"Astrid Schütt" - Linke Szene enttarnt erneut verdeckte Ermittlerin

Erstveröffentlicht: 
18.05.2016

Die LKA-Beamtin soll jahrelang Hamburgs linke Szene ausspioniert und in der Roten Flora, Harburg und Bergedorf aktiv gewesen sein.

 

Hamburg.  Es ist der dritte Fall in nur zwei Jahren: Linke Aktivisten haben im Internet Informationen über eine weitere verdeckte Ermittlerin der Hamburger Polizei veröffentlicht und diese nach eigenen Angaben damit enttarnt. Die Beamtin soll laut eines Blog-Eintrags von Ende 2006 bis April 2013 unter dem Tarnnamen "Astrid Schütt" in der linken Szene aufgetreten sein. Nach der Enttarnung der Ermittlerinnen "Iris Schneider" und "Maria Block" nahmen die Linksaktivisten auch die Identität von "Astrid Schütt" unter die Lupe.

Die Beamtin soll im Jahr 2006 zunächst in einem Antifa Café in Bergedorf aufgetaucht sein, um Kontakte in die linke Szene zu knüpfen. Später ließ sie sich demzufolge Dreadlocks machen und tätowierte sich sogar rückenfüllend die Fahne der Autonomiebewegung Sardiniens. Im Laufe der Jahre soll "Astrid Schütt" auch in linken Stätten in Altona und Harburg in Erscheinung getreten sein, sowie regelmäßig am Plenum der Roten Flora teilgenommen haben. Sie habe zudem Kontakt zur Ultra-Szene des FC St. Pauli gesucht und die politische Gruppe "Nella Faccia" gegründet.

"Schütt" als Nachfolgerin von "Schneider"?

Die Autoren des Blog-Eintrags sehen die LKA-Beamtin "Astrid Schütt" als Nachfolgerin der verdeckten Ermittlerin"Iris Schneider". "Dafür sprechen sowohl der Zeitpunkt, als auch die lange Verweildauer und der Einsatzort der jeweiligen beiden Beamtinnen", schreiben sie. Beide Polizistinnen seien fester Bestandteil des Projektalltags gewesen und hätten sich ihre "Glaubwürdigkeit langfristig über Jahre erarbeitet".

Erschrocken zeigen sich die Aktivisten darüber, dass zwei verdeckte Ermittlerinnen gleichzeitig im selben Plenum gesessen haben sollen. "Astrid Schütt" habe zur selben Zeit wie "Maria Block" verdeckt ermittelt. "Wie bereits die Vergangenheit gezeigt hat, sind immer mehrere VE in unseren Strukturen unterwegs", schreiben sie. Doch nicht nur die zeitliche Überschneidung, auch die Arbeit an denselben politischen Feldern überrascht die Linksaktivisten.

Für Proteste gegen den Klimagipfel in Kopenhagen im Jahr 2009 sollen beide in demselben Wohnprojekt untergebracht worden sein. "Dies ermöglichte den Behörden, eine Ermittlerin notfalls abzuziehen, ohne einen Informationsverlust befürchten zu müssen", mutmaßen die Aktivisten.

Ermittlerin soll Aktivisten geküsst haben

Im Fall der verdeckten Ermittlerin "Iris Schneider" wurden im August 2015 Ermittlungen und Disziplinarverfahren eingeleitet. Sie soll sich über ein sexuelles Verhältnis mit einem Linksaktivisten Zugang zum Privatleben mehrerer Menschen verschafft haben. Auch "Astrid Schütt" soll in mindestens einem Fall durch Küssen mit einem "Genossen" Verbundenheit zu relevanten Personen der linken Szene angedeutet haben. Erstaunt zeigen sich die Autoren auch darüber, wie viele Details aus dem echten Leben der Polizistin in ihre Tarnidentität eingebaut wurden. Die Polizei habe hier mit neuen Strategien gearbeitet.

Die Hamburger Polizei hat Kenntnis von der Veröffentlichung, wollte sich am Mittwochvormittag aber noch nicht äußern. Am Nachmittag soll eine Stellungnahme folgen.  (mkah)