Neonazis rufen zu einem »Tag der europäischen Völker« am 24. September nach Weil am Rhein auf. Linke wollen Provokation durch Blockade verhindern
Von Markus Bernhardt
Im Windschaften der gesellschaftlichen Debatten um den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland hoffen neben der AfD und der neurechten »Identitären Bewegung« auch offene Neofaschisten vermehrt auf den Zuspruch der Bevölkerung. Für den 24. September, den sie als »Tag der europäischen Völker« deklariert haben, haben extreme Rechte einen Großaufmarsch in Weil am Rhein angekündigt.
Wer steckt hinter dem Aufruf? Antifaschistische Zusammenschlüsse berichten von verstärkten Aktivitäten rechter Gruppen im Raum Weil seit November 2015. Anfangs seien diese noch unter dem Namen »Friedlicher Widerstand«, später dann als »Pegida Dreiländereck« aufmarschiert und hätten zuletzt immer wieder mit Kundgebungen in Weil, Kandern und Basel öffentliche Hetze betrieben. Zugleich hätten sich rassistisch motivierte Übergriffe in der Region gehäuft. »Nachdem sich ›Pegida Dreiländereck‹ zerstritten hat, versucht nun Andreas Weigand am 24. September unter dem Motto ›Tag der europäischen Völker‹ die Neonazis wieder auf der Straße zu sammeln«, so die Autonome Antifa Freiburg vor rund einer Woche.
»Die Rechte« mittendrin
Besagter Andreas Weigand wurde im Mai 2016 zum Vorsitzenden des damals neugegründeten Kreisverbands der Partei »Die Rechte« in Weil am Rhein gewählt. Auch der baden-württembergische Landesverband der neofaschistischen Partei »Die Rechte« mobilisiert zu dem Aufmarsch nach Weil. Unter Verweis auf die Stadt Dortmund, die als Hochburg der Partei gilt, warnen lokale Antifagruppen vor zunehmender Militanz der Neonazis auch in Baden-Württemberg.
Dem pflichtet auch die baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Karin Binder (Die Linke) bei. Sie hoffe, dass die verantwortlichen Behörden im Ländle sich »kein Beispiel am Umgang der Stadt Dortmund mit der Partei Die Rechte nehmen«. Schließlich hätten Stadt und dortige Behörden gezeigt, »wie man es eben nicht macht, und durch ihre Ignoranz die Nazis überhaupt erst stark werden lassen«.
Am 24. September wollen die Rechten auf die Straße gehen, da die »alte Identität der Völker in Europa nicht verloren gehen« dürfe, wie sie auf Ihrer Facebook-Seite zu dem geplanten Aufmarsch betonen. Ansonsten setzen sie auf die bekannte rassistische Hetze und versuchen, tatsächliche oder vermeintliche Ängste von Frauen zu instrumentalisieren, die »sich Nachts nicht mehr alleine auf die Straße« trauten (Fehler im Original). Bereits »seit geraumer Zeit« werde von »der Politik die Vermischung der Völker in Europa gnadenlos vorangetrieben«. »Millionen Menschen aus anderen Kontinenten wurden Eingeladen um unser Europa, unsere Länder zu unterwandern und sich hier – zum größten teils Illegal – anzusiedeln, um unsere Heimat zu destabilisieren und zu kriminalisieren (sic!).« Diese »kulturelle Bereicherung« erlebe man »täglich auf unseren Straßen, in Form von Beleidigungen, Nötigungen, sexueller Belästigungen, Körperverletzung und Raub – bis hin zum Mord«, behaupten sie.
Hetze »kein Grundrecht«
Antifaschisten rufen unterdessen zur Blockade des geplanten Neonaziaufmarschs auf und wollen den Tag für die Rechten »zu einem Desaster« werden lassen. Da die Faschisten für den sogenannten Tag der europäischen Völker grenzübergreifend mobilisieren und auf rege Beteiligung ihrer braunen Gesinnungsgenossen aus Frankreich bauen, hoffen die Nazigegner darauf, von Antifaschisten aus dem benachbarten Ausland und anderen Bundesländern unterstützt zu werden. »Gegen Nazispuk auf den Straßen hilft nur, sich dagegenzustellen und ihnen keinen Meter Raum zu geben«, heißt es in einem Aufruf des Autonomen Zentrums »KTS Freiburg« anlässlich der neuerlichen Provokation der extremen Rechten. Darin rufen die Nazigegner zu dezentralen Aktionen im gesamten Stadt- beziehungsweise Dorfgebiet auf, wobei viele verschiedene Protestformen Platz haben sollen. Dem schließen sich Linkspartei und Jungsozialisten (Jusos) mit einem eigenen Aufruf zu einer Demonstration an.
»Es ist dringend erforderlich, sich den Nazis in den Weg zu stellen und jegliche rassistische Hetze zurückzuweisen«, stellte Linken-Abgeordnete Karin Binder am Dienstag im Gespräch mit junge Welt klar. Nirgendwo existiere ein »Grundrecht auf rassistische Hetze« – und insofern sei es für sie »vollkommen unverständlich, warum zum angeblichen ›Schutz des Demonstrationsrechts‹ ausgerechnet Aufmärsche von Neonazis genehmigt und von der Polizei geschützt werden« würden. Binder warnte außerdem davor, die zunehmenden Aktivitäten der Rechten kleinzureden oder zu ignorieren. Die Autonome Antifa Freiburg wies außerdem darauf hin, dass die Kundgebung der Neonazis am 24. November ausgerechnet auf dem Hüninger Platz im Weiler Stadtteil Friedlingen beginnen soll – und damit in direkter Nähe zur Wohnung einer Familie, die wochenlang von Rechten eingeschüchtert und bedroht wurde.
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