Leserbrief: "Das ist nicht nur unseriös, sondern ekelhaft"

Erstveröffentlicht: 
20.06.2016

Zur Berichterstattung über einen Bürgerinformationsabend der Stadt über ein geplantes Flüchtlingswohnheim im Stadtteil Landwasser (BZ vom 3. und 4. Juni).

 

Kann man als Klient einem Anwalt [gemeint ist ein Rechtsanwalt aus Teningen, der AfD-Mitglied ist und bei der Bürgerinfo anwesend war, die Red.] überhaupt noch Vertrauen entgegenbringen, der seinen Beruf mit dem des hetzerischen und rassistischen Aufwieglers verwechselt?

Bei der Informationsveranstaltung über das Flüchtlingswohnheim in Landwasser sorgte die AfD durch rassistische und hetzerische Redebeiträge für Tumult. Bereits im Vorfeld der Veranstaltung hatte die Partei einen Flyer in Umlauf gebracht und gezielt Stimmung gegen "Wirtschaftsflüchtlinge" und "Zigeuner" verbreitet. So steht das Wort "Zigeuner" für puren Rassismus und für die Ermordung von vielen Zehntausenden Sinti und Roma durch die Nazis. Wer das Wort "Zigeuner" in solch einem Zusammenhang wie die AfD benutzt, schürt damit Hass und beleidigt die NS-Opfer des Genozid an Sinti und Roma.

Diese Partei zeigt ihr wahres Wesen nun. Ganz besonders trat ein seriös wirkender Rechtsanwalt in Erscheinung. Er sagte aus seiner "Perspektive" als Anwalt über Flüchtlinge, dass es "sehr kritisch zu betrachtende Menschen" seien. "Ich habe auch viele in Asylverfahren begleitet (…) Ich habe noch nie jemanden in diesen Jahren getroffen, der tatsächlich die Gründe, die er im Asylverfahren vorgegeben hat, auch erlebt hat." Viele Menschen seien keine "Flüchtlinge", sondern "Glücksritter", "die nutzen ein Sozialsystem aus". Am Ende seiner Hasstirade wiegelt er in Form einer Frage auf: "Warum lassen Sie sich das gefallen, was passiert? Warum lassen Sie sich gefallen, dass sich Freiburg in eine ganz andere Stadt verwandelt, als ich sie kennengelernt habe? Wollen sie es wirklich ohne eine Obergrenze? Wann fangen Sie an, auf die Barrikaden zu gehen, aufzustehen und zu sagen, jetzt reicht es…".

Darf ein Anwalt so über seine Klienten sprechen? Bricht er damit nicht seine Schweigepflicht? Darf er zum Boykott gegen ein Flüchtlingsheim aufrufen? Und darf er im selben Atemzug gegen Flüchtlinge hetzen und sie als Sozialbetrüger, Räuber und Straftäter, die Frauen und Männer attackieren, hetzen? Em Ende wirft er der Stadt auch noch Verfassungsbruch vor. Das ist nicht nur unseriös, sondern ekelhaft.

Christoph Schwarz, Freiburg