Nachdem der letzte Prozesstag mit dem Antrag einen weiteren Zeuge zu hören (der bislang noch nicht gehört wurde) endete, beginnt Halbach unvermittelt den Tag mit Aufruf des Zeugen.
Es handelt sich um Steven Huskins, er ist Kameramann und hatte freiwillig sein Videomaterial der Polizei zur Verfügung gestellt.
Halbach fragt ihn wo er beim filmen gestanden hat. Er gibt an, dass er
sich frei rund ums Haus bewegen konnte. Die Frage, ob er sich an eine
Person an den Fenstern mit einer Schirmmütze erinnert, verneint er; die
Personen seien vermummt gewesen und er habe keine genaue Erinnerung.
Halbach liest ihm den Antrag der Verteidigung vor, das er gesehen habe,
dass diese Person keine Applikation an der Hose hat und fragt, ob es
Kontakt zwischen ihm und der Verteidigung gab. Mangels Erinnerung kann
er nichts zur Hose sagen und Kontakt gab es keinen.
Die Verteidigung hat keine Fragen. Der Zeuge wird entlassen.
Es gibt keine weiteren Anträge. Die Beweisaufnahme wird erneut geschlossen.
Der Staatsanwalt sagt lediglich den Satz er wiederhole seine gestellten Anträge.
Danach folgen die Plädoyers der Verteidigung (2 je Angeklagte*n).
I)
Das erste beginnt damit, dass die Staatsanwaltschaft sich sehr kurz
gehalten hat, die Verteidigung jedoch gehalten ist, den gesamten Verlauf
des Verfahrens einzubeziehen. Die Staatsanwaltschaft überhaupt nicht
differenziert hat und nur einen Unterschied wegen Vorstrafen gemacht
hat. Einen großen Verfahren im Hochsicherheitssaal werden 8-10 min.
Plädoyer nicht gerecht.
Die Anklage ist zusammengebrochen. Was bleibt ist, der Mandant war
hinter dem Haus, auch der ihm zugerechnete Schlauchschal befand sich
hinter dem Haus. Die Kammer hat deutlich gemacht, das ihr, wie auch der
Staatsanwaltschaft, die Anwesenheit im Hinterhof ausreiche. Daraus soll
Mittäterschaft folgen, woher soll man die Anwesenheit so genau wissen?
Er kann im Haus gewesen sein oder wie die beiden Zeuginnen (siehe 7.11.) später
hinzugekommen sein. Bei Mittäterschaft ist zur Mitwirkung ein Tatbeitag
notwendig – selbst wenn er im Haus gewesen wäre. – Daher wird
Freispruch beantragt.
Das zweite Plädoyer beginnt ebenfalls mit dem Antrag auf Freispruch. Denn bei den Fragen wer wo eine_m anderen etwas zufügt konnte das „wer“ nicht geklärt werden. Die Kammer hat beschieden, dass der Mandant nicht unvereinbar mit einer Person an den Fenstern sei. Das ist eine gewagte These – „nicht unvereinbar“ ist kein Beweis, es ist maximal neutral. Auch das Antreffen hinter dem Haus ist maximal neutral und kein Beweis. Was hat das mit der Anwesenheit im Haus zu tun – zumal wenn Personen die im Haus waren nicht dahinter angetroffen wurden (z.B. der Geständige) und dahinter welche waren, die nicht drin waren (die Zeuginnen) – also kein Indiz. Was ist der belastende Wert des Schlauchschals? In einer Mischspur soll DNA des Beschuldigten sein, der Antrag nach weiterer DNA wurde abgelehnt. Zu der Frage wann und in welchem Zusammenhang die Spucke auf den Schal gekommen ist, gibt es nichts. Die Kammer versucht aus dem Fundort des Schals etwas abzuleiten, aber auch hier ergibt sich keine Belastung, der Schal war außerhalb des Hauses. Zur Schirmmütze und dem Pulli hat die Kammer gesagt, es sei keine Individualisierung möglich. Das bedeutet, es kann keine Belastung daraus abgeleitet werden. Zum Armband hat die Kammer gesagt, bei der Person im Haus hätte es verdeckt sein können. Im Video war nur zu sehen, das etwas geglitzert hat. Eine Belastung kann daraus nicht erfolgen. Der Fleck auf dem Pulli, der die Ansicht der Kammer ja angeblich dahin gehend geändert haben soll, dass der Beschuldigte im Haus war. Dazu sagte sie, es reicht, dass ein Fleck da ist. Sie sagte nichts dazu, ob es der gleiche Fleck ist. Es ist deutlich nicht derselbe Fleck, aufgrund von Größe, Form und Stelle. Ein ähnlicher Fleck ist jedoch nicht der selbe. Auch gab es im Haus keine Spuren des Mandanten und an diesem keine Spuren vom inneren des Hauses. Insgesamt also alles maximal neutral und es gibt keine Belastung.
