Am 30. Juli trafen sich in Nürnberg über 90 Delegierte zahlreicher Gruppen, Organisationen und Bündnisse zur Auftaktkonferenz des Bündnisses "Fluchtursachen bekämpfen". Die Beteiligten werteten den Tag als einen erfolgreichen Beginn der gemeinsamen Kampagne. Die Konferenz war zudem ein Schritt auf dem Weg zu einem solidarischen, internationalistischen, antirassistischen und antipatriarchalen Kampf, bei dem wir uns in Zukunft stärker aufeinander beziehen wollen. Bevor wir euch in den nächsten Tagen einen ausführlicheren Bericht bieten können, möchten wir euch hier schon mal einen Eindruck von der Konferenz vermitteln und die Resolution des Abschlussplenums vorstellen.
Der Konferenztag begann mit einigen kurzen Eröffnungsreferaten. Nach der inhaltlichen Vorstellung der Kampagne und einer Darstellung ihrer Enstehungsgeschichte widmeten sich die Inputreden den Themen
"Imperialistische Kriege, ökonomische Ausbeutung von Mensch und Umwelt. Antiimperialistische Perspektiven"
"Frauen und Krieg. Frauen auf der Flucht."
"Rechtsruck in der BRD und Europa."
"Asylpolitik des deutschen Staates."
"Was ist geplant und warum sind wir hier? Die Notwendigkeit, die Säulen der Kampagne und ihre Themen als zusammengehörig zu sehen und zu behandeln."
Danach teilten sich die TeilnehmerInnen in mehrere Arbeitsgruppen auf, welche inhaltliche Schwerpunkte, Organisatorisches und die Möglichkeiten weiterer Vernetzung besprachen. Erfreulich war, dass (wie bereits im Nürnberger Bündnis, das zur Konferenz geladen hatte) alle Beteiligten sich einig waren, dass der Frauenkampf und das Thema "Frauen und Flucht" eine zentrale Stelle in der Kampagne einnehmen soll. Dementsprechend wird bei der gemeinsamen Demonstration zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg am 29. Oktober nicht allein das Thema deutlich präsent sein. Ein Frauenblock, zu dem ein Netzwerk beteiligter Frauen organisationsübergreifend mobilisiert und gesondert aufruft, wird bei der Großdemo der erste Block sein und soll die Außenwirkung entscheidend prägen.
Die Abschlussresolution, die ihr hier lesen könnt, wurde zu einem guten Teil während der Konferenz in den AGs erarbeitet. Sie ist daher natürlich etwas fragmentarisch. Die Forderungen der größten Delegation, die sich an der Konferenz beteiligte - die Women in Exile, welche Nürnberg an diesem Wochenende auf ihrer diesjährigen Bustour besuchte - wurden vom Abschlussplenum in die Resolution übernommen.
Resolution
der Mobi- und Auftaktkonferenz
des Bündnisses "Fluchtursachen bekämpfen"
30. Juli 2016, Nürnberg
Wir haben das Bündnis "Fluchtursachen bekämpfen" gegründet, um politische Gruppen und Organisationen, HelferInnenkreise und Flüchtlingsorganisationen zusammenzuführen, um die Spaltung der Gesellschaft zu brechen und dem rechten Vormarsch in Europa eine geeinte Linke entgegenzustellen.
Denn die aktuelle politische Situation hat ein historisches Ausmaß erreicht und erfordert sofortige Taten. Es ist nicht allein der Rechtsruck in Europa, eine zunehmend aufgehetzte Öffentlichkeit und ein zerstörerisches Wirtschaftssystem, das hier und weltweit nahezu unwidersprochen seinen Schrecken verbreiten kann und damit weiter Fluchtgründe produziert. Die Verantwortlichen für Kriege, Elend und Umweltzerstörung nutzen die Folgen ihrer Politik, um auch hier mittels „Leitkultur“, rassistischer Gesetze, Entrechtung und Konkurrenz die Spaltung der Gesellschaft zu vertiefen, jedes Aufbegehren im Keim zu ersticken und die Ausbeutung zu verschärfen.
Das Bündnis „Fluchtursachen Bekämpfen“ bezeichnet sich als antiimperialistisch.
Für uns ist das derzeitige fortgeschrittene Stadium des Kapitalismus als Imperialismus zu bezeichnen, welches weit über einen bloß kriegerischen Charakter hinausgeht. Imperialismus ist in erster Linie ein ökonomisches Herrschaftsverhältnis. Er ist der Krieg der herrschenden Klasse gegen uns alle. Die sogenannte Krise ist der Normalzustand, den dieses System weltweit verursacht. Notwendige Bestandteile des imperialistischen Systems sind Ausbeutung, Hunger, Durst, Unterdrückung, Kriege, ökologische Katastrophen weltweit...
Der Kampf gegen den Imperialismus ist eine zentrale Aufgabe. Daher ist das Stellen der Systemfrage unumgänglich. Eine Überwindung dieses Systems ist der einzige Weg, die Menschheit zu befreien.
