Paraderolle angeboten bekommen, Paraderolle ausgefüllt: In Magdeburg findet kein Podium mit dem neurechten Publizisten Götz Kubitschek statt.
Der Abend findet nicht statt. Im Magdeburger Theater wird im „Politischen Salon“ der neurechte Vordenker Götz Kubitschek nicht der Frage „Falsch abgebogen? Rechtsruck in Sachsen-Anhalt und Europa“ nachgehen können. Im Januar sollte er dort mit Innenminister des Bundeslandes, Holger Stahlknecht (CDU), auch über die Rolle der Kunst in der Auseinandersetzung mit der Neuen Rechten streiten.
Am Donnerstagnachmittag sagte erst der Minister ab, dann erklärte das Schauspielhaus, dass die gesamte Veranstaltung ausfallen werde. Kaum waren am Mittwoch die Gäste des geplanten „Politischen Salons“ für den 19. Januar kommenden Jahres bekannt geworden, kamen aus Politik und Medien kritische Nachfragen.
Von einer bewussten Entscheidung zur Teilnahme sprach Stahlknecht gegenüber der taz am Mittwoch: „Wir müssen den kritischen Diskus mit solchen Positionen, für die Herr Kubitschek steht, suchen“. Dieser Auseinandersetzung habe er sich an dem Abend stellen wollen, um die Aussagen zu entlarven. Die Pressreferentin des Theaters, Elisabeth Breitenstein, erklärt der taz zuerst auch, dass „es nicht genüge rechtes Gedankengut zu pauschalisieren, sondern dass es einer gezielten und kritischen Auseinandersetzung bedarf“.
Am Nachmittag intervenierte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Stahlknecht werde nicht an dem Abend teilnehmen, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe. Auseinandersetzung ja, aber nicht in diesem Format. Stahlknecht erklärte seinerseits, weiterhin für eine offensive politische Auseinandersetzung mit den Positionen der Neuen Rechten bereit zu stehen. Muss er auch: Im Landtag gehören einige der AfD-Mandatsträger zum Milieu von Kubitschek.
Kubitschek feiert seine Ausladung
In der kleinen sachsen-anhaltischen Gemeinde Schnellroda unterhält er das „Institut für Staatspolitik“, die vermeintlich letzte Trutzburg gegen die totalitäre Egalität. Hier finden Schulungen und Seminare statt, von dort wird der Verlag Antaios und das Internetportal Sezession.net betrieben. Mit der Absage des Ministers, erklärte Breitenstein, sei für den Abend ein „Ungleichgewicht“ entstanden, so dass die geplante Ausrichtung „nicht mehr möglich sei“.
Auf Sezession.net feiert Kubitschek das Spektakel. Der nun Ausgeladene schreibt, dass das „Widerstandsmilieu mit seinen unterschiedlichen Widerstandsbausteinen“ sich jetzt schon „parteipolitisch, publizistisch, aktivistisch und mental“ so durchgesetzt hätte, „daß ihr die an lässige Siege gewohnte politisch-mediale Klasse ratlos gegenübersteht“. Nicht ohne sich auch als Verfechter des offenen Gespräch zu gerieren und eine „Entmündigung“ der „Normalbürger“ zu beklagen.
Diese Entwicklung hat David Begrich vom Verein Miteinander e.V. kommen sehen. „Kein politischer Akteur glänzte hier durch Sachkunde“, sagt der Rechtsextremismusexperte des Vereins, der sich für Demokratie und gegen Rechtsextremismus einsetzt.
Denn „wer Kubitschek einlädt“, werte ihn auf, wer ihn dann „aber wieder auslädt“, gebe ihm die Gelegenheit, „sich in seiner Paraderolle zu präsentieren: als Opfer der Political Correctness und als vorgeblich besonnener Mahner zum Diskurs über die ,letzten Chancen Deutschlands zu friedlichem Wandel'“. Der politische Schaden sei immens, so Begrich.