Achter Tag im Prozess um Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkunft

Erstveröffentlicht: 
17.05.2016

Eigentlich sollte im Prozess um den Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Crimmitschau am Dienstag nach Pfingsten das Urteil fallen. Ob es dazu kommt, ist unklar. Der Trunkenheitsgrad der Angeklagten dürfte bei der Urteilsfindung eine bedeutende Rolle spielen. Nur der ist offenbar schwer zu ermitteln.

 

Gleich zum Prozessauftakt hatte einer der drei Angeklagten die Tat eingeräumt. Vor dem Landgericht Zwickau sagte der 32-Jährige Anfang April, man habe an dem Abend zusammen getrunken. Dabei habe der Älteste der Angeklagten angekündigt, "das Ding wird heute Abend brennen." Die drei hielten sich demnach zu diesem Zeitpunkt in der Wohnung des Geständigen direkt gegenüber der Asylunterkunft in Crimmitschau auf.

 

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätten die Männer aufgrund ihrer ausländerfeindlichen Gesinnung "ein Exempel statuieren wollen". Der Staatsanwalt warf den drei Angeklagten beim Prozessauftakt vor, "aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln" gehandelt zu haben. Weil die Bewohner der gegenüberliegenden Unterkunft arg- und wehrlos waren und nicht mit einem Brandanschlag rechnen konnten, lautet die Anklage auf versuchten Mord. 

 

Teilgeständnis zum Prozessauftakt


Der Pflichtverteidiger des 32-Jährigen, Rechtsanwalt Sven Simon, sagte am ersten Verhandlungstag MDR SACHSEN: "Mein Mandant hat mittlerweile mitbekommen, dass es für ihn das Beste ist, reinen Tisch zu machen. Und weil die Spurenlage relativ eindeutig ist und die Tat wohl durchaus nachgewiesen werden wird, kann man davon ausgehen, dass ein Geständnis strafmildernd berücksichtigt wird. Und das ist natürlich nur sinnvoll, wenn man das Geständnis relativ zeitig am Anfang der Verhandlung bringt und nicht erst nachdem einem die Tat nachgewiesen wurde. " Die von Wahlverteidigern vertretenen Angeklagten hatten zum Prozessauftakt zu den Vorwürfen geschwiegen. 

 

Fehlender Alkoholtest


Knackpunkt für die Höhe des Urteils wird der Alkoholpegel der Beschuldigten in der Tatnacht sein. Dabei gibt es unterschiedliche Aussagen darüber, ob der damals gemessen wurde. Einem Prozessbeobachter der "Freien Presse" zufolge hatte am vierten Verhandlungstag ein Polizeibeamter ausgesagt, dass in der Nacht Atemalkoholtests durchgeführt worden seien. Einen Verhandlungstag später stellte sich heraus, dass offenbar doch keine Tests durchgeführt wurden, obwohl diese in solchen Situationen zu den Standards gehören.

Dabei müssen die Angeklagten recht auffällig gewesen sein. Aus dem damaligen Polizeibericht ging hervor, dass einer der Angeklagten mit Pfefferspray gebändigt werden musste, weil er Polizisten angriff. Weiter hieß es: "Die Polizei stellte die Identitäten der zum Teil stark alkoholisierten Tatverdächtigen fest, einige von ihnen wurden festgenommen."

 

Sollte das Gericht zu dem Schluss kommen, dass die Angeklagten im Vollrausch gehandelt haben, würde der Strafrahmen anders aussehen. Wenn nicht, gibt es für Mord lebenslange Haft, bei versuchtem Mord kann die Strafe gemildert werden.

 

Selbst gebaute Molotowcocktails


Die Angeklagten sollen sich am Abend das Benzin besorgt und aus drei leeren Bierflaschen die Brandsätze gebaut haben. Der Anklageschrift zufolge zerschlugen die Molotowcocktails die Schaufensterscheibe im Erdgeschoss jedoch nicht, so dass die Flammen nicht ins Haus eindringen konnten. Vor dem Haus schoss das Feuer allerdings bis hoch zum Erker in der ersten Etage, wo eine Familie mit zwei kleinen Kindern wohnte. Verletzt wurde niemand, weil die Brandsätze von selbst erloschen.

Der Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Crimmitschau hatte für Aufsehen gesorgt. Wurden damals Anschläge in Sachsen zumeist auf noch unbewohnte Häuser verübt, hatten die mutmaßlichen Täter am 12. November 2015 den Tod von 39 Menschen in Kauf genommen.