Noch vor ein paar Wochen tat Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos) alle Befürchtungen über fehlende Wartehäuschen an Leipzigs Straßenbahn- und Bushaltestellen als böse Stimmungsmache ab. Gestern trat sie reumütig vor den Stadtrat, räumte eine „Notsituation“ ein und bat um Hilfe.
Leipzig.
Weil der Vertrag mit der Firma am 31. Dezember endet und die Vergabe einer neuen Werbekonzession ergebnislos abgebrochen wurde, befinde sich die Stadt in einer „Notsituation“, argumentierte Dubrau in ihrer Beschlussvorlage an den Rat. Dieser erteilte der Verwaltung gestern Abend schließlich das Mandat, mit JCDecaux einen Interimsvertrag über die Betreibung der Wartehäuschen bis zum 30. Juni 2019 abzuschließen. Anschaffung und Unterhaltung der Unterstände finanzieren sich über Werbeeinnahmen. Für die Stadt sprang dabei bislang jedes Jahr rund eine halbe Million Euro heraus. Ernüchterung nach der Ausschreibung der neuen Konzession: Künftig wollte der Betreiber von der Stadt Geld haben, weil diese nicht nur eine komplett neue Haltestellenausstattung, sondern gut 200 Wartehäuschen mehr und dazu jeweils Stromzähler verlangte. Überdies sollte sich die Vertragslaufzeit um zehn Jahre verkürzen.
Weil die Stadt das von JCDecaux für die nächsten 15 Jahre abgegebene Angebot – es war zuletzt das einzige im Rennen – als unnehmbar einstufte, will die Kommune 864 Fahrgastunterstände nunmehr selbst beschaffen und die Leipziger Verkehrsbetriebe mit deren Bewirtschaftung betrauen. Nur, so räumte die Baubürgermeisterin jetzt ein, sei das eben bis zum 1. Januar 2017 doch nicht zu schaffen.
Genau das sagt die CDU-Fraktion schon seit Wochen. Deshalb schlug sie vor, über eine Vertragsverlängerung Zeit zu gewinnen. „Endlich ist der Druck aus dem Verfahren raus“, sagte Vize-Fraktionschefin Sabine Heymann. Die Leipziger müssten nun nicht mehr befürchten, im Regen zu stehen. „Alle unsere Forderungen sind von der Verwaltung übernommen worden“, gab sich auch CDU-Stadtrat Frank Tornau gegenüber der LVZ zufrieden. Er erinnerte daran, dass Dubrau den Kauf der Fahrgastunterstände durch Fördermittel finanzieren wollte, sich aber der Konsequenzen gar nicht bewusst war. „Warum mussten wir erst beim Land anfragen, damit die Bürgermeisterin erfährt, dass das Geld aus dem Fonds der Regionalisierungsmittel kommt, die dann für die bei uns dringend notwendige Anschaffung neuer Straßenbahnen fehlen würden“, fragte Tornau.
„Wenn wir nicht nachgehakt hätten, hätte das im Chaos geendet“, meinte sein Fraktionskollege Michael Weickert. Dass das Vergabeverfahren scheiterte, kam für ihn nicht überraschend. Weickert: „Dubrau will die Hoheit darüber, wofür in Leipzig geworben werden darf. Sie will Erziehungspolitik betreiben, ganz nach dem Motto: Wir sagen euch, was gute Werbung ist! Dubrau ist schon mit den Kernaufgaben überfordert, sie sollte lieber Schulen und Kindertagesstätten bauen und sanieren statt sich zusätzliche freiwillige Leistungen auf den Tisch zu ziehen.“
Nun hat sie genug Zeit, einen neuen Verfahrensvorschlag zu unterbreiten und einen Plan mit der Firma JCDecaux über den schrittweisen Abbau der Wartehäuschen zu verhandeln. Die Beschlussvorlage zur Neuausschreibung der Werbekonzession soll bis Mitte 2017 im Rat vorliegen.
Von Klaus Staeubert