Großrazzia bei Freier Kameradschaft Dresden

Erstveröffentlicht: 
30.11.2016

Ein Großaufgebot der Polizei hat seit dem frühen Mittwochmorgen 18 Wohnungen und Objekte in Dresden und in Heidenau durchsucht. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen die rechtsextreme Freie Kameradschaft Dresden wegen Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Es gebe 17 Beschuldigte, teilte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft auf unsere Anfrage mit. Sechs Verdächtige wurden festgenommen, Haftbefehle liegen vor. Ein Haftrichter entscheidet nun im Tagesverlauf, ob diese in Untersuchungshaft müssen. Bereits am Mittag wurden nach unseren Informationen am Dresdner Amtsgericht zwei Verdächtige von vermummten Beamten ins Gericht gebracht.

 

Vorwürfe der Generalstaatsanwaltschaft

Die Gruppe steht im Verdacht, 14 Straftaten, u. a. Beteiligung an der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, versuchte Brandstiftung, Landfriedensbruch im besonders schweren Fall, Körperverletzungen und Sachbeschädigungen begangen zu haben. Zudem wurden sie bei Tathandlungen im Bereich von Asylunterkünften in Freital, Heidenau, Dresden und bei Tathandlungen gegen Asylsuchende und politische Gegner festgestellt. Bei den Mitgliedern handelt es sich um 15 Männer sowie zwei Frauen im Alter zwischen 16 und 30 Jahren. 


Razzia beispielsweise auf der Bodenbacher Straße


Bei der Durchsuchung von Wohnungen und Gebäuden in Dresden und Heidenau sei eine große Anzahl an Pyrotechnik, sowie Smartphones sichergestellt worden, teilten die Ermittler mit. Nach unseren Informationen ist zum Beispiel ein Objekt an der Bodenbacher Straße am Morgen durchsucht worden. Beamte in Schutzmontur durchsuchten ein Gebäude in der Nähe der Rennplatzstraße.


Die Beamten des Operativen Abwehrzentrums wurden bei den Durchsuchungen durch Polizeibeamte der Polizeidirektion Leipzig, der Polizeidirektion Dresden, des Landeskriminalamts Sachsen und der Bereitschaftspolizei unterstützt.

Anschläge und Angriffe in Dresden und Freital

Die Freie Kameradschaft Dresden ist in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder bei Demonstrationen in Erscheinung getreten, soll insbesondere in Laubegast und Niedersedlitz präsent gewesen sein. Wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte, sollen Mitglieder versucht haben, den ehemaligen Real Markt in Freital auf der Burgker Straße anzuzünden. Es gab immer wieder das Gerücht, dass dort Flüchtlinge einquartiert werden. Auch ein Sprengstoffanschlag im November 2015 auf das alternative Wohnprojekt 'Mangelwirtschaft' in der Overbeckstraße in Dresden wird der Gruppe zugerechnet.

Bürgerwehr jagte Ausländer beim Stadtfest

Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft sagte uns zudem, dass die Gruppe zum Stadtfest Dresden eine "Kleine Bürgerwehr" gegründet habe und Jagd auf Ausländer gemacht haben soll. Mindestens ein Mensch wurde am 20. August 2016 an den Elbwiesen von Mitgliedern der Gruppe mit Schlägen und Tritten traktiert, er kam schwer verletzt ins Krankenhaus. Auch an den Ausschreitungen vor der Asylunterkunft auf der Bremer Straße im Sommer 2015 waren Mitglieder der Kameradschaft beteiligt, so der Vorwurf.

Drei Mitglieder bereits im Juni verurteilt


Auch an einem Anschlag auf eine Asylunterkunft in Stetzsch und ein Angriff auf linke Jugendliche am Alaunplatz waren Mitglieder beteiligt. Drei Mitglieder der Gruppe erhielten deswegen im Juni Bewährungsstrafen. Auch der Kopf der unter Terrorverdacht stehenden "Gruppe Freital" war bei Facebook mit der Freien Kameradschaft befreundet.

Verfassungsschutz beobachtete Kameradschaft

Die Kameradschaft wird auch vom Verfassungsschutz beobachtet. Im aktuellen Jahresbericht für 2015 (PDF, 5MB) heißt es:

"Durch die fortdauernde Aufnahme von Asylbewerbern in Deutschland kam es in dieser Szene zu einem anhaltenden Politisierungsprozess. Dieser führte in der sonst eher strukturarmen subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene zu diversen Gruppenbildungen, aus denen in Einzelfällen auch neue neonationalsozialistische Gruppierungen entstanden. Ein Beispiel hierfür ist die „Freie Kameradschaft Dresden“, auch bekannt als „Freie Aktivisten Dresden“.

Weiterhin schreibt der sächsische Verfassungsschutz:

"Während die vormals als „Freie Kräfte Dresden“ aktiven Strukturen, wie beschrieben, im Wesentlichen im JN-Stützpunkt Dresden aufgegangen sind, wurde die öffentliche Wahrnehmbarkeit von Strukturen mit teils subkultureller, teils neonationalsozialistischer Ausrichtung geprägt, die mit Facebook-Profilen wie „Freie Kameradschaft Dresden“ und „Freie Aktivisten Dresden“ an die Öffentlichkeit drängten. Über diese auf Facebook verwendeten Bezeichnungen hinaus wurde jedoch auf die Verwendung von Gruppennamen verzichtet. Die Strukturen verfügen zudem über Verbindungen in die subkulturell geprägte rechtsextremistische Szene, einschließlich zu Hooligans. Die Grenzen verlaufen dabei fließend bzw. verwischen zunehmend."

Freie Kameradschaft in Verbindung mit JN

Die Freie Kameradschaft ist laut Verfassungsschutz offenbar auch eng verzahnt mit der NPD-Jugendorganisation "JN":

"Gleichzeitig sympathisierten und kooperierten die JN Dresden mit den oben beschriebenen im Jahr 2015 neu entstandenen lokalen neonationalsozialistischen Strukturen. So forderten die JN Dresden in einer Veröffentlichung auf dem Facebook-Profil der „Freien Kameradschaft Dresden”: „Kameradschaft ist mehr als ein Wort“ öffentlich zum Dialog und Schulterschluss auf: „Wenn dem so ist, dann sollte man sich auch für eine gemeinsame Arbeit in Dresden stark machen.“Analog dazu war der Aufruf auf dem Facebook-Profil der JN Dresden veröffentlicht worden, wo für das Facebook-Profil der Freien Aktivisten Dresden mit dem Hinweis „hier könnt ihr aber getrost mal ein ‘Gefällt mir‘ dalassen“ geworben wurde."