Führende Vertreter der hessischen AfD arbeiten mit extremen Rechten zusammen.
Wer es mit der Bundesrepublik Deutschland nicht gut meint, kürzt sie gerne geringschätzig ab. Rechte und Rechtsextreme pflegen von der „BRD“ zu sprechen, wenn ihnen Deutschland wieder einmal nicht deutsch genug ist. Da entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass zwei führende Funktionäre der hessischen AfD ihre eigene BRD gegründet haben. Oder grammatikalisch korrekt: ihr eigenes BRD. Andreas Lichert, Mitglied im Landesvorstand der rechtspopulistischen Partei, und Markus Fuchs, Chef des Frankfurter AfD-Kreisverbands, fungieren als Sprecher einer dubiosen
Organisation, die sich dieses Kürzel gegeben hat. Es steht für: „Bündnis für Recht und Demokratie“.
Hinter dem klangvollen Namen verbirgt sich laut Selbstdarstellung ein „überparteilicher Zusammenschluss engagierter Bürger, die unser Land auf einem gefährlichen Weg sehen und dieser Entwicklung zivilgesellschaftlich entgegentreten“. In der Praxis bedeutet Überparteilichkeit allerdings vor allem: Neben AfDlern gibt es auch Ex-AfDler, wie den Fraktionsvorsitzenden der rechtspopulistischen „Bürger für Frankfurt“ (BFF) im Frankfurter Römer, Wolfgang Hübner. Und: Es gibt keine Berührungsängste zur extremen Rechten.
Mit Heinz Flöter spielt ein Mann, der seit vielen Jahren als rechtsextremer Aktivposten in Hessen bekannt ist, sogar eine sehr zentrale Rolle. Von ihm – einem Ex-Rechtsanwalt und Ex-CDU-Politiker aus Usingen – stammt der Forderungskatalog des Zusammenschlusses. Fast wörtlich ist er einem Aufsatz Flöters entnommen, den das Bündnis auf seiner Internetseite veröffentlichte und der sich leicht pointiert so zusammenfassen lässt: Deutschland ist kein Rechtsstaat, weil er kein Rechts-Staat ist. Weil es beispielsweise Gegendemonstrationen gegen rechte Veranstaltungen geben darf. Oder weil Zeitschriftenhändler den Verkauf rechter Publikationen verweigern dürfen. Und natürlich weil das Leugnen des Holocaust unter Strafe steht.
Engagement in der „Gesellschaft für freie Publizistik“
Der Text ist die leicht gekürzte Fassung eines Vortrags, den Flöter bereits im Jahr 2003 auf dem Jahreskongress der „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) hielt. Die Organisation wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „größte rechtsextremistische Kulturvereinigung“ der Bundesrepublik eingestuft. Sie setzt sich für Holocaust-Leugner ein, verleiht Auszeichnungen an Neonazis und Geschichtsrevisionisten.
Flöter – übrigens Träger des Ehrenbriefs des Landes Hessen – engagiert sich seit mehr als einem Jahrzehnt in der GfP. Bis 2011 saß er im Vorstand. Auch danach hielt er weiter Vorträge für den braunen Verein. So erklärte er 2012, warum die Alliierten mindestens eine Mitschuld am Zweiten Weltkrieg hätten, bestritt, dass der 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung war, und wärmte die Neonazi-Legende von der Ermordung des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß im Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau auf. Im vergangenen Jahr behauptete Flöter, dass Islam und Islamismus nicht zu unterscheiden und der Koran mit dem Grundgesetz „unvereinbar“ sei. Gleichzeitig zweifelte er daran, dass die New Yorker Anschläge vom 11. September 2001 wirklich das Werk von Islamisten gewesen seien.
Kurz: Heinz Flöter ist ein Mann, der sein extrem rechtes Weltbild nicht verhehlt. Seine Bündnisgenossen aber wollen davon nichts bemerkt haben. Der „Frankfurter Rundschau“ sagte BRD-Sprecher Markus Fuchs: „Herr Flöter hat sich uns gegenüber niemals in extremistischer Art und Weise geäußert.“ Von seinem Engagement für die GfP habe man nichts gewusst, und es sei auch egal: Schließlich führe man „keine Gesinnungsprüfung“ durch. Außerdem sei das erst 2014 gegründete „Bündnis für Recht und Demokratie“ schon vor mehr als einem Jahr„de facto eingeschlafen“. Auf der Website wurde allerdings noch Anfang 2016 ein neuer Text eingestellt. Er lehne „jegliche Form von Extremismus“ ab, betonte der Frankfurter AfD-Chef.
Gute Verbindungen zu neurechter Denkfabrik
Es ist indes nicht das erste Mal, dass er und sein Kollege Andreas Lichert durch Kontakte nach Rechtsaußen auffallen. Fuchs hatte sich im vergangenen Jahr kurzzeitig der „Wahlalternative 2017“ angeschlossen – einer Rechtsabspaltung der AfD, die unter anderem dem Grundgesetz den Verfassungsrang abspricht, den Islam pauschal für verfassungswidrig erklären und Ausländer bereits nach dreimaligem Falschparken abschieben will.
