Vor 16 Monaten zogen Hunderte mutmaßliche Linksautonome durch Leipzig, demolierten Autos, zertrümmerten Fensterscheiben. Fast alle von ihnen bleiben straffrei. Warum ist es so schwer, die Täter vor Gericht zu bekommen und wie reagiert die Stadt darauf?
von Astrid Wulf, MDR AKTUELL
Ein Bild der Verwüstung am 15. Januar 2015. Demolierte Autos, beschmierte Hauswände und allein am Amtsgericht 40 zertrümmerte Scheiben. Rund 600 mutmaßlich Linksautonome haben ihre Spuren hinterlassen. Doch kaum einer muss mit einer Strafe rechnen. Denn von 198 Ermittlungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft inzwischen bis auf vier alle eingestellt. Staatsanwältin Jana Friedrich: "Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist stets, dass man eine irgendwie geartete Beteiligung nachweisen kann. (...) Dies konnte nach Durchführung der Ermittlungen, wozu auch Zeugenaussagen und auch die Auswertung von Videoüberwachung zählten, nicht erfolgen."
Leipzig braucht mehr Polizisten
Vermummte Personen in schwarz, die in der Gruppe auftreten und gut vernetzt sind, stellen die Polizei vor ein Problem: Sie soll zum einen Gewalt schnell unterbinden, zum anderen Rädelsführer ausfindig machen und einzelne Taten nachweisen. Der Leipziger Süden ist schon mehrfach Schauplatz von Ausschreitungen linker, aber auch rechter Gruppen geworden. Ein Bewohner von dort meint: "Man sollte die Demos gar nicht erst erlauben. Das ist wie Öl ins Feuer gießen." Der Stadt ist das Gewaltproblem bewusst. Erst Mitte April diskutierten darüber an der Universität Oberbürgermeister und Polizeipräsident. Im Rathaus bereitet man zurzeit eine Studie zum Thema "Gewalt im urbanen Raum" vor. Das hält auch die Linken-Landtagsabgeordnete und Stadträtin Juliane Nagel für den richtigen Weg: "Ich finde es erstmal gut, dass die Stadt jetzt nicht sofort kurzgesprungenen Rufen nach mehr Ordnungspolitik nachgibt. Es ist klar, dass Leipzig mehr Polizisten braucht. Andererseits denke ich auch, man muss feingliedrig gucken, wo kommen diese neuen verstärkten Gewaltambitionen her und wie kann man nach der Analyse auch Maßnahmen vorlegen. Das finde ich schon ein sehr kluges Vorgehen."
CDU fordert unter anderem mehr Kameraüberwachung
Achim Haas reicht das nicht aus. Der CDU-Stadtrat ist Vorsitzender des Ausschusses Umwelt und Ordnung. Das bisherige Vorgehen der Stadt gleiche einem Freibrief für gewaltbereite Links- und Rechtsextreme: "Da muss eine Zusammenarbeit zwischen Polizei, Stadtverwaltung und natürlich auch dem Kriminalpräventiven Rat jetzt langsam mal mit Leben gefüllt werden. Das ist die Forderung der CDU-Fraktion. Wir haben ja einen Antrag im Verfahren, bei dem es auch um ein Aussteigerprogramm geht. Man muss überlegen, ob man solche Objekte wie die Staatsanwaltschaft oder die Stadtverwaltung nicht kameratechnisch besser überwachen lässt, um über diese Bilder die Täter einfach zu identifizieren."
Die Reaktionen machen klar: Das Problembewusstsein ist da und es gibt auch Lösungsansätze. Sie heißen: mehr Prävention, mehr Polizei und mehr identifizierte Einzeltäter und vor allem überführte Anführer. Leipzig muss nun Wege finden, das auch umzusetzen.