Prozess in Köln Gericht stellt Verfahren gegen Hausbesetzer vom Kartäuserwall ein

Erstveröffentlicht: 
10.08.2016
  • Das Amtsgericht hat das Verfahren gegen einen der Hausbesetzer vom Kartäuserwall eingestellt.
  • Neun anderen Hausbesetzern wird noch der Prozess gemacht.

Das erste von zehn Verfahren gegen eine Gruppe, die 2015 ein verlassenes Haus am Kartäuserwall besetzt hatte, ist am Mittwoch unter lautem Applaus aus dem Publikum vom Amtsgericht eingestellt worden.


Strafrichter Tino Vollmar sah in der Verfolgung der einen Monat andauernden Aktion kein ausreichendes öffentliches Interesse. Nach zehn Minuten waren alle Beteiligten mit der Auslegung einverstanden, dass der Angeklagte damit nur geringe Schuld auf sich geladen habe.
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Vincent G. war mit neun weiteren Unterstützern des Bündnis „Wohnraum für alle“ in das bereits „entwohnte“ Haus auf dem Privatgelände eingedrungen, um damit gegen Luxussanierungen und Verdrängung angestammter Mieter in ganz Köln zu protestieren.

Das in ihren Augen und laut Gutachten intakte Haus sollte wegen angeblicher Baufälligkeit abgebrochen und an seine Stelle zwei Luxus-Stadthäuser gebaut werden. Inzwischen ist der Abbruch erfolgt – ohne ordentliche Abbruchgenehmigung.
Einsatzkräfte am besetzten Haus am Kartäuserwall in Köln.

Kein Bewohner, kein Hausfrieden

„Das Haus stand zur Zeit des Eindringens keiner anderen Nutzung zur Verfügung“, wies Richter Vollmar die Anzeige des Hausverwalters wegen Hausfriedensbruchs zurück. „Der Hausfrieden, der zu schützen ist, ist für mich nicht erkennbar.“

Der Angeklagte in diesem Fall – ein 23-Jähriger aus Holweide – sei nicht vorbestraft, was ihm ebenfalls zugute kam. Vollmar betonte jedoch, seine Entscheidung habe keinen Einfluss auf die weiteren Prozesse. „Andere Person, anderer Buchstabe, andere Abteilung. Kollegen müssen meine Auffassung nicht teilen.“

Verfolgt wurde der Prozess auch von Kalle Gerigk, der im Agnesviertel geräumt wurde und dessen Unterstützer mit der Aktion „Alle für Kalle“ bundesweit Aufsehen erregt hatten. Er sagte, der Kartäuserwall sei nur ein Beispiel von vielen, wie Leben zerstört würden.

„Auf Dauer reichen da einzelne Besetzungen nicht aus.“ Katharina Kaecke vom Aktionsbündnis verurteilt die „Kriminalisierung von Menschen mit Zivilcourage“ und spricht von einer „Bankrotterklärung“, gesetzlich nicht imstande zu sein, aus Leerstand bezahlbaren Wohnraum zu machen. Senioren könnten oft nur 50 Euro mehr nicht zahlen. „Viele verkraften das auch psychisch nicht.“

Antonella Montag hatte erfolglos gegen die Räumung geklagt. Sie und ihr Mann blieben auf mehr als 20.000 Euro Gerichtskosten sitzen. Den Verlust der alten Wohnung, die sie auf eigene Kosten saniert hatte, kann sie nicht verkraften. „Ich wohne da, aber es ist nicht mein Zuhause.“

Zahlte sie zuvor für 140 Quadratmeter 720 Euro warm, sind es in ihrer neuen Bleibe in der Südstadt nun 1600 Euro für 140 Quadratmeter. Kommende Woche steht der nächste Aktivist vor Gericht. Er ist noch jugendlich.