Die Reitschüler zeigen sich erleichtert, dass der Leistungsvertrag angenommen wurde. Stapi Alexander Tschäppät erwartet aber mehr Dialogbereitschaft von den Betreibern.
Der vierte offizielle Leistungsvertrag zwischen der Reitschule und der Stadt Bern ist unter Dach und Fach. Der Stadtrat stimmte ihm am Donnerstagabend mit 43 zu 26 Stimmen deutlich zu. Am Tag nach der langen Debatte zeigt sich Stadtpräsident Alexander Tschäppät erleichtert: «Der Stadtrat hat gestern ein Zeichen gesetzt.»
Er sei froh, dass nun wieder ein Leistungsvertrag bestehe. Dieser werde für mehr Sicherheit im alternativen Kulturzentrum sorgen. Aber: «Man muss realistisch sein. Mit einem Leistungsvertrag können wir nicht die ganze Schützenmatte regeln.» Darum erwarte er nun ein Zeichen von der Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule (Ikur): «Ich bin zuversichtlich, dass die Reitschüler am Sicherheitsproblem arbeiten und stärker in Dialog treten.» Ausserdem hoffe er auf ihre Mithilfe bezüglich der Lärmproblematik auf dem Vorplatz.
Stapi winkt mit dem Zaunpfahl
Sämtliche Rückweisungs- oder Kürzungsanträge hatten im Stadtrat keine Chance. Einzig eine Minderung um 25'000 Franken, die der Stapi während der Debatte vorschlug, wurde angenommen. Das sei der Nebenkostenbeitrag für die letzten fünf Monate, in denen sich die Reitschule in einem vertragslosen Zustand befunden habe, so Tschäppät: «Dabei handelt es sich um eine Massnahme aus dem Sanktionskatalog, der uns nun zur Verfügung steht.» Er wolle jedoch nicht von einer Strafe sprechen, es ist viel eher ein «Wink mit dem Zaunpfahl».
Die Kürzung der Gelder nimmt die Reitschule auf Anfrage zur Kenntnis: «Wenn man der Ikur Gelder kürzt, löst das weder die sogenannten Gewaltprobleme noch dämmt es den Drogenhandel auf der Schützenmatte ein», gibt die Mediengruppe jedoch zu bedenken. Ausserdem fehle laut Leistungsvertrag die rechtliche Grundlage für diese Kürzung.
Jedoch wolle man sich von «sinnlosem Aktionismus» nicht provozieren lassen. Sie seien froh um den neuen Leistungsvertrag, der über zwei Jahre hinweg in zähen Verhandlungen ausgearbeitet worden sei. «Die Reitschule kann sich nun wieder um kulturelle und politische Inhalte kümmern», so die Mediengruppe.
«Signal für Gewalttäter, weiterzumachen»
Rechte Stadträte zeigen sich enttäuscht über die Annahme des Leistungsvertrags. «Damit sendet der Stadtrat linksautonomen Gewalttätern das klare Signal, weitermachen zu dürfen», sagt FDP-Stadtrat Bernhard Eicher und spielt damit auf die regelmässigen Ausschreitungen rund um die Reitschule an.
Das sieht Stadträtin Seraina Patzen von der Jungen Alternative anders: «Wenn schon ist es ein Signal, dass die Leute in der Reitschule einen guten Job machen und einen wertvollen Beitrag an Berns Kultur leisten.»
«Die Kultur, welche die Reitschule anbietet, ist wichtig – ja. Aber auch die Reitschule muss sich an Regeln halten», sagt BDP-Fraktionspräsident Philip Kohli. Dennoch kennt er den neuen Leistungsvertrag an: «Die rot-grüne Mehrheit hat diesbezüglich die Oberhand. Wir haben das akzeptiert.» Er glaubt nicht, dass sich noch Widerstand gegen den Kulturleistungsvertrag formieren wird. «Es sind noch immer und werden wohl auch künftig Vorstösse zur Reitschule hängig sein», gibt Lena Sorgt (SP), Co-Fraktionspräsidentin, zu bedenken.
(cho)