Nach dem Protest von Flüchtlingen in einer Asylunterkunft in Rossau verlangen die Linken in Sachsen eine bessere Unterbringung von Flüchtlingen. Massenunterkünfte seien keine geeignete Wohnform, sagte die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel. "Das Wohnen in den eigenen vier Wänden ist die Basis für ein echtes Ankommen und für ein Leben in Würde", so Nagel.
Hausverbot für Flüchtlingsrat
Der Sächsische Flüchtlingsrat hatte zuvor die Unterbringung von 70 Flüchtlingen in Rossau als menschenunwürdig kritisiert und sich damit ein Hausverbot von Landrat Matthias Damm eingehandelt. Nach Angaben des Flüchtlingsrates können die Bewohner dort weder ihre Lebensmittel kühlen, noch ihr Essen selbst zubereiten. Die große Mehrheit der Menschen schlafe auf Decken auf dem Hallenboden, weil nicht ausreichend Betten verfügbar seien. Zudem fehle es an abschließbaren Schränken für Wert- und Privatsachen. Die Sanitäranlagen seien in einem katastrophalen Zustand.
Nagel: Flüchtlinge kommen nicht zur Ruhe
Das Landratsamt Mittelsachsen hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Eine
Überprüfung vor Ort habe ergeben, dass die "Unterstellungen unbegründet"
seien, hieß es in einem Schreiben. Außerdem sei an die Mitarbeiter des
Landratsamtes keine Kritik herangetragen worden.
Die Reaktion aus
dem Landratsamt stieß wiederum bei den Linken auf Kritik. "Der
Flüchtlingsrat hat schlicht seinen Job gemacht, die Interessen von
Geflüchteten zu vertreten", sagte Nagel. Nach mehrmonatigem Aufenthalt
in oft unzulänglichen Erstaufnahmeeinrichtungen kämen die Betroffenen
wieder in eine Warteschleife und nicht zur Ruhe.
Flüchtlingsrat rechtfertigt Kritik
Der Flüchtlingsrat rechtfertigte später seine kritische Stellungnahme. "Der Verein versteht sich als Interessenvertretung für Geflüchtete gegenüber der Staatsregierung, beziehungsweise anderen Institutionen und Behörden. Die Durchsetzung und Wahrung von Menschenrechten ist dabei das primäre Anliegen", teilte das Gremium mit. "Wir betonen, dass wir lediglich als Sprachrohr der Stimme der Geflüchteten fungieren sofern diese an uns herantreten - wie im Falle des offenen Briefs der Bewohnerinnen in Rossau geschehen."
Selbst wenn eine Überprüfung der Unterkunft in Rossau stattgefunden haben sollte, sollten die Ergebnisse den Geflüchteten, wie der Öffentlichkeit, transparent dargelegt werden ohne sie von vornherein als 'haltlos' abzutun. Insbesondere gilt es, die Aufenthaltsdauer der Geflüchteten in der Unterkunft sowie die anschließende Unterbringung zu überprüfen.
Sächsischer Flüchtlingsrat
Den Vorwurf der Flüchtlinge, die Kinder würden nicht in die Schule geschickt, wies das Landratsamt auf Anfrage von MDR SACHSEN ebenfalls zurück. Nach der Unterbringung in dem Rossauer "Erstverteilzentrum", die maximal für vier Wochen angestrebt werde, würden die Kinder in DAZ-Klassen in Mittweida oder Hainichen lernen, teilte eine Sprecherin des Landratsamtes mit. Dies erfolge aber eben erst dann, wenn sie an ihrem "längerfristigen Aufenthaltsort" leben. In Rossau werde versucht, die "speziellen Bedürfnisse der Asylbewerber nach einer Unterbringung innerhalb oder außerhalb des Landkreises zu berücksichtigen."
Angestrebt wird eine Zuweisung von geeignetem Wohnraum innerhalb von vier Wochen. Diese werden weitestgehend eingehalten. In manchen Fällen kann es aus unterschiedlichen Gründen länger als vier Wochen dauern, zum Beispiel weil versucht wird, die speziellen Bedürfnisse der Asylbewerber nach einer Unterbringung innerhalb oder außerhalb des Landkreises zu berücksichtigen.
Lisa-Maria Schöne Pressereferentin Landkreis Mittelsachsen
Dass der Landkreis Mittelsachsen überhaupt ein solches Verteilzentrum wie das in Rossau betreibt – in dem laut Flüchtlingsrat vorrangig Menschen mit bereits anerkanntem Asylstatus leben - war offenbar auch dem Integrationsministerium neu. "Wir haben auch gestutzt", sagte eine Sprecherin im Gespräch mit MDR SACHSEN. "Das hat der Landkreis wohl für sich selbst entscheiden." Doch auch dort müssten, wie in dem Erstaufnahmeeinrichtungen und anderen Flüchtlingsunterkünften, Mindeststandards eingehalten werden. Eine Anfrage, warum der Landkreis Mittelsachsen überhaupt ein solches Verteilzentrum eingerichtet hat, blieb bislang unbeantwortet.
Deutschkurse für Flüchtlinge Nach Angaben des sächsischen Integrationsministeriums haben derzeit Asylbewerber aus dem Iran, aus Irak, Syrien und Eritrea Anspruch auf Deutschunterricht nach dem BAMF-Integrationsprogramm. Sachsen wolle zudem im August ein zusätzliches Sprachprogramm für diejenigen Flüchtlinge starten, die zwar nicht aus diesen Ländern stammen, aber eine gute Bleibeperspektive haben, teilte eine Sprecherin auf Anfrage von MDR SACHSEN mit.