Heftige Reaktionen nach Dokumentation über Abschiebungen. Die Vorsitzende des Flüchtlingsrates vergleicht die Vorgehensweise mit der SS und Gestapo.
Ein NDR-Film über Abschiebungen von ausländischen Familien in Mecklenburg-Vorpommern sorgt für heftige Reaktionen. Auslöser der Kritik: Das Vorgehen der Behörden bei den nächtlichen Aktionen, aber auch ein Nazi-Vergleich dazu von der Vorsitzenden des Flüchtlingsrates, Ulrike Seemann-Katz. Zudem war Innenminister Lorenz Caffier (CDU) mit Basecap und Freizeitjacke persönlich an einer Aktion beteiligt.
„Mich erinnern diese Abschiebungen in der Nacht an die Erzählungen meiner Mutter, wie die SS sie aus der Wohnung vertreiben wollte und wie später die Gestapo meinen Opa geholt hat“, schreibt Ulrike Seemann-Katz. „Das war auch jeweils mitten in der Nacht. (Mein Opa Wiesenthal war Jude...).“
Die Antwort aus der CDU kam prompt. „Der Vergleich mit SS und Gestapo ist ein Schlag ins Gesicht aller Polizeibeamten und Mitarbeiter der Ausländerbehörden“, reagierte der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Michael Silkeit. Er erwarte, dass sich Ulrike Seemann-Katz entschuldigt.
Die NDR-Dokumentation „45 Minuten – Protokoll einer Abschiebung“, ausgestrahlt am Montagabend, zeigt die Abschiebepraxis in MV: Mitten in der Nacht klingelt es bei einer abgelehnten albanischen Familie in Friedland. Das „Zuführkommando“ aus Polizei und Mitarbeitern der Ausländerbehörde gibt den aus dem Schlaf gerissenen Menschen kurze Zeit, ihr Hab und Gut zu packen. Unten wartet der Bus für den Transport zum Flieger. Die albanische Familie wird getrennt, weil die schulpflichtige Tochter nicht zu Hause, sondern auf Klassenfahrt ist.
Caffier ist selbst bei der Aktion dabei: „Auf der Treppe schiebt sich der Innenminister an der Kamera vorbei. Er will, dass man ihn sieht“, heißt es im Film unter anderem.
Das Vorgehen der Behörden sei rechtlich gesehen vermutlich in Ordnung, sagte Peter Ritter, innenpolitischer Sprecher der Linken. Trotzdem bleiben diese nächtlichen Aktionen inhuman und sollten künftig nicht durchgeführt werden. Es gebe andere Möglichkeiten.