Zahlen-Wirrwarr in Sachsen: Innenminister Markus Ulbig hatte vergangene Woche in seiner Halbjahresbilanz bekannt gegeben, dass in den ersten sechs Monaten dieses Jahres insgesamt 2.245 Ausreisepflichtige in ihre Heimatländer zurückgeschickt wurden. Die Statistik der Bundespolizei weist mit lediglich 1.265 Abschiebungen etwa 1.000 weniger aus.
Der Grund für die Diskrepanz liegt in unterschiedlichen Zählweisen: Eine Sprecherin der Bundespolizei sagte MDR SACHSEN, ihre Statistik weise nur Fälle auf, in denen die Bundespolizei die Ausreise überwacht habe. Das sächsische Innenministerium wiederum rechtfertigte seine höheren Zahlen damit, dass man sich strikt an die Rechtsgrundlage gehalten habe. Es beruft sich auf Paragraf 58 des Aufenthaltsgesetzes, der Abschiebungen und begleitete Ausreisen definiert und mit dem Titel "Abschiebungen" versehen ist. Sachsen zähle demnach auch alle die Fälle mit, in denen abgelehnte Asylbewerber zwangsweise aufgrund des Tätigwerdens durch die Ausländerbehörde ausreisen. Dann also, wenn ihnen beispielsweise ein Flugticket gebucht wurde. In diesen Fällen wird nach der Ausreise eine sogenannte Grenzübergangsbescheinigung ausgestellt und an die Behörden zurückgemeldet.
Für Sachsen ist eine "überwachte Ausreise" also Abschiebung. Die Bundespolizei sieht das anders: Eine solche Kategorie zu bilden "vermischt nach hiesiger Auffassung die übliche Unterscheidung zwischen Abschiebung und freiwilliger Ausreise". Dem widerspricht das sächsische Innenministerium, freiwillig sei diese Art der Ausreise ja nun eben nicht.
Keine Abweichungen der Zahlen in anderen Ländern
Dennoch scheinen die Sachsen mit ihrer Auslegung allein zu sein. "Abweichungen zu den Zahlen anderer Bundesländer bei den aktuellen Junizahlen sind derzeit nicht bekannt. Die Behörde stehe im regelmäßigen Austausch mit den Ländern, um etwaige Abweichungen zu den Zahlen rasch aufklären zu können.
Fazit: Einfach kann man die Zahlen der Bundesländer also nicht gegeneinander aufwiegen. Setzt man allerdings die Abschiebungszahlen der Bundespolizeistatistik ins Verhältnis zur Verteilungsquote der Asylbewerber auf die Bundesländer, kommt der Freistaat auf gut doppelt so viele zwangsweise Rückführungen wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, das für sich die meisten Abschiebungen in Anspruch nimmt.
Abschiebegewahrsam entsteht in Dresden
Um die Ausreisepflicht für abgelehnte Asylbewerber besser durchzusetzen zu können, wird in Dresden ein Abschiebegewahrsam eingerichtet. Nach Informationen von MDR SACHSEN soll es im Stadtteil Friedrichstadt im Areal des früheren Technischen Rathauses entstehen. Insgesamt sollen rund 30 Plätze eingerichtet werden. In der Einrichtung sollen abgelehnte Asylbewerber einquartiert werden, die sich ihrer Abschiebung entziehen wollen. Bislang werden Betroffene aus Sachsen in anderen Bundesländern untergebracht. Abgelehnte Asylbewerber, die sich der Ausreise entziehen wollen, können dort bis zu vier Tage einquartiert werden. Bislang werden Betroffene aus Sachsen in anderen Bundesländern untergebracht.
Vollzugsgesetz wird ausgearbeitet
Der Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Christian Hartmann, sagte, es sei richtig, dass Sachsen beim Thema Abschiebung konsequent ist. "Wir brauchen dafür den Gewahrsam, da immer wieder Ausreisepflichtige untertauchen.“
Während der Abschiebegewahrsam eingerichtet wird, müsse der Landtag aber noch den rechtlichen Rahmen abstimmen. Das dafür notwendige Vollzugsgesetz für den Ausreisegewahrsam werde derzeit von der Staatsregierung erarbeitet.