Im Rahmen der Kampagne >>Nationalismus ist keine Alternative<< haben wir in der Nacht auf den 27.06.2016 den Eingang des saarländischen Innenministerium symbolisch mit Stacheldraht abgesperrt. Hieran wurde ein Transparent mit der Aufschrift <<Eure Abschottung ist Mord / Grenzen auf für alle<< befestigt. Zudem gab es am ganzen Wochenende Transpiaktionen im Saarland, wie z.B. am Saarbrücker Schloß!
Die mörderische Realität der Abschottungspolitik an den europäischen Außengrenzen wird maßgeblich von Deutschland mitgestaltet und kostet jährlich mehrere tausend Menschen das Leben. Bilder von sinkenden Booten im Mittelmeer sind Alltag und verkommen zur Randnotiz. Das Menschen auf der Flucht sterben müssen wirkt dabei wie ein Naturgesetz.
Der standortorientierte Nützlichkeitsrassismus, der die hierher kommenden Menschen nach ihrer Profitabilität für die Volkswirtschaft selektiert, ist in weiten Teilen der Bevölkerung Konsens. Da Bilder von toten und gequälten Flüchtlingen jedoch für die meisten doch zu unangenehm wirken, wird versucht den Schein der Menschlichkeit zu wahren, und die <<hässlichen Bilder >>von toten Geflüchteten auszulagern.
Anstatt für sichere Fluchtwege zu sorgen, wird die europäische Abschottung mit allen Mitteln vorangetrieben. Hierfür wurde z.b. das Abkommen mit der, von dem Despoten Erdogan und seiner AKP geführten, Türkei abgeschlossen. Diese führt aktuell einen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und treibt im eigenen Land eine autoritäre, zunehmend islamistische Politik voran. Ähnliche Abkommen mit Libyen und anderen afrikanischen Staaten stehen bereits in den Startlöchern. Diese sollen Migrationsbewegungen bereits vor den Außengrenzen Europas stoppen.
Das Ergebnis ist ein Rückgang der zu uns flüchtenden Menschen, und dies ganz ohne unschöne Bilder an den deutschen Grenzen.
Hier wird derweil von CDU über SPD bis hin zu den Grünen an einer weiteren Verschärfung des Asylrechts durch die Ausweitung der sogenannten <<sicheren Herkunftsstaaten>> gearbeitet.
Der Innenminister De Maiziere wünscht sich mehr Verständnis für das <<harte Geschäft der Abschiebung>>. <<Ein Problem sei, dass abstrakt alle für Abschiebungen seien. Im konkreten Fall sehe das dann aber anders aus. Dann sei der Protest groß.>> Das freut uns und macht Hoffnung das sich viele Menschen solidarisch gegen Abschiebungen zur Wehr setzen.
Die InnenministerInnen der Länder beraten aktuell darüber wie die Zahl der <<Rückführungen und freiwilligen Ausreisen>> gesteigert werden könne. <<Am besten freiwillig. Aber wenn das nicht geht eben auch mit Zwang.>>.
Im Saarland, unter Federführung des hiesigen Innenministers Klaus Bouillon, wird bereits tatkräftig bewiesen wie dies in der Praxis auszusehen hat.
Hier werden vermehrt Geflüchtete in Nacht und Nebel Aktionen abgeschoben, obwohl sich die Härtefallkomission noch gar nicht mit ihnen befasst hat.
Wie diese konkret ablaufen, ist in einem Bericht der Politikerin Birgit Huonker beschrieben, der hier im Anschluss dokumentiert wird.
Wir wollen nicht weiter zusehen, wie Menschen ertrinken oder in sogenannte sichere Herkunftsländer abgeschoben werden, wo ihnen erneute Zumutungen drohen. Wer hier mitmacht, oder auch nur zusieht macht sich mitschuldig.
Gegen
die Festung Europa und ihre Fans!
Eure Abschottung ist Mord!
Gestern Nacht gab es in Riegelsberg eine brutale Abschiebung einer syrischen Frau mit ihren zwei Kindern: 12 und 14 Jahre alt. Wer bisher nur das platte Wort "Abschiebung" gehört hat und sich darunter nichts vorstellen kann, hier mal eine komplette Beschreibung dieses in meinen Augen unmenschlichen Vorgehens. Und für alle AfD-Fans: Ihr seid dafür auch verantwortlich!
