehmen lassen werden. Flucht und Grenzregime
waren Thema am Wochenende, die Situation für Linke in der Türkei auch.
Aktivisten aus Rojava meldeten sich per Liveschaltung zu Wort und
bekundeten ihre Solidarität. Und als Linke eint uns natürlich die
Einsicht, dass die G 20 für die Verwaltung des globalen Kapitalismus
stehen.
Im Programm der Konferenz heißt es, die riesigen Anti-TTIP-Demos im September wären »seltsam zahnlos« gewesen. Breite Bündnisse sorgten zwar für erfolgreiche Mobilisierung, aber auch für inhaltliche Verwässerung. Wie kann das bei den G-20-Protesten vermieden werden?
Ich hätte die TTIP-Bewegung so nicht bezeichnet und bin vor allem
beeindruckt, wie viele Menschen für Demokratie statt einen grenzenlosen
Kapitalismus auf die Straßen gegangen sind. Richtig ist aber: Die
radikale Linke wird keinen »gerechteren Welthandel« einfordern – wir
kritisieren den globalen Kapitalismus an sich. Unsere Herausforderung
ist außerdem, nicht nur zu mobilisieren, sondern zu organisieren, also
Bewegungen aufzubauen, die auch nach dem Gipfel weiterkämpfen.
Welche Aktionsformen sind diskutiert worden, soweit das öffentlich gemacht werden soll?
Wir haben beschlossen, den massenhaften Ungehorsam für den Gipfelauftakt
am 7. Juli zu organisieren. Wir werden sämtliche Zufahrtswege und
logistische Knotenpunkte besetzen, um den Gipfel infrastrukturell zum
Desaster zu machen. Zusätzlich werden Blockaden des Hamburger Hafens als
wichtiger kapitalistischer Standort diskutiert. Es wird ein Festival
der Proteste, wir erobern uns Hamburg als linke Stadt zurück: mit
autonomer Vorabenddemo und hedonistischen Raves. Stadtteilinitiativen
planen die Einrichtung von No-Cop-Zonen statt Gefahrengebieten, so dass
sich Anwohner unbehelligt bewegen können.
Am ersten Adventswochenende hat es am Hauptveranstaltungsort des Gipfels, den Messehallen, eine Brandattacke gegeben. Auch in Berlin und anderen Städten gab es in den vergangenen Wochen Sachbeschädigungen mit Bezug auf den G-20-Gipfel. Welche Rolle spielte das Thema Militanz bei der Konferenz?
Das war gar nicht Thema. Es waren ja nicht unsere Aktionen – die
bereiten wir gemeinsam vor und kündigen sie öffentlich an. Aber wer sich
den neofaschistischen Trump, den angehenden Diktator Erdogan oder die
neoliberalen Kapitalverwalter Merkel und die EU nach Hamburg holt, der
muss damit rechnen, dass es knallt.