II)
Die beiden folgenden Plädoyers trägt ein Verteidiger vor, da sein Kollege nicht anwesend sein kann.
Zum ersten: Man konnte in diesem Verfahren viel lernen, dass in
Dienstzeiten der Polizei okkultische Fortbildungen stattfinden, mit
Leerstand viel Geld zu machen ist und über einen Leerstand-Service der
Polizei. Nur hier ging es nicht vorrangig um Weiterbildung. Explizit
bezieht sich der Verteidiger auf Inhalte der Plädoyers von anderen
beteiligten Anwält_innen, weshalb er nicht auf alles eingehen wird wie
z.B. zu dem Vorwurf „Herbeiführung von Sprengstoffexplosionen“. Zu dem
Vorwurf Widerstand führt er aus, dass der Leerstand des Hauses
rechtswidrig war, medial war dies längere Zeit davor bekannt. Die
vorgeworfene Widerstandshandlung war diese Rechtswidrigkeit zu beenden.
Der Körperverletzungsvorwurf beruht darauf, dass Beamte angegeben haben
einen Tinnitus zu haben. Warum sollten wir das glauben? Polizeizeugen
schreiben wortgleiche Berichte, einer gestand ein, dass der Bericht
nicht von ihm selber stammt und er Dinge vom Hörensagen aufgeschrieben
hat. Bei anderen Zeugen würde dies zum Ausschluss führen. Auch anderer
unglaublicher Unsinn wurde bekannt, die Antragstellung und Rücknahme der
Adhäsionsanträge, ebenfalls mit Wortgleichheit und Benennung des
Absenders als Adressat. Das ist alles konkret zu den Verletzungen. Sie
sind alle vom technischen Zug und haben Schutzbekleidung getragen. Auch
die Kammer sagte, die Angaben zur Verletzung entstanden allein durch
Befragung.
Es ist ein politisches Verfahren und geht auch darum eine Geschichte von
gut und böse zu erzählen. Dies ist z.B. an den Presseartikeln
ersichtlich, die nur von gewaltbereiten Besetzer_innen berichteten –
nicht vom Leerstand und nicht von der Brutalität der Polizei – dann
braucht es auch Verletzte. Aber auch das Verhalten des leitenden
Staatsschutzbeamten Richters in dem abgetrennten Verfahren gegen einen
7ten ( siehe die Hausdurchsuchung vom 26.Januar 2016) und seinem darin
enthaltenen provokativem Versuch was durch Telefonüberwachung zu
erreichen.
Das zweite Plädoyer beginnt damit, dass es im Verfahren darum ging:
Was ist passiert und wer soll was gemacht haben. Inwieweit geht es hier
überhaupt um Widerstand? – An einem Verhandlungstag hatte der
Verteidiger z.B. sogar Steuber zitiert. Spekulativer Leerstand ist
rechtswidrig und ein Hausfrieden kann ja nur gebrochen werden wenn dort
leben stattfindet. Das was hier Gegenstand war fand während der
„Sqatting Days“ einem Austausch um solche Zustände zu thematisieren
statt.
Das war Anlass zu einer Besonderen Aufbauorganisation (BAOO) mit
entsprechendem Personal und vorgehaltenem Material. Dann kommt es zu
einer Hausbesetzung. Und was macht die Polizei? Sie zieht die Schublade
auf – autoritäre Räumung ohne jede Deeskalation. Die Verteidigung wollte
Dudde dazu laden, der hätte schildern können wie eine BAOO
normalerweise erst Zivis schickt und eine Einschätzung vornimmt.