Buthaina Mhana (40) reiste mit ihren 2 Kindern aus Syrien über Ägypten und Spanien ins Saarland ein. Ihre Eltern und ihre Geschwister (beide Apotheker) wohnen bereits in Riegelsberg. Buthaina wollte nicht mit ihren Kindern übers Meer, was ich als sehr verantwortlich erachte. Sie versuchte, in die deutsche Botschaft in Kairo zu gelangen - vergeblich. Sie kam nicht mal auf das Gelände. So probierte sie es ebenfalls verzweifelt bei der französischen Botschaft mit dem gleichen Resultat. Nur die spanische Botschaft öffnete ihr die Tür und nahm ihre Fingerabdrücke. Damit fiel sie unter die Dublin-II-Regelung, die besagt, dass Flüchtlinge in dem EU-Land bleiben müssen, welches sie als erstes betreten. Die spanische Botschaft ist spanisches Hoheitsgebiet. Dabei wollte sie als Alleinerziehende Mutter zu ihrer Familie nach Riegelsberg.
Im September 2015 gelangte sie endlich ins Saarland und wurde Anfang Oktober gleich nach Riegelsberg überstellt, denn da wohnen ja ihre Verwandten. Sie bezog eine kleine Wohnung in der ersten Etage eines Hauses, die Eigentümer sind ein älteres Ehepaar, 75 und 76 Jahre, die ihre obere Wohnung vermieteten.
Die Kinder Aya und Fouad besuchten sofort die Heusweiler Schule. Beide Kinder lernten schnell deutsch, Aya wurde aufgrund ihrer exzellenten englisch-Kenntnisse gern als Dolmetscherin in der Schule eingesetzt. Sie sang im Schulchor und lernte auch wie ihr Bruder schnell deutsch.
Im Februar erhielt Buthaina die Ablehnung als Flüchtling in Deutschland und einen Abschiebe-Bescheid. Sie sollte Deutschland freiwillig verlassen. In ihrer Verzweiflung wandte sie sich an die Härtefallkommission. Die versicherten mir, dass sie nicht abgeschoben werde, solange ihre Verfahren bei der Härtefallkommission liegt. Ich schrieb auch und bat um Hilfe. Soweit die Theorie.
Vor zwei Wochen hat wohl Thoma de Maiziere (CDU) den Ländern die Anweisung erteilt, verstärkt abzuschieben. Dies wird derzeit vollzogen. Ich gehe davon aus, dass die Zahl der Kirchenasyl-Fälle in Kürze ansteigen wird.
Die gestrige Nacht wurde mir von zwei Seiten geschildert. Zunächst von der Patin, die sich um Buthaina kümmerte. Sie sei gegen 2.30 Uhr von Buthaina angerufen worden und sie sei sofort zu ihr gefahren. Dort standen 3 Polizeiautos und ein weißer Bus vor dem Haus, die 5 Polizisten hätten alle zur Eile angetrieben. Die Kinder weinten, Buthaina weinte. Ein Arzt war auch dabei. Die Patin schilderte mir unter Tränen, Buthaina und ihre Kinder seien "wie Schwerverbrecher" behandelt worden," es fehlte völlig die Menschlichkeit". Buthaina wollte sich von ihrer Mutter verabschieden, da seien die Polizisten dazwischen gegangen und haben zur Eile angetrieben. Jeder durfte einen 20kg-Koffer packen, es war jedoch so eilig, dass Foads Koffer stehen blieb....Er hat von dem wenigen nun gar nichts mitnehmen können...
Als ich Buthaina um 7.30 Uhr anrief, saß sie schon im Flugzeug nach Madrid in Frankfurt und ich konnte noch die Flugzeug-Durchsage hören. Das waren die letzten Worte, die ich mit ihr sprechen konnte.