Das Bündnis sieht die Notwendigkeit, den Begriff Imperialismus wieder zentral zu setzen und den unmittelbaren Zusammenhang der Lebensrealitäten der Menschen mit dem Imperialismus aufzuzeigen. Die Kampagne „Fluchtursachen bekämpfen“ sieht sich als ein weiterer Baustein für den Wiederaufbau einer antiimperialistischen und internationalistischen Front in der Bundesrepublik. Verstärkte gegenseitige Bezugnahme auf die jeweilige Praxis der teilnehmenden Organisationen sowie gemeinsames inhaltliches Arbeiten in den bestehenden Zusammenhängen werden ausgebaut.
Wir wollen die zur Rechenschaft ziehen, die Geschäfte machen mit Krieg, Hunger und Tod. Wir lassen uns keine „Alternativlosigkeit“ zu Ausbeutung und neokolonialen Strukturen einreden. Wir akzeptieren keine Unterteilung in „gute“ (politische) Flüchtlinge und „schlechte“(Wirtschafts)Flüchtlinge, die vor Armut fliehen.
Wir wollen auf alle Geflüchteten, HelferInnenkreise, Frauenorganisationen, Gewerkschaften sowie antifaschistische, antimilitaristische und revolutionäre Zusammenhänge mit unseren antiimperialistischen Inhalten zugehen und mit ihnen gemeinsam kämpfen. Unter dem Label „Fluchtursachen Bekämpfen“ wollen wir kontinuierlich zusammenarbeiten.
Wir alle kämpfen, unabhängig von unserem Geschlecht, gegen das Patriarchat.
Frauen-/Genderspezifische Fluchtgründe müssen ohne Wenn und Aber anerkannt werden. Die Rechte von geflüchteten Frauen müssen mit allen Mitteln verteidigt werden.
Keine Lager für Frauen! Alle Lager abschaffen!
Bestehende Schutzeinrichtungen für Frauen müssen gestärkt werden und geflüchteten Frauen uneingeschränkt zugänglich gemacht werden.
Wir fordern selbstbestimmte Schutzräume für Frauen, die dies möchten – und natürlich Schutzräume für Kinder. Wir fordern echten Schutz für Frauen – überall!
Die Unterdrückung der Frauen kennt keine Grenzen – der Frauenkampf auch nicht. Wir Frauen sind Schwestern, die überall gemeinsam kämpfen.
Verfolgung und Benachteiligung aufgrund der sexuellen Orientierung sind Fluchtgründe und müssen als solche anerkannt werden. Wir treten ein für die Überwindung und Beseitigung der Homophobie.
Der sozialen Spaltung setzen wir unsere Solidarität entgegen.
Wir kämpfen gemeinsam mit allen Ausgebeuteten gegen das kapitalistische/imperialistische System. Die Profiteure dieses Systems gilt es zur Rechenschaft zu ziehen! Wir stehen gemeinsam mit Geflüchteten als Teil der unterdrückten Klasse!
Wir lassen uns nicht durch Rassismus in "Deutsche" und "Nicht-Deutsche" spalten!
Gleiche soziale und politische Rechte für alle!
Für fordern Gesundheitsversorgung für alle Menschen. Wir fordern die Möglichkeit der Familienzusammenführung und einen Stopp der Abschiebungen.
Wir solidarisieren uns mit dem Widerstand der Jugendlichen, denen zunehmend Perspektiven geraubt werden.
Wir rufen dazu auf, sich an den Refugee Schulstreiks zu beteiligen.
Integrationsgesetze wie das Bayerische sowie das Bundesintegrationsgesetz lehnen wir entschieden ab. Wir fordern ein Ende der Diskriminierung und der rassistischen Gesetze!
Beteiligt euch an der Demonstration gegen das bayerische Integrationsgesetz am 22.10.2016 in München!
Asylrechtsverschärfungen sind ein Angriff auf die lohnabhängige Klasse!
Auch die Verschärfung der sogenannten Sicherheits- und der Repressionsmaßnahmen richtet sich gegen uns alle. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung sollen unsere Rechte weiter eingeschränkt werden. Dagegen werden wir uns gemeinsam zur Wehr setzen!
Viel zu lange haben wir nur vereinzelt den gleichen Kampf geführt. Es ist jetzt der Zeitpunkt uns zusammenzuschließen und gemeinsam zu handeln. In Anbetracht der dramatischen Situation ist es unabdingbar, bestehende Strukturen und Aktivitäten zu vereinen, um dadurch die maximale Wirkung in der Öffentlichkeit zu entfalten. Das große Ziel ist das isolierte, vereinzelte und wenig Wirkungsmächtige zu überwinden und anstelle dessen geballt zum Ausdruck zu bringen was uns gemeinsam wütend macht.
Darum schließt euch unserer Kampagne an. Lasst uns am 29.Oktober in Nürnberg zusammenfinden und unsere Kämpfe, in einer bundesweiten Großdemonstration zum Hauptsitz des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, vereinen. Setzen wir den Startschuss für den bitter notwendigen und endlich gemeinsam geführten Kampf gegen Imperialismus und den Rechtsruck dieser Welt!
Beteiligt Euch! Werdet laut:
Während der dezentralen Aktionswoche „Fluchtursachen bekämpfen“ vom 3.10. bis zum 09.10.2016!
Beim bundesweiten Refugee Schulstreik!
Bei der Demonstration gegen das bayerische Integrationsgesetz am 22.Oktober 2016 in München!
Bei der bundesweiten Demonstration zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 29.Oktober in Nürnberg!
Es ist Zeit zu handeln!
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