Stattdessen wurde hier sofort entschieden die Tür aufzubrechen. Es gab
keine Abwägung und ob es überhaupt eine längerfristige Besetzung ist.
Kann es überhaupt Widerstand sein wenn keine Kommunikation
stattfand? Es wurde munter gewerkelt und die Tür gewechselt, während
schon längst Beamte auf dem Dach waren. Warum wurden die nicht genutzt?
Weil möglich schaurige Bilder produziert werden sollten – Herr Huskins
hat ja heute erzählt, dass er sich frei dort bewegen konnte. Die Polizei
ist hier Akteur mit eigenen Interessen – es stellt sich die Frage warum
hat sie nicht deeskaliert? Stattdessen Beamte die sich Gewalt erfreuen,
wie im Video zu hören war – doch wer sollte denn hier professionell
handeln und deeskalieren? Über die Mandantin sagt ihr Arbeitgeber, sie
ist immer freundlich, zuverlässig und trifft immer den richtigen Ton.
Die Schwere der Schuld, die für eine Jugendstrafe Voraussetzung ist,
wurde von der Staatsanwaltschaft nicht benannt. Die Verteidigung sieht
keine Schwere der Schuld. Auch „Herbeiführung einer
Sprengstoffexplosion“ greift nicht, Böller, selbst wenn sie keinen TÜV
haben, dienen dem Vergnügen. Im Video war zu sehen, auch im Haus ist ein
Böller losgegangen, danach war Gelächter zu hören.
Hilfsweise stellt die Verteidigung einen Beweisantrag, Staatsschützer
Richters dazu zu laden, dass mehrere Personen länger in Haft bleiben
sollten, gegebenenfalls Anschlussgewahrsam. Er hat damals in einem
Telefonat mit der Verteidigung gefragt, ob diese zur Anhörung zu
Polizeigewahrsam kommt, für den Fall, dass keine U-Haft verhängt wird.
Der Anwalt drängte auf Richterlichen Beschluss, es mangelte an einer
Gefahrenprognose. Der Beamte Richters sagte, er habe keine Kenntnis, das
die Mandantin Verbindung zu den „Squatting Days“ habe. Die
Freiheitsentziehungsakte wurde bislang im Verfahren nicht hinzugezogen.
Praktisch hat die Beschuldigte damals Haft verbüßt. Dies war bereits bei
dem Beendigungsantrag enthalten. Die Staatsanwaltschaft hat dies
ignoriert und mauert.
III)
Die Plädoyers des nächsten Beschuldigten beginnen mit der rhetorischen
Frage: kann die Beweisaufnahme zur Verurteilung ausreichen? – Nein. Es
gibt Indizien, aber keine Beweise. Mit der Kammer besteht Einigkeit
darin, dass nicht bewiesen ist, dass der Mandant die Person in dem Video
ist. Es besteht keine Übereinstimmung, der Beschuldigte trug ein rotes
T-Shirt, aber keine schwarze Oberbekleidung. Es lässt sich nicht mal
sicher sagen, ob die Person im Video überhaupt ein rotes T-Shirt unterm
Pulli trägt. Es ist nur ganz kurz etwas Rotes zu sehen – ein
Lichtartefakt? Aber selbst wenn, ein rotes T-Shirt hat genauso wenig
Aussage wie ein schwarzer Pulli. Angeblich soll er Mitverursacher einer
Mischspur in einem Handschuh sein. Frau Röscheisen will ihn als
Hauptverursacher ausgemacht haben – dies ist allein ihre subjektive
Auswahl. Doch selbst wenn es so wäre bleibt unbekannt wer den Handschuh
wann dort verloren hat. Das kann z.B. bei einer früheren Besetzung
passiert sein. Gefunden wurde er bei dem Schacht zum Keller, es ist
wahrscheinlicher, dass er dort von außen gelandet ist. Es bleibt unklar
wann der Mandant von wo gekommen ist.
Indizien sind nicht ausreichen für eine Verurteilung. Die Verteidigung beantragt Freispruch.
