In Berlin brennen wieder die Autos - aber nicht nur dort. Auch in der Provinz häufen sich die Brandanschläge. Oft legen Linksextreme Feuer. Aber es gibt auch eine ganz andere Gruppe unter den Tätern.
Es war keine Luxuskarosserie, die in Berlin-Rudow niederbrannte, es war der VW Caddy von Peter Scharmberg. Im Dezember 2014 war schon einmal ein Auto des SPD-Bezirkspolitikers angezündet worden. Vermutlich von Rechtsextremisten, weil Scharmberg sich für Flüchtlinge eingesetzt hatte. Die Täter hatten Grillanzünder auf den Reifen gelegt. Auch dieses Mal verwendeten die Zündler wieder Brandbeschleuniger. Und wieder flüchteten sie unerkannt.
In Berlin wurden in diesem Jahr nach offiziellen Angaben bislang 87 Fahrzeuge das Ziel politisch motivierter Brandanschläge – für das Wochenende liegen noch keine offiziellen Zahlen vor. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 45 Wagen angezündet. Und 2014 wurden 242 Brände gelegt und insgesamt 408 Pkws zerstört – 53 Fälle gelten als politisch motiviert.
Außerhalb Berlins blickt man mit Erschrecken auf die brennenden Wagen der Hauptstadt. Doch rechtsfreie Räume gibt es nicht nur an der Spree. Auch in Leipzig, Güstrow, Neuss oder in so entlegenen Orten wie Brüggen bei Viersen brennen Autos. Vor zwei Wochen brannten in Tübingen ein BMW X3 und drei Mercedes-Benz.
Die Polizei vermutet die Zündler in Kreisen der Linksautonomen. Ein Bekennertext im Internet ließe die Schlussfolgerung zu, dass die Brandstiftungen "Teil einer bundesweiten politisch motivierten Protestaktion" seien, heißt es. Im einschlägig bekannten linksgerichteten Internetportal "Indymedia" findet sich der Eintrag, der mit Grüßen aus Tübingen "Solidarität mit der Rigaer 94!" fordert.
Brandanschläge auch in Dresden und Leipzig
Nach einem Großeinsatz der Polizei gegen die Hausbesetzerszene in der Berliner Rigaer Straße hatte die linksradikale Szene seit Juni deutschlandweit zu Zerstörungsaktionen aufgerufen. An diesem Wochenende wurden in Berlin mehr als 100 Polizisten verletzt, mehrere Autos und Bagger wurden angezündet.
Auch in Dresden riefen zwei angezündete Autos im Juni den Staatsschutz auf den Plan. Nach Angaben der Behörden deutet einiges auf linksextreme Täter hin. In einem Bekennerschreiben heißt es, Thyssenkrupp sei Deutschlands größtes Rüstungsunternehmen und schlage "aus Not, Elend und Vertreibung Profit". Weiter heißt es: "Wir hoffen, dass die Rauchsäule bis Berlin zu sehen war und beteiligen uns an der angekündigten 1 Million Sachschaden für die Angriffe auf unsere Räume."
Es wäre nicht der erste politisch motivierte Brandanschlag in Dresden. Seit Oktober wurden mehrmals die Pkw von Pegida-Demonstranten angezündet. Bereits bis Ende Juni wurden in der sächsischen Landeshauptstadt mehr Autos angezündet als im gesamten vergangenen Jahr. 2015 wurden 17 Autos in Brand gesetzt, nun sind es schon 18 nach einem halben Jahr.
Und auch in Leipzig brannten im Juni aus "Solidarität mit Berlin" sieben Firmenwagen eines Immobilienunternehmens, das in Dresden und Berlin baut. In Hamburg gilt jede fünfte Tat als politisch motiviert. Doch nicht in jeder Großstadt hat das Phänomen derartige Ausmaße. In Frankfurt/Main beispielsweise gebe es keine Probleme mit Autozündlern, erklärt ein Polizeisprecher.
Zu Linksautonomen kommen Pyromanen und Trittbrettfahrer
Auch ist nicht jeder Zündler ein Linksautonomer. Es sind auch Pyromanen, Trittbrettfahrer oder anders Fehlgeleitete, die Autos abbrennen. Zum Beispiel Marcel G.: Der Mann war im Februar bei einer Bärgida-Veranstaltung aufgetreten – das ist der Berliner Ableger von Pegida – und bezeichnet sich selbst als Aussteiger aus der linken Szene.
Berliner Zivilfahnder fassten ihn in der Nacht zu Mittwoch, als er sich an drei Wagen zu schaffen machte. Den Behörden war er als Brandstifter einschlägig bekannt: 2012 war G. von der Polizei in Hamburg verhaftet worden, als er einen Müllcontainer anzündete. Für wie viele Brandanschläge er verantwortlich ist, weiß man noch nicht.
Mancher Feuerfanatiker bringt es auf einen erstaunlichen Gesamtschaden in kurzer Zeit: Schon 2011 gab es in Berlin einen Mann, der innerhalb weniger Monate mehr als 100 Autos angezündet hatte. Damals brannte in der Hauptstadt fast täglich ein Wagen, die Soko "Feuerschein" stellte den Täter schließlich mithilfe einer Hundertschaft.