Der Innensenator lässt die Polizei in der Rigaer Präsenz zeigen. Von einer Strategie zeugt das aber noch nicht, meint Ulrich Kraetzer. Eine Strategie ist ein Plan, mit dem man ein Ziel erreichen will, und in dem man Faktoren berücksichtigt, die das Gelingen des Plans beeinflussen könnten. Eine gute Sache. Politiker betonen deswegen gern, eine klare Strategie zu haben. Wenn's so wäre, wär's schön.
Womit wir bei den Ausschreitungen linksradikaler Randalierer in der Rigaer Straße sind. Und bei Innensenator Frank Henkel (CDU). Sein Ziel müsste es sein, für Ruhe und Ordnung in dem Kiez zu sorgen. Dafür bräuchte er eine Strategie. Die hat er aber nicht – das wird mit jedem angezündeten Auto, mit jedem Übergriff auf Polizisten in dem eigentlich lebenswerten Kiez deutlich.
Rigaer Straße: Willkommen im Gefahrengebiet
Zunächst ließ er die Autonomen jahrelang mehr oder weniger gewähren. Sie fühlten sich in ihrer Wahrnehmung, in einem Raum "frei von staatlicher Repression" zu leben – in einem rechtsfreien Raum also – offenbar bestätigt. Sie wurden mutiger – und attackierten Polizisten. Die Polizei reagierte mit Präsenz – aber ohne Strategie. Das zeigte sich am 13. Januar. Autonome griffen einen Kontaktbereichsbeamten an, der dabei verletzt wurde.
Die Polizei stürmte daraufhin mit mehr als 500 Beamten die Rigaer Straße 94. Nicht um die Täter zu fassen, sondern um gefährliche Gegenstände zu sichern. Ein legitimes Ziel. Doch der Preis war hoch. Angesichts des überdimensionierten Einsatzes und einer zweifelhaften Rechtsgrundlage solidarisierte sich der halbe Kiez mit den Militanten. Es folgten eine Großdemo, Gewaltaufrufe und nach weiteren Einsätzen mit zweifelhaftem Sinn, erneute Brandstiftungen.
Nein, nicht der Innensenator greift Beamte an, sondern die Linksmilitanten. Und, ja, natürlich muss versucht werden, die Straftäter zu fassen. Doch Repression reicht nicht, zumal wenn sie erfolglos ist. Die Anwohner der Rigaer Straße, die – wie der CDU-Abgeordnete Kurt Wansner zuspitzend formulierte – ihre Kinder nicht mehr auf die Straße lassen, brauchen keine Wahlkampfreden. Sie brauchen Lösungen. Beispielsweise einen Plan, wie man die Anwohner – auch die linksalternativen – im politischen Kampf gegen die Militanten mit ins Boot holen könnte. Das wäre eine Strategie. Für eine solche ist es höchste Zeit.