SPD-Kreisvorsitzende Birte Könnecke ist Mitglied einer Studentenverbindung. Im BZ-Interview spricht sie über politische Vorurteile, Gewalt von links und den Dialog innerhalb der Partei.
Birte Könnecke ist Atheistin, engagiert in der SPD – und Mitglied einer Studentenverbindung. Vor kurzem wurde sie als stellvertretende Bundesvorsitzende des Lassalle-Kreises wiedergewählt. Die Gruppe vertritt Genossen, die neben ihrer Parteimitgliedschaft auch in Verbindungen organisiert sind. Ganz leicht ist diese Kombination nämlich nicht.
BZ: Wir beginnen mit einem Vorurteil: Studentenverbindungen sind rückwärtsgewandt, konservativ oder rechts. Wie passt das mit einer SPD-Mitgliedschaft zusammen?
Könnecke: Sie haben Recht: Es ist ein Vorurteil und es steckt in vielen Köpfen. Es gibt riesen Unterschiede bei Studentenverbindungen, derzeit gibt es in Deutschland etwa 1100. Das reicht von den rechten Deutschen Burschenschaften, über unpolitische Corps, christliche Verbindungen, Sängerschaften, Turnerschaften, gemischte Verbindungen, zum Beispiel im Schwarzburgbund, Damenverbindungen und viele mehr. Aber alles, was in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, ist auf die rechte Deutsche Burschenschaft konzentriert. Das sind etwa 40 Verbindungen, also drei Prozent der gesamten Verbindungslandschaft.
BZ: Begegnen Sie den Vorurteilen gegenüber Verbindungen häufig?
Könnecke: Leider immer wieder. Mir selber ist es passiert, dass ich in Göttingen niedergeschlagen wurde, nur weil ich ein Band umhatte. Das war kurz nach meinem Studium, da war ich gerade mit meinem ersten Sohn schwanger. Es ist zum Glück alles gut gegangen, das hätte aber auch ganz anders ausgehen können. So was passiert leider sehr häufig. Wir haben da immer wieder mit linksextremer Gewalt zu tun. Das trifft jede Verbindung, egal, wie sie aufgestellt ist. Ich finde das sehr bedenklich.
BZ: Der Lassalle-Kreis will innerhalb der SPD zwischen Genossen und korporierten Genossen vermitteln. Braucht es das?
Könnecke: Deshalb hat sich der Lassalle-Kreis gegründet. Denn die Korporierten in der SPD werden immer wieder angegangen. Das geht oft von den Juso-Hochschulgruppen aus. Deswegen haben wir vor zehn Jahren gesagt, wir müssen uns vernetzen. Der Kreis ist keine Arbeitsgemeinschaft der SPD, sondern ein Zusammenschluss von Menschen, die gleichzeitig in der SPD und in einer Verbindung sind. Wir bieten Gespräche an, um dieses Bild ein bisschen gerade zu rücken, das da so pauschal besteht.
BZ: Gibt es Erfolge?
Könnecke: Zum Teil schon, ich habe schon sehr positive Rückmeldungen gehabt. Mit manchen Menschen ist der Dialog zugegebenermaßen etwas anstrengend. Aber ich glaube, dass man da schon etwas erreichen kann. Ich sage den Menschen: Ich wär’ da ja nicht drin, wenn das alles rechtsextrem und frauenfeindlich wäre. Ich habe auch schon Genossinnen angeboten, mal zur einer Veranstaltung mitzukommen. Die meisten haben ja noch nie ein Verbindungshaus von innen gesehen.
BZ: SPD und Studentenverbindung – das passt also zusammen.
Könnecke: Die Geschichte der SPD und der Studentenverbindungen sind eng verbunden. Deswegen heißt unser Kreis ja nach Ferdinand Lassalle. Der Mitbegründer der SPD war selbst korporiert. Viele Grundwerte sind außerdem sehr ähnlich. Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind auch den Verbindungen eigen. Dazu kommt der Gedanke des generationsübergreifenden Austauschs. Dass es innerhalb der Szene der Verbindungen auch sehr rechte Tendenzen gibt, dem widerspricht keiner. Deshalb gibt es bei der SPD auch einen Unvereinbarkeitsbeschluss. Wer bei den ultrakonservativen Deutschen Burschenschaften ist, kann nicht in die Partei eintreten.
Birte Könnecke ist Vorsitzende der SPD Breisgau-Hochschwarzwald. Die 46-jährige Amtstierärztin ist Mitglied in der Schwarzburgverbindung Ostfranken zu Hannover und in der Burschenschaft Vandalia auf dem Loretto in Freiburg.