Aufgrund angeblicher Verstrickungen ins rechtsradikale Milieu wollen mehrere Hundert Menschen am Samstag gegen eine Freefight-Veranstaltung im Kohlrabizirkus demonstrieren. Der Eigentümer des Gebäudes pocht auf Neutralität.
Seit Wochen mehren sich wieder einmal Proteste gegen eine Freefight-Veranstaltung in Leipzig. Neben Stellungnahmen im Netz, Flyern und Plakaten wurde dazu auch eine Demo beim Ordnungsamt angezeigt. Diese soll am Samstag ab 17 Uhr vom Connewitzer Kreuz bis in die Nähe des Kohlrabizirkus führen, wo der umstrittene Event am selben Abend stattfinden soll. Grund für den Protest sind die angeblichen Verstrickungen von Teilnehmer und –Mitveranstalter der Freefight-Veranstaltung ins rechtsradikale Milieu.
So behauptet die Initiative „Rechte Netzwerke zerschlagen“, dass einige der Kämpfer beim anstehenden „Imperium Fighting Championship“ auch Anfang Januar am Überfall auf den alternativen Leipziger Stadtteil Connewitz teilgenommen hätten. Die Polizei konnte damals 200 Personen festsetzen, nach Angaben des Innenministeriums kamen die Randalierer aus den Hooligan-Szenen regionaler Fußballvereine. Jeder dritte der Täter war aber auch nachweislich schon als rechtsextrem registriert. Initiativen-Sprecherin Ende zeigte sich entsprechend enttäuscht, dass die Vermieter des Kohlrabizirkus trotz der vermeintlichen Verstrickungen der Freefighter ihre Haltung nicht überdacht hätten.
Veranstaltung wird stattfinden – Kohlrabizirkus pocht auf Neutralität
Wie es auf Anfrage von LVZ.de aus dem Kohlrabizirkus hieß, kam eine Absage der Veranstaltung tatsächlich nicht in Frage. Als Begründung wird dabei politische Neutralität und Ausgewogenheit angeführt. „Nach Abstimmung mit dem Veranstalter und der Stadtverwaltung haben wir entschieden, dass die Veranstaltung stattfinden wird. Wir haben schließlich eine Vielzahl von Events im Kohlrabizirkus – von Wave-Gotik-Treffen bis zum Nachtflohmarkt – da können wir keine Unterschiede machen und mit verschiedenem Maß messen“, so ein Vertreter des Eigentümers.
Um die Ausgewogenheit des Kohlrabizierklus zu verdeutlichen, erinnerte der Sprecher auch daran, dass bis vor kurzem noch ein Fitness- und Box-Club im Gebäude ansässig war, der vor allem von der linken Szene genutzt wurde. Das „8 Weapons Gym“ fiel allerdings in der Nacht zum 10. Januar einem Brand zum Opfer, dessen Ursache bis heute nicht geklärt ist. Weil das Feuer nur wenige Stunden vor dem Angriff der 200 Hooligans auf Connewitz passierte, vermuten die Gegner des Freefight-Abends auch dabei eine Verbindung in die rechte Szene. „Wir werden es nicht hinnehmen, dass Neonazis ein Großevent nur wenige hundert Meter vom Ort der Angriffe im Januar entfernt durchführen“, so Initiativen-Sprecherin Laura Ende.
Politische Parolen und Fahnen nicht erlaubt
Das Gebäude-Management indes schätzt die eingemietete Freefight-Veranstaltung per se zumindest nicht als politisch problematisch ein – auch wenn das pauschal nicht für jeden Besucher gelten müsse, so der Eigentümer-Vertreter gegenüber LVZ.de. „Wie einzelne Personen denken, dafür können wir natürlich nicht garantieren. Das kann niemand. Politische Parolen, Fahnen oder ähnliches wird es im Kohlrabizirkus aber auf keinen Fall geben. In Abstimmung mit dem Veranstalter wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Theoretisch lassen sich doch bei jedem Fußballspiel mehr rechte oder linke Hooligans finden – und das wird auch nicht abgesagt“, so der Kohlrabizirkus-Sprecher weiter.
Ähnliche Entscheidung wie im Kohlrabizirkus jetzt mussten in den vergangenen Monaten und Jahren auch in anderen Veranstaltungsorten in der Messestadt getroffen werden. Denn die Vorwürfe gegen die „Imperium Fighting Championship“ sind nicht neu – die aktuelle Veranstaltung soll bereits die fünfte in Leipzig werden. Während man die Macher im Eventpalast auf der Alten Messe und im Haus Auensee gewähren ließ, stellte sich die Universität Leipzig im April 2015 klar dagegen und untersagte den Freefight in der Ernst-Grube-Halle auf dem Sportcampus. „Das Rektorat wird künftig verstärkt ein Auge darauf haben, dass für vergleichbare Veranstaltungen kein Raum zur Verfügung gestellt wird – denn sie entsprechen nicht dem Leitbild einer weltoffenen und toleranten Hochschule und schaden dem Ansehen unserer Universität“, erklärte Uni-Rektorin Schücking damals.