Grundstücke in der Messestadt sind begehrter und teuerer denn je. Im vergangenen Jahr erreichte der Umsatz am Immobilienmarkt 2,82 Milliarden Euro – das war ein Plus von 57 Prozent gegenüber 2014 (1,79 Milliarden Euro). Erstmals wurden damit die bisherigen Rekordwerte aus der Boomtown-Zeit 1993/1994 überboten, teilte der Leipziger Gutachterausschuss mit.
Leipzig. Im vergangenen Jahr hat der Leipziger Immobilienmarkt einen nie dagewesenen Sprung nach oben erlebt. Für insgesamt 2,82 Milliarden Euro wechselten Grundstücke den Besitzer – das entsprach einem Plus von 57 Prozent gegenüber 2014 (1,79 Milliarden Euro).
Erstmals wurden damit die Rekordwerte aus der Boomtown-Zeit 1993/1994 überboten, teilte der Gutachterausschuss für Grundstückswerte der Stadt Leipzig mit. Wie Gernot Weiß von diesem unabhängigen Gremium mitteilte, sind die Preise in der Messestadt so stark gestiegen, dass die Bodenrichtwertkarte nun bereits nach einem Jahr aktualisiert werden musste. „Das gab es noch nie. Bisher erfolgte die Anpassung alle zwei Jahre.“
Leipzig habe binnen weniger Monate eine Entwicklung vollzogen, für die andere Städte zehn Jahre oder länger bräuchten, sagte Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos). Das zeige sich auch an der Zahl der Kaufverträge. Sie stieg um 14 Prozent auf rund 7600. Vergleichbare Halb-Millionen-Städte wie Nürnberg (5600) oder Dresden (5000) würden weit unter diesem Wert liegen.
Dubrau beschrieb eine „extreme Situation“, die Ausdruck des rasanten Einwohnerwachstums und des wirtschaftlichen Aufschwungs in Leipzig sei. Dass damit deutliche Preissteigerungen einhergehen, sei zum Beispiel bei den noch freien Baugrundstücken ablesbar. Dort kletterte die Zahl der Vertragsabschlüsse um neun Prozent auf 844, der Geldumsatz indes um 77 Prozent auf 148 Millionen Euro. Bei den Eigentumswohnungen ging es ebenfalls bergauf: im frisch sanierten Altbau um zwölf Prozent auf durchschnittlich 3088 Euro pro Quadratmeter (ohne Stellplatz) sowie im Neubau um sieben Prozent auf 3184 Euro.
Die Bauflächen für ein Eigenheim oder Stadthaus haben sich binnen zwölf Monaten um acht Prozent verteuert. Ein mittleres Grundstück von 620 Quadratmetern kostet in diesem Segment nun 85 000 Euro, wobei die Spanne bei etwa 100 Euro pro Quadratmeter in Meusdorf oder der Knauthainer Thomas-Müntzer-Siedlung beginnt und bis zu 450 Euro im Schleußiger Villenviertel oder 500 Euro in der teuersten Lage – an der Primavesistraße in Gohlis – reicht. Verglichen mit Metropolen wie Berlin oder München biete Leipzig „noch immer Schnäppchenpreise“, erläuterte Dubrau. In Dresden würden Eigenheim-Bauflächen 150 bis 870 Euro pro Quadratmeter, in Nürnberg 310 bis 1450 Euro kosten, pflichtete Weiß bei.
Auffallend sei, dass Investoren immer höhere Summen für bestehende Mehrfamilienhäuser berappen, so Dubrau. Der Umsatz für „bebauten Grundstücke“ legte um 72 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro zu, so dass dieses Segment erstmals alle anderen überrundete. Dennoch hatte die jüngste kommunale Bürgerumfrage ergeben, dass 2015 die durchschnittliche Wohnungskaltmiete in Leipzig mit 5,29 Euro pro Quadratmeter unverändert blieb (allerdings stiegen die Betriebskosten wie Heizung oder Wasser). Offenbar wollten viele Investoren auf dem hiesigen Immobilienmarkt auch einfach nur Geld anlegen, zumal die Einstiegspreise nach wie vor günstig seien, meinte die Bürgermeisterin dazu. „Höhere Preise bei den noch unbebauten Flächen werden sich aber in jedem Fall in den Mieten niederschlagen, sobald dort Häuser stehen.“
Leipzigs Immobilienmarkt erklimmt neue Rekorde – auch bei den Preisen. Doch letzten Endes überwiegen die positiven Effekte für die Einwohner, glaubt Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos). „Nichts dämpft die Mieten nachhaltig so gut wie ein möglichst großes Wohnungsangebot“, sagte sie zur Vorstellung des Grundstücksmarktberichtes für 2015.
Bei etwa zwei Dritteln der verbliebenen Häuserruinen in der Messestadt gebe es jetzt endlich Sanierungsabsichten. Ob an der Georg-Schumann- oder sicher bald auch an der Wurzner Straße: Überall würden zudem Baulücken geschlossen. „Die Stadtverwaltung unterstützt das nach Kräften, um das Angebot zu vergrößern.“ Dennoch seien Neubauten erst ab Kaltmieten von acht bis neun Euro pro Quadratmeter wirtschaftlich, was auch zu einem allgemeinen Mietenanstieg führe. Dieser könne mit Instrumenten des sozialen Wohnungsbaus, für die sich ihr Dezernat einsetze, nur etwas gemildert werden.
Immerhin steige der Anteil der Leipziger, die sich durch Wohneigentum gegen künftiges Mietenwachstum absichern, erläuterte Gernot Weiß vom Gutachterauschuss. Dies gelte zwar nicht für die frisch sanierten Eigentumswohnungen, welche 2015 noch immer zu 98 Prozent an auswärtige Geldanleger verkauft wurden (die sie dann in aller Regel vermieten). Aber bei den Eigentumswohnungen in Neubauten traten Einheimische nun bereits in 42 Prozent der Fälle als Erwerber auf. Und zwar, obwohl die Durchschnittspreise mit jeweils über 3000 Euro pro Quadratmeter fast gleichauf liegen. Vor zehn Jahren kosteten sie in Leipzig übrigens jeweils noch unter 2000 Euro.
Die Preisexplosion im sogenannten Erstverkauf spiegele sich bei den späteren Weiterverkäufen von Eigentumswohnungen aber nicht annähernd in dieser Höhe wieder, erläuterte der Fachmann. So habe der Mittelwert bei gebrauchten Objekten, die nach der Wende in der Messestadt errichtet wurden, im vergangenen Jahr lediglich 1341 Euro pro Quadratmeter betragen: ein winziger Anstieg. 2007 und 2008 lagen die Preise in diesem Segment schon mal deutlich höher, so Weiß. Ähnlich sei die Situation bei Einfamilienhäusern – auch dort verlief der Preisanstieg für „junge Gebrauchte“ in der Vergangenheit nicht so rasant wie für neue Eigenheime oder Stadthäuser. Wer sich den Traum von eigenen vier Wänden erfüllen will, finde dort günstige Angebote.
Von Jens Rometsch