Senat soll umkämpftes Haus in Rigaer Straße kaufen

Erstveröffentlicht: 
24.07.2016

Die SPD will, dass die landeseigene Degewo das Haus an der Rigaer Straße kauft - für vier Millionen Euro. Die CDU ist empört.

 

Die SPD will offenbar erreichen, dass das Land Berlin über die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Degewo das Haus an der Rigaer Straße 94 in Friedrichshain kauft. Überlegungen zum Erwerb des von Anhängern der linken und linksmilitanten Szene bewohnten Hauses bestätigte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Sonntagabend indirekt. Im Senat sei dies bisher kein Thema gewesen. "Aber man sollte jede Möglichkeit der Deeskalation in Erwägung ziehen und auch ernsthaft prüfen, falls sie geeignet ist", so Müller. Die für die Degewo zuständigen Senatsverwaltungen für Finanzen und Stadtentwicklung wollten den Plan am Sonntag nicht kommentieren. Ein Sprecher der Degewo sagte, das Unternehmen habe noch kein Kaufangebot abgegeben.

Nach der versuchten Räumung durch den Hauseigentümer vor gut einem Monat und dem Urteil des Landgerichts, dass die Räumung und die anschließenden Bauarbeiten rechtswidrig waren, herrscht gespannte Ruhe rund um das umstrittene Haus. Doch dieser Zustand wird wohl nicht lange währen. Denn der Eigentümer könnte jederzeit einen Räumungstitel erwirken – und dann erneut räumen lassen. Heftige Krawalle wären dann zu erwarten.

Um diese Eskalation zu verhindern, will die SPD in die Offensive gehen. Vier Millionen Euro sollen für das Haus geboten werden, berichtete die "Bild am Sonntag". Eine Bestätigung der Summe gab es am Sonntag jedoch nicht. Dass der Plan existiert, wurde der Berliner Morgenpost am Sonntag aber sowohl von Senatskreisen als auch im Umfeld der Wohnungswirtschaft bestätigt.

Mit dem Koalitionspartner hat die SPD offensichtlich nicht gesprochen. Formal wäre das nicht nötig. Denn für die Degewo sind Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen zuständig. Beide sind Mitglied im Aufsichtsrat der Degewo – und beide in der SPD.

Mit der CDU wäre ein Kauf auch nicht zu machen. "Wenn es tatsächlich solche Bestrebungen geben sollte, sind sie umgehend zu stoppen", sagte CDU-Fraktionsvize Stefan Evers. Die Wohnungsgesellschaften sollten "rechtschaffenen" Mietern günstigen Wohnraum stellen. Dafür werde jeder Euro gebraucht.

"Es wäre ein ziemlicher Skandal, wenn die Degewo sich nun womöglich aufmacht, ein linksradikales Habitat mit öffentlichen Mitteln zu kultivieren", sagt Evers. Rechtsbruch und Gewalt dürften nicht belohnt werden. Geisel und Kollatz-Ahnen müssten für Aufklärung sorgen. Innensenator Frank Henkel, der zugleich CDU-Landesvorsitzender ist, äußerte sich zurückhaltender. Er frage sich, ob es für den Kauf genug Geld gebe, "wenn wir sonst um jede zusätzliche Stelle bei Polizei und Feuerwehr hart mit der SPD ringen müssen und Berlin beim Wohnungsneubau noch so viel nachzuholen hat".


"Die absolute Ausnahme"

Grüne und Piraten befürworten den Plan dagegen. "Wenn es dazu führt, dass wieder Ruhe in der Rigaer Straße einkehrt, ist es sinnvoller, als Abermillionen an Einsatzkosten für Polizei auszugeben", sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux. Der Kauf eines besetzten Hauses müsse aber "die absolute Ausnahme" bleiben. Der Innenexperte der Piraten-Fraktion, Christopher Lauer, hatte schon vor Wochen für einen Kauf durch eine nicht private Gesellschaft geworben. "Wenn das stimmt, dann befürworte ich das", sagte er. Skeptisch zeigte sich die Linke. Die Bewohner müssten mit einbezogen werden, sagte der Abgeordnete Hakan Tas.

Über den wahren Eigentümer des Hauses herrscht unterdessen weiterhin Unklarheit. Gerüchten aus dem Umfeld des Senats zufolge soll es einem russischen Investor mit eher zweifelhaftem Ruf gehören.