Das kommende Plädoyer beginnt die Verteidigerin damit, dass sie sich
der Forderung nach Freispruch anschließt und dem ganzen eine
Hilfserwägung zur Seite stellt:
Zu den Böllerwürfen hat die Kammer mehrfach festgestellt, dass der
Beweisantrag fehlerhaft ist. Der Vorwurf war, in drei Minuten 15 Mal
geworfen zu haben, in der angegebenen Zeit war aber kein einziger Wurf –
wie konnte es zu dieser Erhebung kommen? Wir wissen es nicht und es
wurde auch nicht ermittelt.
Die Kammer hat deutlich gemacht, dass für sie nicht relevant ist wer
konkret was getan hat – eine aus Beweisnot entstandene Herangehensweise.
Es folgt eine kurze juristische Abhandlung aus der folgt, das hier kein
„wir“ sondern ein „ich“ in der Gruppe agierte, sie hofft dass die Kammer
nicht „Mitgefangen Mitgehangen“ spielt sondern genauer guckt ob es eine
koordinierte Tat in einer unkoordinierten Gruppe (laut Berichten 70
Personen) gibt. Die Annahme einer koordinierten Tat benötigt dennoch
einen Tatbeitrag.Wo ist der Tatbeitrag? Und das zu jedem Tatvorwurf.Die
Beweisaufnahme hat hierzu nichts ergeben. Die Anklage stützt sich
lediglich auf Vermutungen.
Zu den Böllerwürfen verweist sie auf Ausführungen eines Kollegen der
noch sprechen wird. Es wurde bereits gesagt, das alle die über Schmerzen
in den Ohren klagten aus dem technischen Zug sind und (nah) an Sägen
gearbeitet haben – es also unklar ist woher diese Schmerzen kommen.
Der damalige „Eigentümer“ Scheffler trägt auch eine Verantwortung.
Gerade erst ist ein Eigentümer enteignet worden weil er sein Haus leer
stehen ließ. Dies soll jetzt öfter passieren. Warum erst jetzt?
Auch die Behörde trägt Verantwortung. Die Polizei agierte alles andere
als deeskalativ. Es gab keine Aufforderung das Haus zu verlassen, es
wurde kein anderer Weg erwogen. Warum wurde nicht abgewartet? Es heißt
weil gleich Bewurf begann, das ist ja erst Recht ein Grund ab zu warten.
Der lange Prozess führte für den Angeklagten zu Einschränkungen, so war
er 16 Wochen in Haft wegen des falschen Vorwurfs „versuchter Totschlag“.
Seinen Ausbildungsplatz hat er verloren.
Eine Jugendstrafe hat zwei Grundlagen: 1. Schädliche Neigung, was hier
nicht gegeben ist und 2. Schwere der Schuld, die nur in Ausnahmefällen
angewandt werden soll. Eine Zurechnung der Würfe ist nicht möglich.
Im Jugendstrafrecht gilt es da aufzuhören wo es keiner erzieherischen
Maßnahme mehr bedarf. Sie will keine Empfehlung zum Strafmaß geben,
erinnert aber an ihren Antrag auf Einstellung und die Einschätzung der
Jugendgerichtshilfe, die falls es keine Einstellung gibt eine Verwarnung
empfohlen hat.
IV)
Das folgende Plädoyer beginnt die Verteidigung damit, sich im Dissens
zur Staatsanwaltschaft zu positionieren, insbesondere was die Frage der
„Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion“ angeht. Der Verteidiger
stellt klar, dass er die Darstellung der Staatsanwaltschaft für falsch
hält. Zwar ist ein Böller physikalisch eine kleine Explosion, der
Gesetzgeber hat aber deutlich gemacht, dass es gerade nicht um den
physikalischen/naturwissenschaftlichen Begriff geht und dass
insbesondere kleine Feuerwerkskörper nicht ausreichen für diesen
Vorwurf. Die Frage ob die Böller zugelassen sind ist nicht relevant,
sondern ob Gefahr für Leib & Leben besteht. Das Zeigt auch ein
Vergleich mit dem Paragraphen zu gefährlicher Körperverletzung, hier
beginnt das Strafmaß bei sechs Monaten, in minderschwerem Fall bei drei
Monaten. Bei der „Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion“ beginnt das
Strafmaß bei minderschwerem Fall bei sechs Monaten – diese muss also
deutlich gefährlicher sein als zum Beispiel ein Messer.
