Die tödliche Gewalt der RAF lehne er inzwischen ab, sagt Karl-Heinz Dellwo. Er bereue seine Gewalttaten. Einen ideologischen Schlussstrich will er aber auch nicht unter das Kapitel der „Rote Armee Fraktion“ ziehen. In der Sendung Im Dialog mit Michael Krons äußert sich Dellwo zum ersten Mal seit über zehn Jahren über seine Zeit als Terrorist und Gewalt als Irrweg. Das Gespräch ist Teil des Themenschwerpunktes „Rätsel RAF-Terror“. „Das Gespräch kam erst nach intensiven Bemühungen zustande“, sagt Moderator Michael Krons zu den Vorbereitungen des Exklusivinterviews. „Dellwo wollte eigentlich nicht mehr im Fernsehen auftreten, sah aber in unserem Dialog-Format eine Möglichkeit, die ideologischen Hintergründe der Entstehung der RAF zu kommentieren.“
Karl-Heinz Dellwo ist 22 Jahre, als er sich der Roten Armee Fraktion anschließt. Er habe sich damals überhaupt nicht vorstellen können, sich in die Gesellschaft zu integrieren, erklärt Dellwo rückblickend, er habe unbedingt außerhalb des „Systems“ bleiben wollen. Nach Tätigkeiten als Seemann und Briefträger wird er wegen Hausbesetzung in Hamburg ein Jahr inhaftiert. 1975 beteiligte sich Dellwo an der Botschaftsbesetzung in Stockholm, mit der die RAF ihre inhaftierten Mitglieder freipressen will. Die Aktion scheitert, die Botschaftsangehörigen Andreas von Mirbach und Heinz Hillegaart werden von der RAF ermordet. Die genauen Umstände der Tat sind bis heute nicht aufgeklärt.
Dellwo, wegen gemeinschaftlichen Mordes und Geiselnahme zu zweimal lebenslänglich verurteilt, verbüßte eine zwanzigjährige Gefängnisstrafe. Von der damaligen Gewalt distanziert sich Karl-Heinz Dellwo später öffentlich, als links bezeichnet er sich nach wie vor. Dellwo arbeitet heute als Autor, Filmemacher und Verleger. 2010 gründet er den Laika-Verlag und ist Herausgeber der „Bibliothek des Widerstands“.