Heute zogen über 550 Menschen vom berner Bahnhofplatz zu der türkischen Botschaft. Die Stimmung vor der Botschaft war sichtlich aufgewühlt und sehr entschlossen. Fast zeitgleich beteiligten sich an zwei Demonstrationen in Zürich bis zu 500 Menschen.
Hintergründe zu den Ereignissen in der Türkei
Während am Donnerstag der türkische Aussenminister Çavusoglu mit Bundesrat Burkhalter an einem Treffen in Bern die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und der Türkei vertiefen konnte, setzte der türkische Staat am selben Abend zum wiederholten Mal seinen Repressionsapparat in Gang. 11 Abgeordnete der linken HDP, sowie zahlreiche kritische Journalist*innen wurden in der Türkei festgenommen. Über Stunden hinweg wurden soziale Kommunikationsmittel wie WhatsApp, Twitter, Facebook und YouTube offline gestellt und eine Nachrichtensperre verhängt.
Dass die Schweiz und Europa auch über die Verhaftungen am gestrigen Abend grösstenteils wegsehen überrascht nicht. Zu gross sind die zahlreichen wirtschaftlichen Interessen an der Türkei. So liess Bundesrat Burkhalter verlauten, dass die «Beziehungen zur Türkei sind wichtiger denn je». Umgekehrt konnte Çavusoglu bei der Schweiz für die verständnisvolle Haltung gegenüber den Säuberungsaktionen des AKP-Regime bedanken und ein Verbot der PKK in der Schweiz fordern.
Die jüngsten Ereignisse in der Türkei sind das Ergebnis eines strukturellen Umbaus von Erdogan in Richtung einer Diktatur. Alle legalen oder friedlichen Möglichkeiten, um gegen das AKP-Regime protestieren zu können, werden systematisch abgebaut. Die linke Opposition wird verhaftet und demnächst endgültig verboten, kritische Medien wurden geschlossen, friedliche Demonstrationen mit Gewalt aufgelöst, alle staatlichen Behörden und Institutionen werden mit regimetreuen AnhängerInnen besetzt und die Todesstrafe soll wiedereingeführt werden.
Wir stellen keine Forderungen an die regierenden und herrschenden.
Was es in unseren Augen aktuell braucht, ist eine bessere Zusammenarbeit
zwischen hiesigen revolutionären Bewegungen und kurdischen oder linken
türkischen Aktivist*innen.
Möglichkeiten zur Unterstützung gibt es viele! So sind in den
Wintermonaten zehntausende Familien auf Unterstützung angewiesen. Zudem
gilt es weiterhin Öffentlichkeit zu schaffen und über die Ereignisse in
der Türkei zu berichten. Es gibt zahlreiche Firmen oder staatliche
Unternehmen, die direkt oder indirekt das AKP-Regime unterstützen. Diese
Verflechtungen und Verbindungen gilt es zu erkennen und sichtbar zu
machen.
Die folgenden Zahlen sind nur die Spitze der Zerstörungswut des Regimes:
Seit Herbst 2015 sind eine halbe Million Menschen sind in den kurdischen Gebieten obdachlos geworden
Gegen 59 HDP Abgeordnete laufen aktuell über 300 Verfahren
Über 50 Zeitungen, Rund 20 TV-Sender und 25 Radio-Sender wurden geschlossen, darunter auch eine anarchistische Zeitung
Seit Herbst 2015 sind mindestens 1`000 Zivilist*innen von Sicherheitskräften ermordet worden
Seit Juli 2016 wurden über 100.000 Menschen entlassen darunter 15.000 Lehrer*innen
Seit Juli 2016 wurden über 35.000 Menschen verhaftet
Seit Herbst 2015 gab es hunderte dokumentierte Angriffe auf Parteibüros der HDP
Mit der Verhaftung der HDP Abgeordneten werden über 5 Millionen Wählerstimmen quasi weggesperrt
This is where words end.