Jörg Meuthen und der Fall Gedeon Antisemitismus wird für die AfD zum Problem

Erstveröffentlicht: 
10.06.2016

Frauke Petry strahlte um die Wette mit Heinz-Christian Strache. Es herrschte schönstes Wetter am Freitag auf der Zugspitze – und so lieferte ihr „Gipfeltreffen“ mit dem Chef der österreichischen FPÖ genau das, was die AfD-Vorsitzende mit ihrer PR-Aktion beabsichtigt hatte: Bilder für die Medien, die zeigen sollen, wie Petry sich im Erfolg der österreichischen Rechtspopulisten sonnt.

 

In Berlin, im AfD-Bundesvorstand, gilt Petry hingegen als weitgehend isoliert. Just am Freitag berichtete die „Bild“ über ein Papier aus dem Vorstand, in dem es heißt, nicht abgestimmte „Einzelaktionen, die Eigenprofilierung Einzelner zu Lasten des Bundesvorstandes und mangelnde Koordination und Information“ müssten „unterbunden und abgestellt“ werden. Verfasser des Schreibens sind die Vorstandsmitglieder Georg Pazderski und Alice Weidel, Adressatin ist die Parteichefin.

 

Dennoch hatte Petry am Freitag noch einen zweiten Grund zum Strahlen. Das hat mit ihrem Ko-Vorsitzenden Jörg Meuthen zu tun. Auch das Verhältnis zu ihm gilt als zerrüttet. Der 54-Jährige hatte nach der für die AfD erfolgreichen Wahl in Baden-Württemberg einen Höhenflug erlebt, zum Verdruss Petrys. Der VWL-Professor und der mächtige ultrarechte Parteiflügel um den Thüringer Fraktionschef Björn Höcke hofierten sich daraufhin gegenseitig, zuletzt am vergangenen Wochenende vor der Kulisse des dortigen Kyffhäuserdenkmals.

 

Für den Ausschluss Gedeons braucht Jörg Meuthen eine Zwei-Drittel-Mehrheit

 

Doch Meuthen steckt in seiner Rolle als baden-württembergischer Fraktionschef in ernsthaften Schwierigkeiten. Dabei geht es um den Ausschluss des AfD-Abgeordneten Wolfgang Gedeon wegen antisemitischer Schriften aus der Fraktion. Meuthen hatte diesen angestrengt, nachdem über Gedeons Bücher berichtet worden war, die in der AfD allerdings schon lange bekannt waren.

 

Meuthen erreichte am Dienstag zwar, dass eine Mehrheit in seiner Fraktion für einen Ausschluss stimmte. Vollzogen wird dieser aber nur, wenn sich in einer weiteren Sitzung am 21. Juni dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit findet. Und daran hapert es offenbar. Jedenfalls griff Meuthen am Donnerstagabend zu einem drastischen Mittel, indem er mit Rücktritt drohte. Er dulde keinen Antisemitismus, erklärte Meuthen. „Wenn meine Fraktion mir hier nicht folgt, muss und werde ich den Fraktionsvorsitz niederlegen und die Fraktion verlassen.“ Er sei jedoch zuversichtlich, dass dies nicht nötig sei.

 

Am Dienstag hatte bereits der Bundesvorstand einstimmig einen Parteiausschluss Gedeons gefordert. In AfD-Kreisen heißt es, Petry versuche dennoch aus der Situation Kapital zu schlagen und arbeite hinter den Kulissen auf einen Sturz Meuthens hin, um sich eines Konkurrenten zu entledigen. Unabhängig davon genießt Gedeon offenbar nach wie vor Rückhalt in der 23-köpfigen Landtagsfraktion. Der einflussreiche Abgeordnete Heinrich Fiechtner zum Beispiel erklärte, Gedeons Schriften seien nicht antisemitisch. Meuthen nannte den Fall Gedeon kürzlich eine „Nagelprobe“ für die AfD. Inzwischen sieht es so aus, als ob das auch auf ihn selbst zutrifft.