Ein CDU-Politiker auf der Suche nach Chemtrail-Giften

Erstveröffentlicht: 
09.07.2016

Martin Bäumer erhält von besorgten Bürgern oft Anfragen zu Chemtrails, angeblich schädlichen Chemiewolken. Der CDU-Abgeordnete stößt aber bei Nachfragen in Niedersachsens Politik auf Widerstand.

 

Woraus bestehen die Kondensstreifen am Himmel? Verschwörungstheoretiker gehen davon aus, dass es sich dabei in Wahrheit um gesundheitsgefährdende Chemiewolken handelt, auch Chemtrails genannt. Diese sollen etwa Auswirkungen auf das Klima und die Fruchtbarkeit haben. Der umweltpolitische Sprecher der CDU im Niedersächsischen Landtag will der Behauptung nachgehen. Immer wieder seien Anfragen zu dem Thema auf seinem Schreibtisch gelandet. Daher fordert er eine belastbare Datenbasis. Doch seine Bemühungen stoßen auf Widerstand.

 

Seinen ersten Versuch startete Martin Bäumer, der auch Abgeordneter des Wahlkreises Georgsmarienhütte ist, im September 2015. In einer Kleinen Anfrage forderte er von der Landesregierung Antworten – zu der Theorie und den Vorkommnissen der Schwermetalle Aluminium, Barium und Strontium in der Luft und am Boden. Anhänger der Chemtrail-Theorie glauben, dass die Regierung den Ausstoß derartiger Chemikalien durch Flugzeuge beeinflusst. So könne das Wetter kontrolliert und etwa für militärische Zwecke genutzt werden. "Gibt es Chemtrails, und kann man die behaupteten Inhaltsstoffe in Niedersachsen nachweisen?", lautete seine Frage.

 

Eine Untersuchung stößt er damit jedoch nicht an. Das zuständige Ministerium verweist ihn auf Untersuchungen des Bundesamtes. Doch der Abgeordnete, der sich nicht zu den Anhängern zählt, sondern sich der Aufklärung verpflichtet fühlt, lässt nicht locker. In der Antwort habe gestanden, dass "eigene Erkenntnisse der Konzentrationen an Aluminium, Barium und Strontium an den Messpunkten in Niedersachsen nur durch zusätzliche Auswertungen gewonnen werden" könnten. 

 

Haar-Mineral-Analyse und Regenwasser als Hinweise


So stellte der 48-jährige Politiker im Frühjahr eine weitere Anfrage. Das Umweltministerium habe sich in der Vergangenheit mit "Geo-Engineering", dem Eingreifen in das Erdklima, beschäftigt. Welche Auswirkungen von "Geo-Engineering" es in Niedersachsen gebe. Viele Bürger seien besorgt. Als Beleg nennt Bäumer die Website der Bürgerinitiative "Sauberer Himmel".

 

In seiner Anfrage erwähnt Bäumer ein US-Patent, in dem es um die "Ausbringung von sonnenabschattenden Treibstoffen durch zivile Fluggesellschaften zur Reduzierung der Intensität der solaren Strahlung" gehe. In seiner Vorbemerkung legt er weitere Informationen und angeblichen Beweise offen, die zu Verunsicherung der Bevölkerung führten, darunter die toxischen Mineralstoffwerte einer Haar-Mineral-Analyse eines Bürgers aus Niedersachsen, die 2011 noch im Normbereich gelegen, 2016 jedoch erhöhte Werte aufgewiesen hätten. Auch das Regenwasser der Region sei 20 Mal höher mit Aluminium belastet als das Trinkwasser – und das, obwohl Aluminium in der Atmosphäre nicht vorkomme. 

 

CDU-Politiker mit Aluhut habe Langeweile nicht im Griff

 

Doch auch dieses Mal hat Bäumer keinen Erfolg. Zwar erklärt die Landesregierung, welche Maßnahmen unter den Begriff des Geo-Engineerings fallen – nämlich Technologien, um die Kohlendioxidkonzentration in der Luft zu senken und die kurzwellige Sonnenstrahlung zu regulieren. Die Messung der Konzentrationen an Aluminium, Barium und Strontium sei jedoch "rechtlich nicht vorgeschrieben und unterbleibt daher auch nicht nur aus Kostengründen", schreibt das Ministerium. Zudem legt es eine Kostenabschätzung für eine mögliche Messung vor, die mehr als 50.000 Euro beträgt.

 

Im Niedersächsischen Landtag erntet Bäumer für seine Bemühungen vor allem Spott. "Für mich als wissenschaftlich ausgebildeten Diplom-Chemiker ist es ein absoluter Fremdschämfaktor, diesen ahnungslosen Kollegen über esoterische Verschwörungstheorien reden zu hören", sagte SPD-Politiker Alexander Saipa der "Neuen Osnabrücker Zeitung" ("NOZ"). "So jemand sollte nicht in der ernst zu nehmenden Politik Ämter bekleiden und schon gar nicht für umweltpolitische Themen sprechen", sagte er weiter.

 

"Das Land Niedersachsen muss und wird kein zusätzliches Steuergeld der niedersächsischen Steuerzahler für unsinnige Expertisen ausgeben, nur weil ein CDU-Abgeordneter mit Aluhut seine Langeweile nicht im Griff hat", wettert er in Richtung Bäumer. Dieser solle sein Amt als umweltpolitischer Sprecher "wegen absoluter Ahnungslosigkeit" niederlegen. Die CDU-Fraktion machte gegenüber dem NDR deutlich, Bäumer habe in seiner Funktion als Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Georgsmarienhütte gehandelt und nicht als umweltpolitischer Sprecher.

 

Bäumer sieht die Reaktionen auf seine Anfragen kritisch. "Dass sich die Landesregierung nun weigert, entsprechende Untersuchungen anzustellen, sorgt doch nur für weitere Spekulationen und erweckt den Eindruck, man habe etwas zu verbergen", sage er der "NOZ". Nur mit einer Untersuchung lasse sich das Thema ein für alle Mal aus der Welt schaffen.