[Kolumbien] Land für den Frieden (Terrepaz)

Terrepaz

Eine der großen Herausforderungen in naher Zukunft ist der Strukturwandel in dem vom bewaffneten und sozialen Konflikt am stärksten betroffenen Gebieten im ländlichen Raum. Hier fehlten die Investitionen des Staates und es entwickelte sich ein Netz von Armut und Korruption heraus.

 

Die aufständische Bewegung FARC-EP schlug dazu die Schaffung von speziellen Gebieten für den Frieden vor, die mehrere Faktoren beinhalten. Zum einen sollen diese Gebiete in den Regionen liegen, in der die aufständische Bewegung über Jahre mit der Bevölkerung verwachsen ist. Diese Gebiete, Terrepaz genannt, sollen exemplarisch für die in den Friedensverhandlungen bearbeiteten Punkte einer Agrarreform, Umgang mit illegalen Drogenpflanzungen oder Reintegration von ehemaligen Guerilleros in das zivilgesellschaftliche Leben stehen. In diesen Gebieten sollen die verschiedenen politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Fragen im Kleinen getestet und als Vorbild für andere Regionen dienen. Gemäß der Reform für eine ländliche integrale Entwicklung sollen die Terrepaz mit der höchsten Priorität versehen werden.

 

Die aufständische Bewegung erhofft sich mit einem zukünftigen Friedensabschluss finanzielle Mittel für notwendige Investitionen akquirieren zu können. Somit könnte nicht nur die landwirtschaftliche Entwicklung gefördert werden, sondern auch die Infrastruktur ausgebaut sowie in Bildung, Gesundheit und Umweltschutz investiert werden. Bisher haben in den vom Staat verlassen Gebieten die FARC-EP und lokale Organisationen versucht, das soziale Leben zu organisieren. Oftmals in Eigenhand entstanden Verkehrswege und Schulen, stellten die FARC-EP Kredite den Bauern zur Verfügung, führten die Gerichtsbarkeit durch und boten durch Gesundheitsbrigaden eine medizinische Betreuung an. Mit einem Friedensabkommen soll der Staat und die internationale Gemeinschaft nun mehr in die Verantwortung genommen werden.

 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Friedensgerichtsbarkeit, die in jenen Gebieten umgesetzt werden soll. Die im Rahmen des Abkommen über ein „umfassende System der Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Nicht-Wiederholung“ vereinbarten Punkt können hier zur Geltung kommen. Es sind schließlich jene Gebiete, in der Guerilleros, Militärs und lokale Bevölkerung zusammenleben. Im Fokus stehen das Leid der Opfer und deren Wiedergutmachung. Sie sollen von der integralen Landreform profitieren. Aber auch die Guerilleros erhalten hier die Möglichkeit, sich über spezielle Förderungen in das zivilgesellschaftliche Leben zu integrieren.

 

Eine Frage wird die Aufarbeitung von Verbrechen im Kontext des bewaffneten Konfliktes sein. Bisher ist davon auszugehen, dass Verurteilte und aktuelle Guerilleros unter eine Amnestie fallen, sobald es um ihr natürliches Recht auf Widerstand geht. Dies bedeutet, dass die Verurteilung zur Rebellion und des Terrorismus aufgehoben werden. Bei Handlungen wie Entführung oder Mord wird abzuwarten sein, inwieweit eine Zusammenarbeit bezüglich einer Aufklärung stattfinden wird. Hier gibt es derzeit Ideen für eine symbolische Strafe. Im Übrigen fallen unter die Gerichtsbarkeit nicht nur Guerilleros, sondern auch Angehörige der staatlichen Sicherheitskräfte und staatliche Repräsentanten. Diese sind ebenfalls ein Teil des bewaffneten Konfliktes und genauso verantwortlich für Verbrechen gegen die Zivilgesellschaft.

 

Die Terrepaz sind also besondere Gebiete der ländlichen und nationalen Entwicklung. Mit ihnen kann ein alternatives Modell im ökonomischen, ökologischen und politischen Bereich entstehen, in der zumindest auf regionaler Ebene die Ursachen des Konfliktes wie eine ungerechte Landverteilung, fehlende politische und wirtschaftliche Partizipation oder Machtmissbrauch der Eliten beseitigt werden. Die Terrepaz sind die territoriale Dimension des Friedensabkommens. In ihnen entwickelt und setzt man zukünftig spezielle Programme und Projekte um. Derzeit gibt es Überlegungen, zu einer besseren Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Steuervorteile zu vereinbaren und durch eine bestimmte Fiskal- und Wirtschaftspolitik größere Investitionen anzuregen wird. Dies soll mit einer permanenten Mitbestimmung der lokalen Bevölkerung passieren.

 

In den Friedensgebieten wird sich die FARC-EP sich von einer politisch-militärischen Bewegung hin zu einer zivilen Bewegung transformieren. Bei der Beendigung des Friedensprozesses wird sich zeigen, inwieweit die Friedensgebiete Terrepaz als kleine exemplarische Beispiele nicht nur bei der Demobilisierung erforderlich sind, sondern auch den Friedensprozess umsetzen.

 

https://kolumbieninfo.noblogs.org/