Der Stadtrat hat den Weg für zwei neue große Flüchtlingsunterkünfte in Leipzig frei gemacht. Die Einrichtungen sollen bis zu 500 Personen Platz bieten und Übergangslösungen wie Zeltstädte und das Interim am Brühl obsolet machen. Insgesamt investiert die Kommune rund 15,5 Millionen Euro.
Leipzig. So soll am Prager Dreieckauf dem Gelände gegenüber dem Technischen Rathaus in diesem Jahr eine Anlage mit 346 Plätzen für Flüchtlinge entstehen. In der Diezmannstraße in Leipzig-Kleinzschocher wird eine Gemeinschaftsunterkunft für 500 Menschen gebaut. Insgesamt investiert die Kommune rund 15,5 Millionen Euro.
In den Bau der Anlage "Prager Dreieck" fließen 6,72 Millionen Euro. Die Kapazität könne bis auf 450 Plätze hochgeschraubt werden, so Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau (parteilos). Vorgesehen sind Zwei-Zimmer-Wohnungen, die über je eine Küche mit Aufenthaltsbereich und eine Sanitärzelle verfügen. Der Standard von 7,5 Quadratmeter Platz pro Bewohner wird eingehalten. Die Anlage wird unmöbliert übergeben, eignet sich aber für die langfristige Nutzung.
In Leipzig-Kleinzschocher soll an der Diezmannstraße 12 eine Flüchtlingsunterkunft für bis zu 500 Menschen entstehen. Der Stadtrat genehmigte 8,27 Millionen Euro für den Bau. Bis zu 550.000 Euro plant die Kommune außerdem für den Kauf des 8760 Quadratmeter großen Areals ein. Die Nutzung ist langfristig geplant, von mindestens fünf Jahren ist die Rede.
Die Anlage in Kleinzschocher soll aus zehn Häusern, meist dreistöckigen Gebäuden, bestehen. Die Asylbewerber werden zu zehnt pro Wohneinheit in Zweibettzimmern beherbergt. Jeder Bewohner soll auch hier im Durchschnitt 7,5 Quadratmeter Platz haben. Die Anlage werde möbliert und "löffelfertig", also voll ausgestattet, übergeben. Auch an diesem Standort soll Nachhaltigkeit eine Rolle spielen: Die in Stahlbauweise geplanten Häuser seien auch für eine Nachnutzung etwas als Büro- oder Gewerbepark geeignet.
Leipzig soll 2016 knapp 6900 Flüchtlinge aufnehmen
6895 Flüchtlingen sollen laut Freistaat im Jahr 2016 der Stadt Leipzig zugewiesen werden, schilderte Dubrau. Bis Mitte April muss das Objekt am Brühl mit 500 Plätzen leergezogen werden. Weitere 1400 Plätze gehen in den kommenden zwölf Monaten an Interimsstandorten "vom Netz" so Dubrau. Dringend brauche die Kommune neue Unterkünfte für Asylbewerber.
"Wir befinden uns nach wie vor in einer Notsituation", so die Baudezernentin, auch wenn derzeit weniger Menschen nach Deutschland kämen. Der Gesetzgeber habe besondere Regelungen für die Erfüllung von Pflichtaufgaben nach Weisung erlassen. Das sehe die Anfrage von Angeboten ohne Ausschreibung vor. "Wir handeln nach Recht und Gesetz", betonte Dubrau. Die Stadt habe aus 20 Angeboten die günstigsten im Hinblick auf Preis, soziale Verträglichkeit der Entwürfe und Nachhaltigkeit ausgewählt.
"Aus diesem Grunde sollten wir nicht am falschen Ende sparen", so Christopher Zenker von der SPD-Fraktion. Neben den hohen Kosten von mehr als 15 Millionen Euro gehe es bei beiden Standorten unter Umständen auch um einen Beschluss für Sozialwohnungen, Studentenwohnungen, Handwerkerunterkünfte, Ausbildungswohnheime oder Obdachlosenunterkünfte. Dubrau stellte später klar, dass am Standort Diezmannstraße eher eine gewerbliche Nachnutzung angezeigt sei.
Katharina Krefft, Co-Fraktionschefin der Grünen, betonte, die Stadträte hätten sich nicht drängen lassen und auf ausführliche Antworten in den Ausschüssen gepocht. Die neuen Projekte seien jetzt akzeptabel, Lösungen wie die Messehalle oder Zelte dagegen keine Dauerlösung. "Hier geht es darum, dass Menschen menschenwürdig untergebracht werden", sagte sie.
Die Union zweifelte nach wie vor die Eilbedürftigkeit der Objekte an, zumal nach dem internationalen Flüchtlingsgipfel nicht klar sei, wie viele Menschen tatsächlich noch nach Leipzig kommen. Das Objekt Diezmannstraße sei zu teuer, so Michael Weickert von der CDU-Fraktion. Unter der Vorgabe der Eilbedürftigkeit habe die Stadt eine Ausschreibung umgangen. Fraktionskollege Karsten Albrecht stellte in den Raum, dass ein Angebot vorliege, mit dem bei beiden Projekten zusammen 4,4 Millionen eingespart werden könnten. Eine Ausschreibung sei dafür aber nötig.
Linke fordert mehr Transparenz von der Stadt ein
Siegfried Schlegel von der Linksfraktion entgegnete, dass der Preis nicht das einzige Kriterium sei. Es gehe auch um die Umsetzung von Bau-Anforderungen und pünktliche Umsetzung. Fraktionskollege Adam Bednarsky forderte allerdings mehr Transparenz von der Verwaltung, wenn Firmen kurzfristig mit dem Bau von Flüchtlingsunterkünften beauftragt werden. Nicht tragbar befand die Linke den ursprünglich aufgerufenen Preis von 700.000 Euro für das Areal Diezmannstraße. Sie forderten eine Deckelung auf 450.000 Euro, erklärten sich aber im Verlauf der Debatte mit einer Summe von höchstens 550.000 Euro einverstanden.
Die AfD-Fraktion beurteilte beide Projekte wegen zu hoher Kosten und unvorhersehbarer Flüchtlingszahlen als inakzeptabel. Außerdem seien die Unterkünfte zu groß und widersprächen dem Grundsatz der dezentralen Unterbringung.
Keine Turnhallen belegen, die Unterkünfte an der Messehalle freiziehen und Zelte abbauen - das seien jetzt die wichtigsten Ziele, so Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Die Zielsetzung einer dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen bleibe langfristig bestehen. "In den nächsten Jahren werden wir das aber nicht schaffen."
Bei der Abstimmung zur Anlage Prager Dreieck stimmten 39 Stadträte zu, 19 lehnten das Projekt ab und drei enthielten sich der Stimme. Zum Projekt Diezmannstraße gab es 32 Ja-Stimmen, 24 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen.