Am Freitag, den 27. Mai 2016 haben sich ca. 150 Menschen aus Leipzig und Halle am Flughafen versammelt um unter dem Motto „Abschiebungen stoppen! Jetzt!“ eine kritische Flughafenbegehung zu veranstalten.
Gegen 15 Uhr versammelten sich an den Bahnhöfen Halle sowie Leipzig
Menschen zu zwei Auftaktkundgebungen. Dabei wurde vor allem auf die
Praxis des „Racial Profiling“ an Bahnhöfen hingewiesen, einer Methode
der Polizei, Menschen für gezielte Personenkontrollen anhand ihrer
Hautfarbe, ihres Aussehens und anderer äußerlicher Merkmale auszuwählen.
Diese rechtswidrige Methode führt nicht nur zu zahlreichen Kontrollen
von Personen, die nur aufgrund rassifizierter Merkmale ausgewählt
werden. Zusätzlich dazu verstärkt dieses Vorgehen auch rassistische
Klischees und formt das Bild vom „fremden Flüchtling“. Anschließend an die beiden Auftaktkundgebungen gab es eine gemeinsame Anreise zum Flughafen.
Am Flughafen wurde nun die in den letzten Monaten bundesweit
steigende Zahl von Abschiebungen und die Mehrfachnutzung des Flughafens
thematisiert. Dafür ging die Route der Flughafenbegehung zu erst entlang
eines Urlaubers, ausgehend vom Parkplatz zum Check In, entlang der
Shoppingmall und den Cafes zum Terminal. Der zweite Teil der Begehung
führte die Teilnehmenden entlang des gegenteiligen Weges von Menschen,
die abgeschoben werden sollen, d.h. die Route führte von außen, entlang
am Rollfeld zum Tor 1, wo die Busse auf das Flughafengelände fahren um
die Betroffenen zu einem Gebäude der Polizei zu bringen, von dem sie aus
direkt zu den Abschiebeflugzeugen eskortiert werden.
In der Region Mitteldeutschland, ist der Flughafen Leipzig-Halle eines
der zentralen Drehkreuze für Abschiebungen. Vor allem die Bundesländer
Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt führen hierüber ihre
Abschiebungen durch. Aber auch Sammelabschiebungen aus dem gesamten
Bundesgebiet laufen immer wieder über den Flughafen. Insgesamt nimmt die
Zahl der Abschiebungen seit der erneuten Erweiterung sogenannter
„sicherer Herkunftsländer“ wieder verstärkt zu, wobei allem voran
Angehörige der Roma und Sinti unter der neuen Reglung zu leiden haben.
Zusätzlich zu den Ländern des Balkans, die bisher das Hauptziel von
Abschiebungen waren, steigt auch die Zahl der Abschiebungen in die
Länder des Maghreb, wie z.B. Marokko.
Das Ziel der kritischen Flughafenbegehung war es eine verstärkte Öffentlichkeit für das Thema Abschiebungen zu schaffen, und Präsenz am Flughafen zu zeigen: „Wir wollen deutlich machen, dass wir diese Zustände nicht hinnehmen wollen, und es nicht tolerieren, dass Menschen von den Behörden aus unserer Mitte gerissen werden und in die absolute Ungewissheit und oft genug Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit geschickt werden. Zusätzlich dazu wollen wir aufzeigen, dass die erzwungenen Abschiebungen bei vielen Betroffenen auch langfristige Schäden hinterlassen. Viele der Menschen die unter Abschiebungen zu leiden haben, haben bereits während ihrer vorherigen Fluchtbiographie Traumata erlitten. Statt hier am Zielort ihrer Flucht Sicherheit und Zukunftsperspektiven zu finden, erleiden sie oft neue Traumata während ihrer Abschiebungen.“
Neben der zivilen Luftfahrt, die aber nur einen geringen Anteil an der Nutzung des Flughafens ausmacht und den bereits thematisierten Abschiebungen, wird er hauptsächlich für den Frachtverkehr der DHL und für den Truppen- und Materialumschlag der Bundeswehr- und der US-Armee genutzt. Daher muss, wenn über die Rolle des Flughafens im Kontext von Migration und Flucht gesprochen wird, auch auf die Zusammenhänge von Krieg, bewaffneten Interventionen und Fluchtursachen hingewiesen werden, die ihren unmittelbaren Ausgangspunkt auch am mitteldeutschen Flughafen nehmen. Somit stellt der Flughafen Leipzig-Halle ein Ort dar, an dem eine Überlagerung von Politiken und Praxen stattfinden, die sowohl Flucht verursachen und gleichzeitig Flucht als ein grundlegendes Recht aller Menschen negieren und diesem durch massive Abschiebungen repressiv begegnen.
Doch der zivile und demokratische Protest gegen diese menschenverachtende Praxis ist offensichtlich nicht erwünscht, und wird auch nur unter strengen Auflagen toleriert. So war während der gesamten Demonstration am Flughafen sowohl die Landes- als auch die Bundespolizei mit einem massiven Aufgebot vor Ort. Dem friedlichen Protest wurde damit indirekt ein Gewalt- und Gefahrenpotential unterstellt.
Wir ziehen aus der kritischen Begehung das Fazit, dass der Flughafen
Leipzig-Halle vor allem ein Ort sein soll, an dem Abschiebungen
außerhalb des Blicks der Öffentlichkeit durchgeführt werden können und
an dem friedliche Proteste insbesondere mit einem überzogenen
Polizeiaufgebot begegnet wird.
Aber diesen Ausschluss einer kritischen Öffentlichkeit wollen wir nicht
hinnehmen! Wir werden es uns nicht nehmen lassen wieder zu kommen und zu
protestieren, solange er weiterhin ein Ort bleibt, an dem die
menschenverachtende bundesdeutsche Asyl-, Migrations- und Kriegspolitik
ausgeführt wird. Das aktuelle System der Grenzen, der
Einreisekontrollen, der Aufenthaltsregelungen und der Abschiebungen muss
ein Ende finden!
Wir fordern, dass das Recht auf Asyl, auf Schutz vor Verfolgung und das Recht auf ein Leben in Würde endlich universal anerkannt wird!
Für das Recht zu gehen, für eine globale Bewegungsfreiheit für alle und einem Ende der deutschen Abschiebepolitik! Und für das Recht zu bleiben, hier und überall, also die nachhaltige Abschaffung von Fluchtursachen statt globaler Ungleichheit und Kriegstreiberei!
Bilder zur Flughafenbegehung
Beobachtungsbericht
Pressespiegel:
hallespektrum / l-iz / lvz
Quelle: antiranetlsa.blogsport.de