Nach erneuten Ausschreitungen in Bautzen massive Polizeipräsenz gefordert

Erstveröffentlicht: 
15.09.2016

Bautzen kommt nicht zur Ruhe. Vergangene Nacht wurde die Polizei zu erneuten Ausschreitungen gerufen. Auf dem Kornmarkt standen sich rund 80 Deutsche und etwa 20 junge Asylbewerber gegenüber. Es kam zu Pöbeleien und Handgreiflichkeiten. Zeugen zufolge flogen Flaschen. Die Situation schaukelte sich durch gegenseitige Provokationen hoch. Auslöser für die Übergriffe sollen den Angaben nach Asylbewerber gewesen sein.

 

Aus der Gruppe der Deutschen, die nach Einschätzung der Polizei in großer Zahl aus dem rechten Spektrum kam, wurden Parolen skandiert, wie etwa: "Der Bautzener Kornmarkt gehört den Deutschen". Die Polizisten trennten die beiden Lager. Die Beamten wurden von Asylbewerbern mit Flaschen und Holzlatten attackiert. Daraufhin setzten die Polizisten Pfefferspray und Gummiknüppel ein.

 

Danach liefen die Asylbewerber zu ihrer Unterkunft an der Dresdner Straße. Sie wurden von einer Gruppe von Deutschen verfolgt. Die Polizei riegelte das Asylbewerberheim ab und verhinderte so weitere Übergriffe. Ebenso postierten sich Streifen vor andere Flüchtlingsunterkünfte in Bautzen.

 

Die Besatzung eines Rettungswagens, die einem 18-jährigen Marokkaner mit Schnittverletzungen zur Hilfe eilte, wurde von von mehreren Männern auf der Friedensbrücke gestoppt und mit Steinen beworfen. Erst unter Polizeischutz konnte das Fahrzeug das Asylbewerberheim an der Dresdner Straße erreichen.

 

In den Morgenstunden beruhigte sich die Lage. Die Polizei war mit 100 Kräften im Einsatz. Ermittlungen wurden aufgenommen. Die Kripo sucht Zeugen. Hinweise an das Polizeirevier Bautzen (03591 – 3560) oder eine andere Polizeidienststelle.

 

Vier Rädelsführer seien ermittelt worden, so der Bautzener Polizeichef Uwe Kilz. Sie wurden nach Angaben des stellvertretenden Landrates Udo Witschas in anderen Unterkünften im Landkreis Bautzen untergebracht. Das Landratsamt ordnete inzwischen ein Ausgehverbot für sogenannte unbegleitete junge Flüchtlinge. Sie dürfen die Unterkünfte ab 19 Uhr nicht mehr verlassen. Außerdem wurde ein Alkoholverbot ausgesprochen.

 

Die Polizei bereitet sich unterdessen auf einen neuen Großeinsatz in Bautzen vor. In sozialen Netzwerken wurde heute Abend zu Kundgebungen aufgerufen. "Wir werden in angemessener Stärke präsent sein", sagte Klaus Mehlberg, stellvertretender Leiter der Polizeidirektion Görlitz.

 

Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens verurteilte die Ausschreitungen auf das Schärfste. Die Gewaltattacken haben nach seiner Ansicht eine neue Qualität angenommen. Es könne nicht sein, dass Bautzen zum Spielplatz von gewaltbereiten Rechten werde. Der OB kündigte eine massive Polizeipräsenz an und Streetworker auf der "Platte", wie der Kornmarkt von den Bautzenern genannt wird. Sein Stellvertreter, Robert Böhmer, sprach sich im Interview mit unserem Sender für eine Videoüberwachung und ein Alkoholverbot aus.

 

Ob Milieu, Asylbewerber oder andere Gruppierungen – Gewalt werde nicht toleriert, so Oberbürgermeister Ahrens. Der OB kündigte den Einsatz von Streetworkern an. Sie sollen schon im Vorfeld verhindern, dass es zu Gewaltattacken kommt. Dabei setzt Ahrens auf die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt. Außerdem will er Mitarbeiter des Ordnungsamtes in die Spur schicken. Sie sollen gemeinsam mit der Polizei Präsenz auf der "Platte" zeigen.

 

Die "Platte" hat sich zu einem Kriminalitätsbrennpunkt entwickelt. Die Polizei wurde zwischen Anfang April und Ende August zu 72 Einsätzen gerufen. Die Konfrontationen seien geprägt von wechselseitigen Provokationen. Meist spiele Alkohol eine Rolle, so Polizeisprecher Thomas Knaup. Neben jungen Leuten und dem «Trinkermilieu» aus Bautzen suchen vor allem bei schönem Wetter auch viele Asylbewerber am Abend den Platz auf.

 

In einem angrenzenden Hotel häufen sich die Beschwerden von Gästen. Es ist jede Nacht entsetzlicher Lärm, so Hoteldirektor Holger Thieme. Er schrieb einen Brief an die Stadtverwaltung und forderte unter anderem Alkoholverbote und Platzverweise.