Wie hat sich die Unterbringung Tausender Geflüchteter auf die Kriminalität vor Ort ausgewirkt? Ein Blick in die Statistik der Polizei.
Die Lage: Trotz wiederholt gestiegener Einwohnerzahl hat sich die Anzahl der im Stadtgebiet bekannt gewordenen Delikte allgemeiner Kriminalität seit 2012 praktisch nicht verändert. Sie lag im vergangenen Jahr erneut bei knapp 23.000. Die sichersten Gegenden sind am Stadtrand zu finden. Sicherster städtisch geprägter Stadtteil ist das Yorckgebiet.
Auffällige Stadtteile: Am stärksten mit Kriminalität zu kämpfen hat das Stadtzentrum, auf das im vergangenen Jahr gut ein Viertel aller Straftaten entfiel. Insgesamt wurden dort mehr als 6000Delikte angezeigt - ein Plus von rund 40Prozent innerhalb von fünf Jahren. Eine vergleichsweise hohe Kriminalitätsbelastung ist mit im Schnitt knapp vier bis reichlich fünf Straftaten am Tag zudem in den innenstadtnahen Stadtteilen Sonnenberg, Hilbersdorf, Schloßchemnitz und Kaßberg festzustellen. Die Anzahl der 2015 angezeigten Delikte lag dort allerdings jeweils unter der von 2014. Röhrsdorf und Stelzendorf weisen erneut untypisch hohe Werte für Stadtrandlagen auf - ein Resultat der großen Einkaufszentren dort.
Gewinner und Verlierer: Gleich fünf Stadtteile hatten im vergangenen Jahr so wenige Straftaten wie noch nie seit 2008 zu verzeichnen: Erfenschlag, Kleinolbersdorf-Altenhain, Siegmar, Wittgensdorf und das Yorckgebiet. Den mit knapp 80 Prozent höchsten Anstieg an Delikten innerhalb eines Jahres gab es 2015 in Einsiedel, gleichwohl der Ort nach wie vor zu den sichersten Stadtteilen zählt. Ein deutliches Plus war mit jeweils rund 40Prozent auch in Borna-Heinersdorf und Morgenleite zu verzeichnen. Während in Morgenleite knapp ein Drittel des Anstiegs aus Ladendiebstählen resultiert, schlägt sich in Borna-Heinersdorf ein größerer Anlagebetrug mit allein fast 40Fällen in der Statistik nieder. In Reichenhain hingegen hat sich die Anzahl der Delikte innerhalb eines Jahres nahezu halbiert. Einen ähnlichen Rückgang gab es nirgendwo sonst in der Stadt.
Asylbewerber und Flüchtlinge: In mehreren Stadtteilen waren wegen des Zustroms von Asylbewerbern und Geflüchteten im Laufe des Jahres 2015 neue Gemeinschaftsunterkünfte eingerichtet worden. Andere wurden ausgebaut oder komplett ausgelastet. Auf das Straftatenaufkommen vor Ort hat sich dies entgegen verbreiteter Befürchtungen laut Polizeistatistik kaum ausgewirkt. Außer Altendorf verzeichneten alle betroffenen Stadtteile 2015 Rückgänge bei Straftaten zwischen anderthalb und zehn Prozent, Ebersdorf bei der allgemeinen Kriminalität sogar von 21Prozent. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl waren in Furth und Kappel allerdings noch immer vergleichsweise viele Straftaten zu verzeichnen, auch Ebersdorf liegt über dem Niveau vergleichbarer Stadtrandlagen. Allerdings schlagen sich in den Zahlen jeweils auch jene Straftaten nieder, die in den jeweiligen Asylbewerberheimen begangen werden, aber zumeist keine unmittelbare Auswirkung auf die Sicherheit der Anwohner haben.
Ausländerspezifische Delikte: Zur allgemeinen Kriminalität (Ausländeranteil unter den Tatverdächtigen: 26,8 Prozent) kommen in der Statistik rund 4600 ausländerrechtliche Delikte hinzu. Dabei geht es um Verstöße gegen das Asylrecht, gegen Aufenthaltsbeschränkungen, aber auch um illegale Einreise und illegalen Aufenthalt im Land. Straftaten, derer sich Deutsche kaum schuldig machen können und die sich nicht unmittelbar auf die Sicherheit in der Stadt auswirken. In Chemnitz, und hier fast ausschließlich in Ebersdorf, dem Standort der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Sachsen, werden derlei Delikte noch immer um ein Vielfaches häufiger aktenkundig als in anderen Großstädten oder Landkreisen. Gleichwohl die allermeisten dieser Verfahren nach kurzer Zeit wegen Geringfügigkeit eingestellt werden, geht ihre Anzahl mittlerweile in die Tausende. Ihr Anteil am gesamten Straftatenaufkommen in Chemnitz ist seit dem Jahr 2008 von drei auf fast 17 Prozent gestiegen. Um die Statistiken trotz der daraus resultierenden Verzerrungen vergleichbar zu halten, weist die Polizei für Chemnitz sowohl die Anzahl der Straftaten als auch die Aufklärungsquote (64,6 bzw. 59,7 Prozent) doppelt aus: einmal mit und einmal ohne ausländerrechtliche Delikte.