AfD-Landesvorständler und BRD-Sprecher Lichert ist Vorsitzender des Trägervereins des Instituts für Staatspolitik – einer von dem Publizisten Götz Kubitschek gegründeten Denkfabrik, die der Politikwissenschaftler Prof. Armin Pfahl-Traughber dem „intellektuellen Rechtsextremismus“ zuordnet. „Wer sich auf antidemokratische Denker der Weimarer Republik beruft“, erklärt der Experte, „der kann nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“. In Licherts „Projektwerkstatt“ in Karben waren Vertreter der in Bund und Land mittlerweile vom Verfassungsschutz beobachteten „Identitären Bewegung“ zu Gast; rechtsextreme Aktivisten hielten Vorträge. Einer davon: Heinz Flöter.
Das „Bündnis für Recht und Demokratie“ teilt sein Spendenkonto mit dem „Frankfurter Aufruf“. Das wundert wenig: Der 2014 veröffentlichte Aufruf, der ein „ehrenvolles Gedenken“ an die deutschen Toten des Ersten Weltkriegs verlangte, wurde von einem ähnlichen Personenkreis getragen: Lichert und Hübner zählten zu den Initiatoren, Fuchs und Flöter zu den Unterzeichnern. Und auch damals sorgte ein extrem Rechter für die ideologische Unterfütterung. Auf der Internetseite des „Frankfurter Aufrufs“ verbreitete sich Sebastian Pella wortreich über Bücher, die die deutsche Kriegsschuld relativieren. Der Historiker und frühere CDU-Politiker war 2011 aus der Union ausgetreten, nachdem er wegen seiner Artikel für diverse Rechtsblätter unter Druck geraten war. Heute arbeitet Pella als Redakteur bei der rechtsextremen Monatszeitschrift „Zuerst!“. Und noch vor wenigen Monaten wurde auch er auf der Internetseite der „Gesellschaft für freie Publizistik“ als Vorstandsmitglied geführt.
Auf der Internetseite des „Bündnisses Recht und Demokratie“ finden sich Beiträge einiger illustrer Persönlichkeiten vom rechten Rand. Eine Auswahl:
Wolfgang Hübner: Die Galionsfigur der rechtspopulistischen Bürger für Frankfurt (BFF) saß 2013 im Vorstand der hessischen AfD. 2014 trat er aus der Partei aus. In mehr als 25 Texten auf der Bündnis-Website schimpft er auf Grüne, Linke, die Medien, die Kirchen, die Bundesregierung und Bernd Lucke – und ruft auf zum „Widerstand“. Immerhin: Militanten Widerstand schließt er aus, jedenfalls „gegenwärtig noch“.
Ulrich Thurmann: Der langjährige CDU-Politiker und Staatssekretär im hessischen Umweltministerium gehört heute der AfD Rheingau-Taunus an. Für ihn ist Angela Merkel eine „kommunistische Regierungschefin“. Flüchtlinge nennt er „islamische Invasionsarmee“. Ihre Einwanderung nach Europa werde von dem US-amerikanischen Investor und Philantropen George Soros gesteuert – auch wegen seiner jüdischen Wurzeln ein Lieblingsfeindbild der extremen Rechten. 2013 schlug sich Thurmann im Streit um antisemitische Ausfälle des gerade gewählten AfD-Landesschatzmeisters Peter Ziemann vorbehaltlos auf die Seite Ziemanns und trat aus Protest gegen dessen Kaltstellung sogar vorübergehend aus der Partei aus.
Holger Arppe: Das Mitglied im AfD-Landesvorstand von Mecklenburg-Vorpommern wurde 2015 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Arppe soll im Internet vorgeschlagen haben, alle Muslime aus der EU auf den britischen Inseln zu internieren: „Als Quarantäne-Insel sozusagen wie früher die Seuchenkolonien.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Arppe steht bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern auf Platz 3 der AfD-Liste.
Klaus-Peter Last: Der Ex-Grüne gehört heute ebenfalls der AfD in Mecklenburg-Vorpommern an und war zeitweilig ihr Landesschatzmeister. Bei Facebook wirbt er für das Projekt „Ein Prozent für unser Land“ des neurechten Publizisten Götz Kubitschek, verlinkt Beiträge der „Identitären Bewegung“ und postete ein Heldenbild des NS-„Märtyrers“ Albert Leo Schlageter.
Marco Trauten: Der ehemalige AfD-Ratsherr in Essen verglich Proteste gegen die AfD mit der Judenverfolgung in Nazi-Deutschland. Zudem wurde ihm die Veruntreuung von Parteigeldern vorgeworfen; das Strafverfahren endete jedoch mit einer Einstellung gegen Zahlung von 1000 Euro. Trauten verließ die AfD im Streit.