Als ich abends das ältere Vermieter-Ehepaar besuchte, stand ihnen der Schock noch im Gesicht. Der 76jährige Mann weinte nur noch. Nun deren Schilderung: Nachts klingelte es Sturm, der Mann ging an die Haustür und öffnete einen Spalt, weil er ja nicht wußte, wer um die Zeit so stürmisch klingelt. Seine Frau schaute aus dem Fenster und sah die vielen Autos vor ihrem Haus und wie die Polizisten ums Haus gingen. Eine Polizistin hatte eine Taschenlampe dabei. An der Haustür wurde ihm ein Papier unter die Nase gehalten und er wurde gefragt, ob Frau Mhana hier wohnen würde. Als er bejahte und fragte, was denn sei, erhielt er zur Antwort, das ginge ihn nichts an. Er fragte nach dem Namen des Beamten. "Polizei". Als er nochmal fragte, wie der Polizist denn heißen würde, erhielt er die gleiche Antwort: "Polizei." Der Beamte sagte ihm NICHT seinen Namen. Sie drückten ihn beiseite und stürmten die Treppe hoch. Schnell klingelte der Vermieter an Buthains Klingel, damit sie sich wenigstens etwas anziehen könnte. Ein Mann in Zivil blieb auf der Treppe stehen und gab sich als Arzt aus Schmelz zu erkennen. Der Vermieter erfuhr von ihm, dass es sich um eine Abschiebung handele. Kurze Zeit später sei die Patin gekommen und auch die Mutter von Buthaina. Dann hörte er viel Weinen und immer wieder die harten Stimmen der Polizisten. Während er mir das erzählte, liefen ihm dauernd die Tränen runter. Es sei furchtbar gewesen. "Sie waren wie meine Enkel." Aya habe so sehr geweint, Fouad sei regungslos gewesen. Als die ganze Aktion vorbei war, hätten sie den Koffer von Fouad gefunden. Er stand im Flur. Der 76jährige Vermieter fragte mich, ob ich den Zustand der Wohnung mal sehen wollte. Ich konnte nicht. Die Schulsachen, der gespendete alte PC, ihre Küchenutensilien - alles sei zurückgeblieben.
Die Vermieter wollen die Wohnung so belassen, bis die drei wieder zurückkehren. Sie wollen sie zurückhaben. "Es waren gute Menschen, wie unsere Kinder."
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Der Schulleiter von Fouad und Aya war gestern fassungslos, als er es hörte.
Er sagte mir heute am Telefon, dass jetzt viele Kinder zutiefst verunsichert sind, denn sie seien über Handy natürlich gut vernetzt. Sie haben Angst. Heute Abend habe ich erfahren, dass sie eine Demo machen wollen.**********
Das ist der brutale Irrsinn von Dublin II-Gesetzen. Mütter und ihre Kinder werden dafür "bestraft", wenn sie sich nicht in Gefahr bringen wollen, und nicht übers Meer fliehen. Fast überall in Deutschland gibt es Einzelfall-Entscheidungen, nur nicht in diesen Fällen. Da gibt es irgendwelche Personen, die an ihren Schreibtischen sitzen und über Schicksale entscheiden. Dass vom Krieg traumatisierte Kinder nochmal in Deutschland durch derlei unmenschliche Aktionen traumatisiert werden, ist himmelschreiend!!!!!!!
Ich verstehe sehr gut, dass wir internationale Solidarität in der Flüchtlingsfrage verlangen und wenn wir sie aus Spanien erhalten (Spanien hat einer Überstellung zugestimmt), wir sie auch annehmen sollten.
ABER: wenn deutsche Behörden von September bis Februar brauchen, um eine Entscheidung zu treffen, sich in dieser Zeit die Leute längt auf dem Weg der Integration befinden / bzw. bemühen und die Kinder bereits deutsch sprechen, warum noch diese Unmenschlichkeit?
Und damit ist es nicht genug. Menschen, die abgeschoben werden, dürfen 3 Jahre lang Deutschland nicht mehr betreten. Menschen, die freiwillig Deutschland verlassen, erhalten "nur" eine 1-jährige Wiedereinreise-Sperre. Das bedeutet vorerst für die Kinder: Sie sehen ihre Oma und ihren Opa 3 Jahre lang nicht mehr. Hoffen wir, dass sie bis dahin nicht sterben.
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Zum Schluss und diese Worte wähle ich sehr bewusst: Diese mir geschilderte Abschiebepraxis erinnert mich an Gestapo-Methoden, als man Juden transportiert hat. Nur der Endpunkt ist ein anderer.