Unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen begann am Mittwoch vor dem Amtsgericht der Prozess um die schweren Krawalle vom 5. Juni 2015 im Leipziger Zentrum. Bei der Randale wurden vier Polizisten verletzt; der Sachschaden beläuft sich auf 41.400 Euro. Der einzige bislang ermittelte Tatverdächtige schwieg vor Gericht zu den Vorwürfen.
Unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen startete am Mittwoch vor dem Amtsgericht der Prozess um die schweren Krawalle vom 5. Juni 2015 im Leipziger Zentrum. 100 teils Vermummte hatten am späten Abend brennende Reifen-Barrikaden errichtet, Brandsätze und Pflastersteine geworfen sowie Böller gezündet. Vier Polizisten wurden verletzt. Laut Staatsanwaltschaft beläuft sich der Sachschaden an Gebäuden und Fahrzeugen auf 41.400 Euro. Allein der durch Stein- und Farbbombenwürfe verursachte Schaden am Bundesverwaltungsgericht beträgt mehr als 25 000 Euro.
Wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung musste sich am Mittwoch der einzige bislang ermittelte Tatverdächtige verantworten. Die Polizei hatte Lars Malte S. (37) bereits in der Tatnacht festgenommen. Zum Auftakt des Prozesses, der am 31. August sowie am 7. September fortgesetzt wird, schwieg der Angeklagte, der in Leipzig wohnt und in Aachen (Nordrhein-Westfalen) geboren wurde.
Staatsanwalt Ulrich Jakob sprach vor Gericht von einem „geplanten“ Angriff. Einem Augenzeugen, der damals mit Freunden im Johannapark gegrillt hatte, war im Laufe des Abends die zunehmende Ansammlung von etwa 100 jungen Leuten rund um die Lutherkirche aufgefallen. „Das hatte alles einen konspirativen Anschein“, berichtete der 26-Jährige. „Sie verschwanden in angrenzenden Büschen.“ Erst hätten sie wie ganz normale Park-Besucher ausgesehen, dann großteils schwarze Kleidung getragen und Beutel sowie Rucksäcke bei sich gehabt. Der 26-Jährige alarmierte die Polizei. Er ging von einem Graffiti-Anschlag auf die Lutherkirche aus.
Da aufgrund des Stadtfestes relativ viel Polizei in der Innenstadt unterwegs war, hatten Beamte die Gruppe schnell aufgespürt. Leipzig sei nicht unbekannt für Aktionen der linksextremen Szene, sagte der damalige Polizei-Außendienstleiter Thomas G. (41) vor Gericht. Doch die Auswirkungen dieser Aktion bezeichnete er als „sehr heftig“. So sei etwa in der Grassistraße aus Reifen eine brennende Barrikade errichtet, am Neuen Rathaus eine Haltestelle komplett zerstört, ein Reisebus angegriffen, seien Farbbeutel und Steine gegen Gebäude geschleudert worden. „Die Kreuzung an Martin-Luther-Ring und Karl-Tauchnitz-Straße war mit Pflastersteinen übersät“, so der Beamte.
Auch Heiko U. (43), Chef der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit, meinte über die Randale: „In dieser Aggressivität, in dieser Form hatte ich es noch nicht erlebt.“ Er und seine Kollegen seien sofort massiv angegriffen, mit Steinen beworfen worden. „Es wurden auch Molotowcocktails in unsere Richtung abgeschossen.“ Bis auf den Angeklagten, der offenbar den Anschluss an seine Gruppe verloren habe, konnten die Täter flüchten.
Auch wenn seither eine Vielzahl von Spuren gesichert und untersucht wurde, „war eine Zuordnung zu weiteren Personen bisher nicht möglich“, so die Anklagebehörde am Mittwoch. Es laufen noch Ermittlungen gegen unbekannt.
Staatsanwalt Jakob meinte, die Täter hätten „Aufsehen erregen“ wollen. Wie berichtet, hatte das linke Szeneportal Indymedia kurz nach den Krawallen ein Bekennerschreiben veröffentlicht. Nach Logik der Autonomen geht die Gewalt zuerst vom Staat und seiner Politik aus – durch Hartz IV, Abschiebung von Flüchtlingen, steigende Mieten. Die Verfasser kündigten weitere Anschläge gegen Stadt, Polizei und Justiz an.