Sachsen steht wegen ausländerfeindlicher Stimmungsmache besonders im Fokus. Doch die Führung des Landes wehrt sich und sieht die Bürger zu unrecht in eine Ecke gedrängt.
Glauchau. Der sächsische Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) hat vor ausländerfeindlicher Stimmungsmache gewarnt und zugleich pauschale Verurteilungen und Beschimpfungen des Freistaates zurückgewiesen. „Fremdenfeindlichkeit und eine gute Zukunft Sachsens schließen einander aus“, sagte er am Samstag auf einem CDU-Parteitag in Glauchau.
In Sachsen seien Hass und Hetze sowie Extremismus im öffentlichen Raum in besonderem Maße zu Tage getreten: „Das hat nicht nur das Image des Landes beschädigt. Das hat auch Sachsen und seine Gesellschaft selbst beschädigt“, sagte er mit Blick auf die Pegida-Aufmärsche und die Pöbeleien bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober in Dresden.
„Es gibt an den Vorkommnissen nichts zu beschönigen. Ich habe immer wieder deutlich gemacht, wie sehr sie uns beschämen“, sagte Tillich weiter. Sehr viele Bürger ärgere es aber zu Recht, dass der Freistaat oft einseitig dargestellt wird. 450 Pöbler und Hetzer hätten die öffentliche Meinung über die Einheitsfeier bestimmt, obwohl 450 000 friedliche Bürger zu den Feierlichkeiten kamen.
Kritik sei notwendig und berechtigt: „Aber in den vergangenen Wochen wurde nicht nur der Ministerpräsident oder eine Partei in eine Ecke gestellt, sondern alle Sachsen und das, was sie in 26 Jahren selbst aufgebaut haben. Das können wir nicht und wollen wir nicht dulden“, sagte er unter dem Beifall der rund 230 Delegierten. Sachsen hatte sich nicht nur wegen der Ereignisse am 3. Oktober in Dresden einem regelrechten „Bashing“ ausgesetzt gefühlt. Auch die Pannen bei der zunächst misslungenen Verhaftung eines Terrorverdächtigen und dessen späterer Freitod in einem Gefängnis des Freistaates hatten Kopfschütteln ausgelöst. In Kommentaren war das Land sogar als „failed state“, als ein gescheitertes Land bezeichnet worden.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gab den Sachsen Rückhalt. Zunächst warb er aber dafür, nicht „mimosenhaft“ zu reagieren und Kritik auszuhalten. Wenn aber Kritik mit Häme verwechselt und statt Hilfe Schadenfreude gezeigt werde, sei das Maß überschritten.
Tillich war gleich zu Beginn seiner Rede auf das „Sachsen-Bashing“ eingegangen. Den Großteil seiner Rede widmete er der wirtschaftlichen Entwicklung des Freistaates. Das Thema steht im Mittelpunkt des eintägigen Parteitages in Glauchau. Am Nachmittag wollten die Delegierten noch über einen Leitantrag des Landesvorstandes zur Wirtschaftspolitik abstimmen. Tillich warnte unter anderem vor einem „Überbietungswettbewerb beim Mindestlohn“.
Von Jörg Schurig