Die „Gefährlichkeit“ der Böller zeigt auch die Reaktion der Polizei die
den Einsatz mit ganz normaler Schutzkleidung unverändert fortgesetzt hat
und eben nicht wie bei Explosionen reagiert hat. Die Gefahrenanalyse
ergab, dass unverändert weiter gearbeitet werden kann. In Videos haben
wir gesehen, dass kein Polizist versuchte Abstand zu den Böllern zu
bekommen. Es bleiben von den Vorwürfen also lediglich gefährliche
Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Widerstand
übrig.
Im Jugendstrafrecht ist das Gewicht der Tat entscheidend. Sein Mandant
hat keine Erziehungsdefizite und hatte bisher nur wegen Lappalien
Kontakt mit der Polizei. Darüber hinaus ist er sozial engagiert, war
Streitschlichter in der Schule, bei der Jugend- und dann bei der
freiwilligen Feuerwehr, engagiert sich in der Flüchtlingsarbeit. Auch im
Job erhielt er ein gutes Arbeitszeugnis, das ihm unter anderem
Zuverlässigkeit bescheinigt.
Es liegt keine schwere der Schuld vor. Die Motivation für die Besetzung
war ein realer Missstand. Der Haus“besitzer“ Scheffler hat von Anfang an
Entmietung und Abriss geplant und diesen schon vor dem Eintrag ins
Grundbuch beantragt. Er schloss nicht einmal befristete Mietverträge,
die genau dafür sind Zeiten zu überbrücken, damit kein Leerstand
entsteht. Mit ausgesprochen schlichten Tabellen ohne nachvollziehbare
Berechnung beantragte er schließlich den Abriss erneut und verkaufte die
Häuser entmietet und mit Abrissgenehmigung für einen Gewinn von etwa 2
Millionen €.
Ein engagierter Jugendlicher begegnet so etwas nicht gleichgültig.
Die Polizei startete bei der Räumung keinen Versuch der Deeskalation, keinen der Kommunikation.
Schließlich weist der Verteidiger noch darauf hin, dass der Betroffene sich bei der Festnahme ruhig verhielt.
Das letzte Plädoyer geht lediglich darauf ein, dass im
Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke primäre Grundlage ist. Es muss
sich daran orientieren und soll mögliche Erziehungsdefizite ausgleichen.
Es geht eben nicht um Vergeltung und Sühne. Im konkreten Fall sind
keine Erziehungsmaßnahmen notwendig. Sein Mandant hat eine konkrete
berufliche Planung mit realistischem Ziel.
Arbeitsmaßnahmen wie von der Staatsanwaltschaft gefordert kommen nicht
in Frage, sie sind erzieherisch sinnlos, der Betroffene arbeitet.
Zuchtmittel als Strafe nur angewandt werden, wenn andere erzieherische
Mittel nicht in greifen. Das Jugendstrafrecht kennt keine
Generalprevävenzion.
Eine Hausbesetzung ist nicht sozialwidrig, es gab keine schweren
Verletzungen und einen geringen Sachschaden – die Tat ist minderschwer.
Auch ist es keine serielle Tat sondern eine einmalige. Der Mandant war
zwei Wochen in U-Haft wegen des Vorwurfs versuchter Totschlag, über ein
Jahr hatte er danach Meldeauflagen und musste sich zwei Mal wöchentlich
bei der Polizei melden. Bei Familie und Bekannten musste er sich zu dem
Vorwurf verhalten, hinzu kam die mediale Berichterstattung. Auch die nun
45 Hauptverhandlungstage stellen und das keine Ausbildung begonnen
werden konnte, da man hier nicht immer Montags fehlen kann, stellen eine
erhebliche Einwirkung dar.
Die Staatsanwaltschaft hat zudem eine Geldstrafe beantragt, was an den Lebensrealitäten vorbei geht.
Die Verteidigung beantragt eine förmliche Zurechtweisung, im Fall einer
Verurteilung eine Verwarnung, des weiteren beantragt er den Betroffenen
von den Verfahrenskosten und Auslagen frei zustellen.
Halbach fragt ob die Angeklagten ein letztes Wort sagen wollen was alle vier verneinen.
Er schließt die Sitzung mit dem Hinweis, dass am 5.12. das Urteil gesprochen wird.